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The 69 Eyes: West End (2019)

The 69 Eyes: West End (2019)
The 69 Eyes: West End (2019)
Goth n Roll
Nuclear Blast
13.09.2019
www.69eyes.com

Tracklist:

  1. Two Horns Up
  2. 27 & Done
  3. Black Orchid
  4. Change
  5. Burn Witch Burn
  6. Cheyenna
  7. The Last House On The Left
  8. Death & Desire
  9. Outsiders
  10. Be Here Now
  11. Hell Has No Mercy

Es ist fast schon zu dramatisch und klischeehaft, dass genau an einem Freitag den 13. Ein neues Album der Goth Rocker The 69 Eyes erscheint. Doch eben diese Liebe zum Detail und den Hang zur selbstironischen und schmalzigen Detailverliebtheit schätze ich so an der Band, die sich im Laufe der Jahre den Spitznamen „Helsinki Vampires” eingeholt und den Titel mühelos verteidigt hat.

Das Cover ziert ein schwarzer Ballonstrauß vor schwarzem Hintergrund. Das lässt Raum zur Kunstkritik; will der Künstler uns sagen, das Album sei schwärzer und 5x so diabolisch wie Pennywise aus „ES”? Oder sind es einfach nur 5 Ballons, damit keines der Bandmembers leer ausgeht und es keinen Streit gibt? Wir lassen das mal so angestoßen stehen und geben jedem die Freiheit für seine eigene Interpretation.

Die ersten Sekunden des Openers „Two Horns Up” starten mit düsteren Kirchenglocken und einer Orgel im Hintergrund und setzt mit einem an Fields Of The Nephilim erinnernden Gitarren-Riff ein. Die ganze Szenerie erinnert entfernt an die Serie „Preacher”: düster und schräg, aber dann doch mit einem Turn zum Heiteren. Das integrierte Klavier lockert die Stimmung und der Refrain nähert sich der Unbeschwertheit (für The 69 Eyes). Gastsänger Dani Filth von Cradle Of Filth reiht sich perfekt in der zweiten Strophe des Song ein – ein perfektes Match! Schade nur, dass er im Background des Refrains ein wenig untergeht. Doch dafür gibt es kurz vor Ende des Songs noch ein schönes Dani-typisches Screaming von ihm.

Das folgende „27 & Done” zollt seinen Tribut dem tragischen „Club 27” der im Alter von 27 Jahren verstorbenen Musiker- und Schauspiel-Legenden. Ein Club, den The 69 Eyes überdauert haben, denn in diesem Jahr feiern sie ihr 30-jähriges Jubiläum. Man muss hoch anrechnen, dass die Band immer noch aus dem selben Line Up wie am ersten Tag besteht. Sänger Jyrki 69 erinnert sich

„Schon seit den ersten Bandproben wusste ich, dass wir hier etwas Magisches am Laufen hatten…”

und der Erfolg gibt ihm Recht. Der Song besteht aus einem wunderbaren Konstrukt aus Gitarren, Klavier und einem äußerst catchy Refrain. Melancholie macht sich breit wenn die Gedanken an die Personen, denen dieser Song gewidmet ist, abschweift. Und doch schafft es die Band diese Melancholie mit der Freude an dem Song zu mischen.

Bittersweet geht es auch bei „Black Orchid” weiter. Ein typischer The 69 Eyes Song mit Klavier, elvisschwangeren Vocals und einem auf den Punkt passenden Gitarrensolo. Das Goth N Roll Herz schlägt höher! Drama pur mit einem Fake Lash bestückten Augenaufschlag und in den Nacken geworfener Mähne.
„Change” ist mir persönlich zu schmachtig. Bis zum dritten gesungenen „Change” noch okay und meine Meinung über Balladen ist kurz dabei zu kippen, aber als Jyrki 69 ein langgezogenes “Cha-ha-ha-ha-hange” rauswürgt ist das definitv der Todesstoß. Es gibt auch gute Balladen der 69 Eyes, doch diese ist übertrieben und triefig.

Dafür rockt „Burn Witch Burn” wieder ordentlich. Aber leider bleibt der Spannungsbogen nur leicht gespannt. Der Song plätschert zwar rockig, aber doch zu eintönig vor sich her. Es fehlen die Höhepunkte oder Tiefgänge. Trotzdem ein kurzweiliges Vergnügen bevor die Single „Cheyenne” loslegt. Mal davon abgesehn, dass der Song aus lediglich einer sich wiederholenden Strophe besteht, besitzt er eine einprägsame Melodie und ein durch seine Einfachheit mitsingbaren Refrain. Doch der Song besticht durch genau diese Einfachheit – diese Rockhymne feiert man auch nach sehr vielen Drinks noch textsicher mit. Erneut mit einem überzeugenden Gitarren-Solo. Natürlich kein Slash jedoch immer genau abgestimmt auf die Songs und die Atmosphäre und nie zu lang.

Und – Trommelwirbel – es wird Zeit für den nächsten Geburtstagsgratulanten. Wer wenn nicht Wednesday13 sollte sich zu einem Song, der den Titel von Wes Cravens Film „The Last House On The Left” trägt, einem Gastspiel hingeben? Die Fahrt nimmt Geschwindigkeit auf. Nicht nur das Tempo nimmt zu, sondern auch die Zahl der Gastmusiker – Beastö Blancö Sängerin Calico Cooper. Sleazig mit einem Touch Horror Punk, sorgt der Song nicht nur durch seine Stimmvielfalt für Abwechslung.
Der folgenden Ballade fehlt leider der Tiefgang. Es fehlt der letzte Tropfen Herzblut, der “Borderline” vom Album „X” zum absoluten Gänsehaut-Hit gemacht hat. Zu „Death & Desire” springt der Funke nicht über. Es ist einfach wie die Alibi-Ballade des Albums. Nett, aber schnell vergessen.

„Outsiders” plätschert fast wie ein Lückenfüller vorbei, bevor das Intro zu „Be Here Now” aufhorchen lässt. Zu den indischen Klängen erwartet man fast Kula Shakers „Govinda”, doch als die Gitarren einsetzen schwenkt die Stimmung wieder – wie zu Beginn – in eine endzeitmäßige Fields Of The Nephilim Western-Stimmung um. Der Basslauf gibt dem Ganzen einen düsteren Anstrich und man kann fast schon den Kunstnebel riechen. Oder vielleicht sind es auch die Ophiate über die Jyrki 69 singt. Leider geht dieser düstere Flow im Refrain etwas verloren, sonst wäre dies mein favourite Song des Albums. Kann das bitte jemand neu zusammen schneiden? Das Gitarrensolo scheint dieses mal ebenfalls nicht ganz zu passen. Zu gequält und einfallslos. Schade, es begann so gut…

Im letzten Song sind es die ersten 40 Sekunden, die mich in den Wahnsinn treiben. Woher kenne ich diese Riffs – ein Song aus den 60ern, an einen Film von Coppola erinnernd, aber es ist nicht „Apocalypse Now”. Wer es weiß, gebe bitte Meldung! Ein grandioser Einstieg. Diesmal hält der Song was er zu Beginn verspricht. Eine gelungene Ballade mit genug Tiefgang, einer gewissen Würze und einem Solo, das erneut nicht zu penetrant ist, bilden einen runden Abschluss von West End.

The 69 Eyes liefern erneut solide, gewohnt gute Qualität. Es gibt keine Überraschungen und doch erfüllen sie Erwartungen. Die Endzeitstimmung, welche die Band in ihrem Album ausdrücken wollen kommt nicht ganz an, doch was auch immer mit der Welt geschieht, The 69 Eyes ist die Band, die sich - nach eigenen Aussagen - weigert zu sterben. Und das ist gut so. Ich freue mich jedenfalls auf die anstehende Tour und irgendwann auf ein neues Album, das sicher kommen wird.

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