
Zwischen Himmel und Hölle
Während die einen noch „O Tannenbaum“ singen, scharen sich die Jünger dunkel-düsterer Elektroklänge in Deutschland um Weihnachtsfestivals der besonderen Art: Bereits zum sechsten Mal lädt Veranstalter Protain zum Tanz der anderen Art um den Christbaum.
Jedoch – die schlechte Nachricht des Abends traf die Fans unangenehm kurzfristig und via Facebook: Der Christmas-Ball in Hannover findet ohne Eisbrecher statt. Grund genug für einen Teil der Fans, gar nicht erst zu erscheinen. Die anderen nehmen entweder den 5-Euro-Rabatt auf die Tickets und trinken ein Bier mehr. Oder feiern trotzdem den Ausklang des zweiten Weihnachtsfeiertages im Capitol zu Hannover.
Den Abend eröffnet das Berliner Trio „The Wars“. Artig bringen sie den New Wave der 80er zurück in die Ohren. Sphärische Gitarren, minimalistischer Elektro: Das ist der Stoff, den Hannover zum Aufwärmen präsentiert bekommt. Sehr viel weniger brav und im passenden Weihnachtsoutfit betreten als zweite Band des Abends die Crüxshadows die Bühne. Die Synthie-Rocker aus Florida heizen der anfänglich zähen Hannoveraner Masse mit tanzbaren Elektroklängen ein. Sänger Rogue schmückt sich Hände und Ellenbogen mit LED-Strahlern. Fast scheint es, als wenn er weihnachtlicher Beleuchtung Konkurrenz machen will. Die beiden Tänzerinnen Ally Knight und Stacia Hamilton bieten mit roter Zipfelmütze und anfangs mit rotem Samtmäntelchen über sexy Hotpants vor allem dem männlichen Publikum eine wahren Augenweide. Zwischen romantischer Elektro-Violine und beißenden Gitarren wirbelt der Frontmann mit der Stachelhaar-Frisur über die Bühne: Er redet wenig, performt aber fast eineinhalb Stunden. Unterwegs ist die Band zurzeit auf ihrer „The Dark Halo“-Tour, die die Band auch im neuen Jahr auf weitere Konzerte quer durch Deutschland führt. Und im Sommer auch wieder auf das M’era Luna.
Und auch wenn bis hierhin immer noch der eine oder die andere die Eisbrecher vermisst hat: Die spontan zu Headlinern des Abends avancierten Pitchies legen mit „Way of the World“ gleich zum Auftakt das Level fest, auf dem gespielt wird: Sie packen nur die Sahnehäubchen ihrer inzwischen gut 20-jährigen Bandgeschichte auf den Gabentisch. Teilweise in neue Gewänder verpackt. Weniger kantig vielleicht, dafür umso ausgefeilter und nicht minder gut tanzbar. Und in perfektem Sound: Peter Spilles‘ Maschinenstimme klingt wie ein Dämon aus dem Jenseits. Spätestens, als er zur Band-Hymne „K.N.K.A.“ anhebt. Und beamt sich mit einer fulminanten Lasershow an einem Zeitstrahl durch die Lieblingssongs der Fans. Die Menge wogt sich von „Endless Infitity“ zu „Carnival“, von „Deviding Line“ zu „Steelrose“. Spätestens bei „Timekiller“ haben die Pitchies die Fanschar endlich auf Betriebstemperatur gebracht.
Viel zu schnell sind sie angekommen am Ende ihrer Show. Da trifft bei der Zugabe Himmel auf Hölle: Die Pitchies stiften zum Grand Finale ein Inferno an, das bombastischer nicht sein kann. Und katapultieren die Fans mit „Rescue“ in eine Hölle aus Stroboskop-Blitzen und Maschinengewehren. Und tragen die heimelige Weihnachtsstimmung auf einem gigantischen Klang- und Lichtteppich ins Nirvana. Halleluja!