Most Wanted 2021: Jörgs musikalischer Jahresrückblick

Ach 2021, Du warst echt ein Jahr. Das zweite Jahr in dem nicht für den Produktiveinsatz gedachten Paralleluniversum, in das ich in der Silvesternacht 2020 gefallen sein muss, so gegen 0:45h in der S-Bahn kurz vor den Landungsbrücken. Der Moment, in dem eine lange Kette wirklich guter Momente plötzlich abriss und alles im Chaos versank.

Das Corona-Jahr 2020 war schon schlimm genug, 2021 hat dem nochmal eins drauf gesetzt. Jetzt soll ich also einen musikalischen Rückblick auf dieses Jahr schreiben? Die beste Platte, das beste Konzert, die beste Band, die beste NewcomerIn, das beste Irgendwas?

Dabei hab ich doch nur zuhause gesessen, brav in meiner selbstgewählten Corona-Isolation so als Risikogruppe. Hab auf die Corona-Nachrichten gestarrt, um ja nix zu verpassen, um die Lage zu verstehen – meine Art der Krisenbewältigung. Das bange Warten auf die Impfung, damit ich endlich frei bin und zurück ins Leben kann.

Nur das TV hat mit mir gesprochen, das Social Media aufm Phone hat mich angeschrien, nur die Frustration so vieler MusikerInnen in meiner Filterblase wegen merkwürdig konstruierten Coronahilfen, Antragsfrust und Existenzängste, Kreativitätsausfälle. Zum Telephonieren mit meinen Liebsten da draussen war ich oft viel zu erschöpft von der Isolation. Also nix Besonderes, so vielen von Euch da draussen wird es ähnlich gegangen sein.

Musik hab ich kaum wahrgenommen, keine Neuigkeiten der Plattenwelt verfolgt, neue Musik hab ich bisher immer auf meinen Konzerten kennengelernt, die ich in 30 Jahren Konzertphotographie entdecken durfte.

Auf die meisten Konzert-Livestreams hatte ich keine lust, laut aufdrehen und diese so sehr geliebte magische Energie spüren geht in meiner kleinen Mietwohnung nicht. Im Fernsehen nur solch Unsinn wie DSDS, THE VOICE OF GERMANY und die zauberhaften beiden Staffeln THE MASKED SINGER. Manchmal was auf ARTE und 3Sats ROCK AROUND THE CLOCK mit legendären Konzertmitschnitten. Nichts aufregendes Neues.

1. Die Gesundheit

Juli, Endlich 2x geimpft, meine Augen spielen nach 3 Jahren Heilung von Organtransplantationen endlich wieder mit, endlich gehen die Inzidenzen runter und die Kulturbehörde Hamburg veranstaltet den Kultursommer Hamburg – Play Out Loud. 1000 kleine feine Konzerte Umsonst und Draussen an ungewöhnlichen Orten. Endlich wieder Live-Musik.

Aylin feat. Pitaya (Foto: Jörg-Martin Schulze bs! 2021)

2. Kultursommer

Drei dieser Konzerte suche ich mir aus, darf meine Kamera mitbringen. Mimi Schell, Christina Lux und meine grosse Entdeckung Aylin, die mir mit ihrer megacoolen Big Band den Corona-Blues aus dem Herzen bläst. Bald erscheint ihre erste eigene Platte unter ihrem neuen Künstlernamen Kaisa Rya – ich freu mich schon sooo darauf. Mariama und Christina Lux haben Ende 2021 auch neue Platten rausgebracht. So finde ich nach 3 Jahren ohne Konzerte endlich die Magie und den Zauber live gespielter Musik, die Interaktion mit dem Publikum und den Spass am Photographieren wieder. Finde sogar Worte für sie, obwohl ich immer dachte, meine Sprache sei das Bild. Danke für diese wundervolle Erfahrung.

3. Schanzenzelt

Im Oktober doch noch mein Lieblingsort, das Schanzenzelt unterm Tele-Michel im Schanzenpark Hamburg mit einem kleinen feinen grossen 2021er Programm. Laturb und Die Absage, Shirley Holmes, die Ben Schadow Band und Leuchturmmädchen Hannah Koerner. Ganz Vorne die tief berührenden Mariama und Donia Touglo. Vier grandiose Konzerten von Bands, die ich vorher garnicht kannte. Endlich wieder Konzertentdeckungen machen dürfen. Endlich wieder spüren, warum ich diesen Job mache – das Jahr wird doch noch versöhnlich.

Laturb (Foto: Jörg-Martin Schulze bs! 2021)

Leute, geht zu den Konzerten dieser ( und sooo viel anderer ) toller Bands, kauft ihre Platten, folgt ihnen auf den Social Media-Plattformen und erzählt Eurer Filterblase von ihnen. DAS hilft allen von der Pandemie gebeutelten Künstlerinnen, durchzuhalten und mehr ihrer Kunst zu schaffen. Musik, Kunst, Seelennahrung hilft uns ALLEN, durchzuhalten. Danke 2021, dass Du mich an all das erinnert hast.

Glückauf 2022.

Hail Hail Rocknroll.

Links:

Mimi Schell
Christina Lux
Aylin Pitaya
Laturb
Die Absage
Shirley Holmes
Ben Schadow Band
Schanzenzelt

Weitere Artikel

Ähnliche Beiträge

Review: Reeperbahn Festival 2024 (18.09.-21.09.2024, Hamburg)

Tag 1 – Mittwoch Der Startschuss für das Reeperbahn Festival...

Preview: Alle guten Dinge sind Doom – Draconian mit Nailed To Obscurity und Fragment Soul [2024]

Schwedens Gothic-Doom-Meister Draconian werden in einem Atemzug mit anderen...

Preview: Das Reeperbahn Festival geht in die 19. Runde (18.-21.09.2024, Hamburg)

Vom 18. bis 21. September 2024 ist es wieder...

Preview: Kovacs lockt mit verruchter Anziehungskraft [2024]

Sharon Kovacs ist ein rätselhaftes Phänomen. Die aus den...