Rotersand: Musik mit Anspruch – „Capitalism TM“ auf dem Vormarsch

Rotersand sind in einer Zeit emporgestiegen, in denen Massenmedien und Internet die Konsumenten von passiven Stummen in aktive Schreihälse verwandelt zu haben scheint. Weil plötzlich jeder eine Stimme hat, hat niemand eine. Heute können wir von Glück sagen, dass das für Rotersand kein Grund zur Resignation ist. Im Gegenteil: Als diametraler Gegenentwurf zur sinnentleerten Club-Musik unserer Zeit erhoben sich Rotersand mit wuchtigen Hymnen und prägnanten Inhalten, waren reflektiert, kritisch, intelligent und stets näher an der Philosophie als am Abarbeiten szenegetreuer Klischees. Dafür gab es ja die anderen.

Verzweifelte HOffnung, zynischer Realismus,
tiefe Melancholie

Auf ihrem neuen Album „Capitalism TM“ (VÖ: 04.11.2016) erreicht das nicht nur ein neues Level; es scheint so, als wären all die zurückliegenden Jahre, als wären all die schonungslos ehrlichen, zynischen Kracher wie „Truth Is Fanatic“ oder „Content Killer“ nur die Ouvertüre zu dem, was Deutschlands intelligentester Electro-Act jetzt entfesselt. „Capitalism TM“ ist Furor und Trost. Zwischen verzweifelter Hoffnung, zynischem Realismus und tiefer Melancholie oszillierende Sequenzen, Refrains, für die andere töten würden und ein ganzes Arsenal potentieller Clubhits markieren ein irisierendes neues Karrierehoch.

Musik mit Hirn und Herz

Musik mit Anspruch schreiben, das sagt sich so einfach. Herz und Hirn vereinen eignet sich schließlich prima als PR-Floskel. Wie viel wirklich dahintersteckt, Impuls und Ratio zu vereinen, wird erst mit einem Bollwerk wie „Capitalism TM“ deutlich. Musik und Text gehen hier wahrhaft Hand in Hand, sind erst zusammen vollständig, entfalten nur vereint ihre doppelbödige Wirkung. Es ist nicht selbstverständlich, dass ein cleverer Texter auch ein begnadeter Komponist ist. Bei Rotersand kommt beides zusammen – in Form von kristallklar ausproduzierten, auf den Punkt hingezüchteten Electro-Kolossen mit Detonationsgarantie in den Clubs. Und in den Köpfen.

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Kristin Hofmann
Kristin Hofmannhttp://www.fotokatz.de/
Kristin Hofmann, das schnurrende Fotokatzl, ist uns von den Elbwiesen zwischen Nightwish und Lacrimas Profundere im Fotograben irgendwie zugelaufen. Das „Spätzchen“ fährt in der Regel nicht die Krallen aus, voll auf weißblaue Vierräder ab und hat die anderen sechs Nerdzwerge zwischen Datenkraken, Mediendschungel und Hexadezimal im Blinzelwettbewerb längst platt gemacht. Schnurrbart steht ihr übrigens nicht so gut wie DocMartens, aber irgendwas is’ ja immer. Bitte nicht füttern!

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