Den gibt es als Tanz, als Cocktail, als Film und sogar als Protein. Es bedeutet übersetzt „drehen“ oder „sich winden“. Und seit Kurzem ist „Twist“ auch Titel eines neuen Albums von Adam Angst. Und wenn eine Punkrockband ein Album „Twist“ nennt, dann wird das nicht nur leise gesungen, sondern das geht dann eher in Richtung…
Twist and Shout
Verdammt, es ist schon wieder passiert. Nicht nur haben Adam Angst ein neues Album aufgenommen, nein, sie haben auch schon wieder Songs geschrieben, die so gnadenlos perfekt ins gesellschaftliche, deutsche Jetzt passen, dass es wirklich wehtut. Das dritte Album von Felix Schönfuss, David Frings, Roman Hartmann, Christian Kruse und Johannes Koster hört auf den Namen „Twist“.
Adam Angst haben sich schon immer von der herkömmlichen deutschen Punkrock-Band unterschieden. Kein konstantes, peinliches Social Media Flak, nicht immer diese gemütliche „Wir sind hier die Guten, und alle anderen haben‘s halt nicht kapiert“-Haltung in den Texten, nicht jeder zweite Song auf eine kultige Publikumsinteraktion ausgelegt – nein, all das ist Adam Angst nicht. In der Pandemie brachte sich Sänger Felix Schönfuss anhand von YouTube-Tutorials das Klavierspielen bei, was dem Sound seiner Band neue Dimensionen eröffnet. Klar, hier werden einige Punks ™ nun endgültig raus sein, aber manchmal wohnt ja auch einem Ende ein Zauber inne.
Dass man von Adam Angst spätestens ab „Twist“ musikalisch eigentlich alles erwarten kann, machen bereits die ersten drei Songs des Albums klar: Das Album beginnt mit „Die Lösung für deine Probleme“ – eine pompöse Klavierballade gegen die AfD. Zum Finale des Songs setzt das große Orchester ein und trägt dick auf. Wie soll man diesem Quatsch denn sonst begegnen? Das anschließende „Unangenehm (feat. Wutgruppe 0)“ ist natürlich komplett zu 100 Prozent ernst gemeint. Mit verstellt-besoffenen Gröhlstimmen mimen Adam Angst in unter zwei Minuten einen Großteil der Bands, die unter dem Genre „Deutschrock“ formieren. Die Lyrics: Kalendersprüche der dümmsten Sorte, die Zusammenhalt, Wir-gegen-die-Mentalität und Heimatliebe thematisieren. Was hier gesungen wird ist inhaltsleer, stumpf, und, leider auch: gefährlich. Mit dem darauffolgenden „Unter meinem Fenster“ erfolgt dann der nächste krasse Bruch: Zumindest in der ersten Hälfte das poppigste Stück, dass die Band bisher veröffentlicht hat. Ein tanzbarer Beat, unverzerrte Gitarren, Schnipsen.
Man könnte über jeden Song auf „Twist“ lange sprechen: „Mindset“ macht sich über alle Bauligs, Höllers, Ess‘ und weitere Selbstoptimierungs- & Abzock-Arschlöcher lustig, ein Brecher wie „Angst“ führte dazu, dass der Arbeitstitel des Albums zeitweise „Billy Talent IV“ lautete. Im Dating-App-Song „Eau de Toilette“ gibt es eine brachiale Metalcore-Attacke, das luftig-misanthropische „Mord“ erinnert an „First Of The Gang To Die“. Das kurzweilige „Wir sind zusammen“ kann man als Prequel zum 2015er-Song „Ja Ja, ich weiß“, der ersten Adam-Single überhaupt, lesen. Dass der Country-Song „Schmerz“ nicht an Aktualität verliert, ist dem Umstand geschuldet, dass das Subjekt des Textes sich alle paar Wochen verlässlich mit unglaublichen (und unglaublich dummen) Äußerungen zurück ins Bewusstsein ruft. Die in „Range Rover“ beschriebenen Szenen kennt jeder Mensch, der einfach bezahlbar in einer deutschen Stadt leben möchte. Beim düsteren Abschluss „Dass du bleibst“, erneut fast komplett vom Klavier bestimmt, bleibt einem dann plötzlich das Lachen im Halse stecken – vielleicht das einzige Lied auf „Twist“ ohne doppelten Boden.
Die Dates:
- 21.02.2024 BREMEN, Kulturzentrum Schlachthof
- 22.02.2024 HANNOVER, Musikzentrum
- 23.02.2024 JENA, KASSABLANCA
- 24.02.2024 KARLSRUHE, SUBSTAGE
- 27.02.2024 MÜNCHEN, Muffathalle
- 28.02.2024 BERLIN, SO 36
- 29.02.2024 HAMBURG, Fabrik
- 01.03.2024 KÖLN, E-Werk Köln
- 02.02.2024 WIESBADEN, Schlachthof
Links:
www.adamangst.de
Veranstalter:
Living Concerts