Deep Shadows And Brilliant Highlights
Dieser Albumtitel von HIM beschreibt wahrscheinlich am besten das vergangene Jahr: Eine Achterbahn der Gefühle, Hoffnungen die in Erfüllung gingen oder verpufften. Überraschungen, Enttäuschungen, Glücksmomente und Resignation – alles ging manchmal von Tag zu Tag von einem ins andere über. Was sich jedoch in dem Jahr herauskristallisierte war: niemals aufgeben!
1. Die Begleiter
So bekam das Jahr 2021 bereits einen kleinen Aufschwung, der sich unverhofft als kleiner Muntermacher durch die Höhen und Tiefen ziehen sollte. Es gibt diese Bands, deren Name man einfach kennt, schon oft auf Line Ups gelesen oder sonst etwas davon aufgeschnappt hat. Oder man hat sie ein wenig gehört und dann doch aus den Augen verloren und für nicht mehr relevant abgetan. Und dann kommt ein neues Album, das man aus Laune heraus rezensiert, das alles ändert.
Meine persönliche (Wieder-) Entdeckung des Jahres sind eindeutig Solar Fake. Das aktuelle Album „Enjoy Dystopia“ ergriff mich ab dem ersten Ton. Natürlich kaufte ich unverzüglich Konzerttickets für einen C-konformen Auftritt im Münchner Backstage im Sommer. Dies fand tatsächlich statt und war die zweite Neuentdeckung: Konzerte nach langer Pause in komplizierten Zeiten. Toll organisiert und ein Fest für die Seele. Die Band unglaublich glücklich wieder auf der Bühne zu sein, verbreitete Stimmung und das Publikum war außer Rand und Band – soweit es die Bestimmungen zuliessen. Hier kam dann die Feststellung, dass man mehr Songs kannte, als man dachte und weitere CD Käufe folgten, sowie ein weiterer Auftritt am Plague Noire Festival. Natürlich lief (und läuft) die Band jeden Freitag in Dauerschleife, um mich auf das Wochenende einzustimmen und dies ist jedes mal ein perfekter Stimmungsaufheller, egal wie anstrengend die Woche auch war. So wurden Solar Fake zu meinem persönlichen Begleiter durch dieses turbulente Jahr und verbreiten bei mir immer wieder gute Laune. Tickets für 2022 liegen natürlich auch schon bereit. Die Hoffnung stirbt nie – vielmehr ist sie der Rettungsring in Zeiten, in denen die Lage wieder äußerst dramatisch aussieht.
2. Der Anker
Keine Festivals, kaum Konzerte, doch ein Strohhalm kam den vergangenen Sommer mit dem Strandkorb Open Air. Und diesen kleinen Halm ergriff ich und fand mich an gleich drei Konzerten in Hamburg wieder. Auch wenn Helge Schneider das Konzept – nett gesagt – bemängelte, ich und mit mir viele andere Zuschauer fanden es großartig. Zugegeben, man kam sich ein wenig wie im Rentnerleben vor, als man da in seinem Strandkorb saß und die Getränke online bestellte, die dann direkt an den Strandkorb geliefert wurden. Doch wenn dies mein Rentnerleben sein sollte, bin ich froh – ein kleiner Ausblick in die Zukunft!
Das Erlebnis, etwas live im Freien sehen zu können, weckte Festival-Erinnerungen und war ein großer Trost in diesem Sommer. Die Organisation und die Qualität der Auftritte begeisterten. Da schlugen die Herzen höher zu In Extremo, es wurde getanzt bei VNV Nation und mitgesungen bei Kissin’ Dynamite und Beyond The Black. Alles Garanten für tolle und mitreißende Live-Konzerte, die auch dieses mal ihre Fans nicht im Stich ließen. Die malerische Kulisse Hamburgs mit der AIDA direkt hinter der Bühne und Kräne und Container in die andere Blickrichtung erhöhte den visuellen Aspekt. Wo, wenn nicht hier ist ein Strandkorb Event sinnvoll? Hoffentlich wird es auch im nächsten Jahr wieder statt finden, denn der reibungslose Ablauf und das Feeling waren einzigartig.
3. Das kurze Aufleben
Dann neigte sich der Sommer seinem Ende zu und das für unmöglich gehaltene geschah tatsächlich: die Clubs öffneten wieder und einige Konzerte konnten statt finden. Diese Gelegenheit ließ ich mir nicht entgehen und stürmte zu Lacrimas Profundere. Wie lange die Karten schon an meiner Ticket-Wand hingen kann ich nicht sagen, doch immerhin wurde das Konzert nicht abgesagt und die Tickets nicht schweren Herzens weg geworfen werden, wie so viele.
Im Hamburger Headcrash lief es ab wie früher; zwar mit 2G, jedoch ohne Maskenpflicht und es war ziemlich voll. Man konnte spüren, dass die Zuschauer ausgehungert waren und der Raum war wie elektrisiert von Vorfreude. Julian Larre, der aktuelle Sänger – den ich relativ spät entdeckt hatte und der mich vom ersten mal Hören mitriss – überzeugte auch live in voller Länge. Die Energie auf der Bühne konnte vollkommen mit der Power des Publikums mithalten. Auf und vor der Stage waren alle selig, spielten, sangen und schrien sich die Seele aus dem Leib. Julian fegte auf der Bühne, auf der Theke oder mitten in der Menge umher, ohne seine gesangliche Leistung zu verringern. Ein gewaltiges Konzert, das ewig hätte weitergehen können.
Lacrimas Profundere sind ab sofort auf meiner Must-Go-Liste wenn sie in der Nähe sind.
Diese und noch ein paar weitere Highlights versüßten das Jahr 2021. Nun naht immer mehr ein weiteres Abebben all der Aktivitäten für die ich und viele andere Menschen brennen. Doch wie war gleich das Motto: niemals aufgeben! Wir werden sehen wie viele Loopings das nächste Achterbahn-Jahr bereit hält und alle Höhen mitnehmen, die da kommen werden.
Ich bin jedenfalls sowas von in den Startlöchern.