Der Song des Monats im Februar trifft die meisten von uns auf einer sehr persönlichen Ebene. Mit „Lost“ haben Linkin Park einen alten, unveröffentlichten Song mit der Welt geteilt, der einerseits zurückversetzt in die frühen 2000er Jahre, in der die Welt noch eine andere zu sein schien, und der andererseits erinnert, an das massive Talent des verstorbenen Chester Bennington. Auch, wenn die Redaktion wie immer unterschiedliche Meinungen hat, eine Verbindung zu Linkin Park haben alle. Aber lest selbst.
Der Song im Februar: „Lost“ von Linkin Park, ausgewählt von Michael:
Das denkt die Redaktion:
Jörg-Martin Schulze: Achtung – Triggerwarnung – „Lost“ ist ein dunkler depressiver suizidaler Song. Linkin Parks Reminiszenz an Sänger Chester Bennington, der sich 2017 umgebracht hat. Der Song ist eigentlich eine 20 Jahre alte bisher unveröffentlichte Aufnahme zu Linkin Parks zweitem Album „Meteora“. Er erinnert mich sehr an die ersten grossen Hits der Band „Numb“ vom zweiten Album und „In The End“ vom Debüt „Hybrid Theory“. Düster wie so viele Songs von Linkin Park, in denen Bennington seine Depression verarbeitet hat. Das Dunkle Gift der Depression ist mir leider schon zu oft begegnet, ich hab in meinem weiteren Umfeld zuviele Suizide erleben müssen. Ganz schön schreckliches Wiedersehen, nach drei Jahren Corona vor der weissen Urne zwischen zwei brennenden Kerzen zu stehen statt vor Deinem frechen Lächeln. Rest in Peace – Deine Seele hat jetzt Frieden. Hilfe und Informationen zu Depressionen findest Du in unserem Kasten unterm Text.
Michael: Es ist als Anfang Februar, als ich erfahre, dass Linkin Park einen neuen Song präsentieren? Nanu, neue Musik? Soll wirklich ein Ersatz für den von uns gegangenen Chester Bennigton gefunden sein und dies still und heimlich? Oh weh – No way! Und so ist es dann doch nicht, denn „Lost“ ist kein prinzipiell „neuer“ Track, sondern ein bisher unveröffentlichter, der aus der Songwritingphase des Zweitwerks „Meteora“ stammt. Genau dies hört man „Lost“ auch an, was absolut positiv gemeint ist, denn „Meteora“ ist mein liebstes Linkin Park-Album und mit diesem Track fühle ich mich dem Zeitgeist meiner damaligen Jugend zurückversetzt. Elektronische Beat-Finessen treffen auf tiefgründige balladeske Songstruktur, passend platzieren Gitarren und kraftvoller Hookline. Genau so, wie sie eben auf dem Höhepunkt ihres kreativen Schaffens komponiert haben. Wie vermisse ich diese Zeiten, wie vermisse ich diese Band. So bleibt mit „Lost“ ein etwas anderer „Zeitreise-Flair“, der wie das Murmeltier täglich grüßt.
Thea: Ich bin ganz ehrlich, Linkin Park haben mich nie so ganz gekriegt auch wenn ich sie musikalisch immer sehr respektiert habe. Chesters Tod, so kurz nach Chris Cornell, habe aber auch ich als äußerst dramatisch für die Musikwelt empfunden. „Lost“ ist ein schöner Throwback in die „Meteora“ -Zeit, der sich zum Glück nicht anfühlt wie ein Cashgrab, sondern eine ehrliche, herzliche Hommage, bei der Linkin Park Fans sicher warm um’s Herz wird. Musikalisch trifft es mich persönlich aber wieder nicht.
Kristin: 2023 – das Jubiläumsjahr von Linkin Park? Vor 20 Jahren erschien ihr Nummer Eins Album “Meteora”, das Hits wie “Breaking The Habit” und “Numb” hervorbrachte. Vor 5 Jahren begann aber auch der unter Depressionen leidende Linkin’ Park Sänger Chester Bennington Selbstmord. Neue Lieder mit oder von bereits verstorbenen Künstlern sind für mich immer eine Gradwanderung zwischen Glatteis und Fettnäpfchen. Auf der einen Seite für Fans schön, die sehnsüchtig auf “neues” Material warten. Auf der anderen Seite lauert immer der Profit im Hintergrund, der mit Geldscheinen wedelt und dabei aufs Konto guckt. So veröffentlichen Linkin Park, die sich nie offiziell aufgelöst haben, eine Jubiläumsedition von “Meteora” und geben mit “Lost” einen bis dato unveröffentlichten Titel in die Welt, der es damals nicht aufs Album geschafft hat. Der Gesang ist emotional zerbrechlich und unterstreicht die traurigen Lyrics. Die Komposition wirkt dagegen recht einfallslos, aber typisch für Linkin Park. Unterm Strich für mich ein Song, von dem ich nicht so recht weiß, was ich von ihm halten soll. Da er mein Gemüt erheblich bedrückt, werde ich ihn nach dieser Rezension sicherlich nicht so schnell wieder anhören.
Rune: Ich war nie großer Linkin Park Fan, habe in meiner Jugend aber gerne und oft die Songs aus Hybrid Theory und Meteora gehört. Mit dem Release des dritten Allbums Minutes to Midnight schwand dann mein Interesse an Linkin Park allerdings zunehmend und seit dem habe ich sie nicht weiter verfolgt. Lost als unseren Song of the Month ändert dies nun und nach fast 16 Jahren läuft hier mal wieder was von Linkin Park. Lost weckt Erinnerungen, vor allem dank der Vocals von Chester Bennington denn musikalisch ist Lost so ganz anders als ich Linkin Park in Erinnerung habe und obwohl Lost genau zu der Zeit entstanden ist in der ich Linkin Park noch gehört habe, fast wäre Lost ja sogar auf Meteora gelandet, wirkt der Song frischer und aktueller als er eigentlich ist. Lost wird bei mir zwar wahrscheinlich auf Dauer keinen so bleibenden Eindruck hinterlassen wie viele der frühen Linkin Park Songs aber es ist ein schönes schwelgen in Erinnerungen.
Johanna: Ich begegne Songs, die nach dem Tod eines Künstlers veröffentlicht werden, oft eher skeptisch. In diesem Fall ist es aber eine ganz gelungene Idee. Der Song „Lost“ war schon 2003 fertiggestellt und bereit auf dem Album „Meteora“ veröffentlicht zu werden. Dies hört man auch. „Lost“ klingt unverkennbar nach Linkin Park aus dieser Zeit. Sonst ein Fan von Innovation, sehe ich dies als eine gelungene Hommage an den verstorbenen Chester Bennington und das vor zwanzig Jahren erschienene Album, zu dessen Jubiläum das Lied veröffentlicht wurde. Besonders auch durch den wahrscheinlich recht persönlichen Text. Für Fans bestimmt ein Geschenk, das eine gewisse Melancholie auslöst und sie in alten Zeiten zurückversetzt. Mich persönlich, als Mensch, der Linkin Park immer nur am Rande zur Kenntnis genommen hat, beeindruckt „Lost“ jedoch nicht.
Daphne: Nur die ersten Töne des Intros reichen um mich 20 Jahre in die Vergangenheit zu katapultieren. Zurück in die Zukunft. Zurück in die Zeit von MTV-Musikvideos nach der Schule, dem Entdecken neuer Songs im Radio morgens auf dem Weg zu Schule, der ersten (musikalischen) Rebellion und der ganz großen Suche nach dem Selbst. Und gleichzeitig der feste Schlag mitten ins Gesicht: Was hat die Welt doch mit Chester verloren.
Torsten: Mit „Lost“ bringen Linkin Park in 2023 eine B-Seite in die Rotation die es bereits in 2003 nicht ins A-Listing geschafft hat. Also warum sollte sie es in 2023 schaffen? Weil Chester es verdient hat! Linkin Park waren schon immer eine Ausnahmeerscheinung. Unverwechselbarer Sound, unverwechselbare Stimmen und Stimmung. Gerade deshalb fühlt sich „Lost“ auch so vertraut an. Der Song ist kein Hit… ruft Burner-Alben wie „Hybrid Theory“ oder eben „Meteora“ zurück in den Player, schmiert einem die Vergänglichkeit aufs Butterbrot und drapiert schwergewichtige Themen wie Depressionen auf dreistöckigen Etageren. Schaut nicht weg.
Links:
Linkin Park
Hier findest du Hilfe und Informationen zu Depressionen:
Info-Telefon der Deutschen Depressionshilfe: 0800 / 33 44 533
Telefonseelsorge: (0800) 111 0 111 oder (0800) 111 0 222.
Bei akutem Notfall findest Du Hilfe über die Nofallrufnummern 112, 110 oder in der Psychiatrischen Institutsambulanz des Krankenhauses in Deiner Nähe. Du findest sie hier: https://klinikradar.de/psychiatrie/kliniken/#klinikliste