Jamel rockt erneut den Förster. Bereits zum elften Mal findet in diesem Jahr das nicht-kommerzielle, ehrenamtlich organisierte Musikfestival „Jamel rockt den Förster“ statt. Hochkarätige Bands werden am 25. und 26.08.2017 unter dem Motto „Rockmusik für Demokratie und Toleranz“ in dem Dorf Jamel auftreten, das von Neonazis gezielt als „nationalsozialistisches Musterdorf“ besiedelt worden ist. Etwa 1.200 Besucher werden auf dem ehemaligen Forsthof erwartet, den Bands auf der großen Waldbühne lauschen, in Zelten übernachten und damit demonstrieren, dass das Dorf Jamel keineswegs in rechtsextremer Hand und Nordwestmecklenburg ein vitaler Ort kulturellen Lebens ist.
Ein Dorf voller Nazis
Das beschauliche Dörfchen Jamel mit seinen zehn Häusern und Höfen liegt in sanft hügeliger Endmoränenlandschaft irgendwo zwischen Wismar und Lübeck. Beschaulich, bis sich der einschlägig vorbestrafte NPD-Kreistagsabgeordnete Sven Krüger hier Mitte der Nullerjahre breitmachte und es zu einer so genannten „national befreiten Zone“ ausrief. Er kaufte nach und nach immer mehr Häuser im Dorf auf und vermietete sie an Menschen seiner Gesinnung. Heute sind zwei Drittel der rund 40 Einwohner bekennende Nazis – darunter zwei NPD-Kreistagsabgeordnete. Zudem veranstaltet Krüger regelmäßig Nazifeste mit mehreren hundert Gästen in Jamel. Bis heute kam es zu einer Vielzahl Übergriffe durch die Nazis. Dorfbewohner wurden durch Brandstiftungen und massive Einschüchterungen vertrieben, andere mundtot gemacht.
Demokratischer Gegenwind
Im Jahr 2004 übernahmen Birgit und Horst Lohmeyer (Schriftstellerin und Musiker und gebürtige Hamburger) den ehemaligen Forsthof in Jamel. Damals hatten sie nicht damit gerechnet, dass sich die Dinge im Dorf so dramatisch entwickeln würden. Aber wegziehen oder gar wegsehen wollten sie auf keinen Fall. Darum engagieren sie sich seither aktiv und lautstark für Demokratie und Toleranz, um der Bevölkerung u. a. aufzuzeigen, wie sich eine gezielte Besiedelung durch Neonazis auf das Gemeinwesen auswirkt, welche Gefahren von deren Agitationen ausgehen und dass sich jeder Einzelne durchaus gegen die Unterwanderung gesellschaftlicher Felder durch Nazis zur Wehr setzen kann. Dabei nehmen sie in Kauf, von den Nachbarn permanent terrorisiert und drangsaliert zu werden.
Nachdem im Jahr 2015 – zwei Wochen vor dem geplanten Festival – die große Scheune auf dem denkmalgeschützten Hof der Lohmeyers einer Brandstiftung zum Opfer fiel, spielten Die Toten Hosen einen spontanen Benefizauftritt auf „Jamel rockt den Förster“. Zum ersten Mal war das Festival an diesem Abend mit rund 1.200 Besuchern ausverkauft. Daran knüpfen die Organisatoren in diesem Jahr an.
2017 bleibt das Line-Up bis auf zum Festival geheim.
Links:
www.forstrock.de