„Jazz ist schwierig“!! Stimmt irgendwie. Selten im Radio, meistens nicht tanzbar, irgendwie abseits des Mainstreams. Wäre dieses Konzert, im auf das Genre spezialisierten Klub über die Bühne gegangen, wäre der Gig zwar ausverkauft gewesen, hätte sich aber audio-visuell nicht so entfalten können wie in diesem Venue. Das Theater Aegi fasst 1.110 Zuschauer. An diesem Abend sind nur 300 Fans vor Ort. Wie gesagt Jazz ist schwierig. Wirklich? Definitiv Nein. Jazz ist vielseitig, virtuos und voluminös. Jazz ist …
Musik wie Urlaub
Ziel eines Urlaubs ist Erholung. Die Erholung vom Alltag, raus aus dem täglichen Wahnsinn um uns rum. Einfach mal chillen. Oder einfach mal aktive Erholung. Geht auch.
Glaubt mensch den Pressestimmen ist Wolfgang Haffner der „beste“ („Die Welt“), „coolste“ (ARD: „ttt“) und sogar „wichtigste Drummer seiner Generation“ („Süddeutsche Zeitung“). Okay, so weit so schlag-fertig. Aber ein Drummer allein ist noch kein Jazz und deshalb hat Haffner alte Weggefährten aus deutschen Landen um sich geschart. Keyboarder Simon Ostlender, Trompeter Sebastian Studnitzky und Thomas Stieger am Bass bilden die Instrumentenfraktion. Das ganz wir abgerundet durch Sängerin Alma Naidu. Hier ist absolute Weltklasse am Start. Wer jetzt sowas wie Free Jazz erwartet, also nicht enden wollende Stücke mit zig Soli, wird „enttäuscht“. Zum Glück. Haffner und seine Magic Band spielen Fusion Jazz, eine Mischung aus Jazz und Pop, und Achtung!! durchaus tanzbar.
Aus 18 Alben hat Haffner Stücke für diesen Abend ausgewählt. Mal chillig ruhig, als wäre man einem Strand oder allein im Wald, mal treibend wie beim Sightseeing einer Großstadt oder dann wieder entspannt beim Absacker in einer Bar. Nach dem ersten Set von fünf Stücken verlässt Haffner seinen Platz, um seiner Freude Ausdruck zu verleihen, endlich wieder auf Tour zu sein. Ein sympathischer Typ und grundbescheiden. Er lobt seine Band in höchsten Tönen. Jeder davon könnte ein Bandleader sein. Von Thomas Stieger erzählt er, dass dieser sonst in der Band von Sarah Connor spielt, aber jetzt happy ist, mal wieder richtige Musik zu machen. Spaß muss sein. Lustig ist auch, dass ein Stück mal die Begleitmusik zu den Lottozahlen war. Dass Haffner auch über sich selbst lachen kann, ergibt sich daraus, dass sein Spitzname Wolfi ist. Da er lange in Spanien gelebt hat, wurde dort aus Lobo = der Wolf, die Verniedlichung Lobito. So hat er auch ein Stück genannt.
Die Magic Band versprüht nicht nur Spielfreude als Einheit, sondern jeder der Musiker darf auch mal solo ran. Keyboarder Simon Ostlender liefert Soli, die einen in den Soul entführen, Stieger am Bass hat gefühlt eine Spinnenhand, so schnell gehen die Finger über die Saiten, Studnitzky trompetet als befände man sich im südamerikanischem Raum und Sängerin Alma Naidu darf solo Piano spielen und eine tolle Ballade performen. Bleibt nur der Meister. In der Gruppe ist er eher zurückhaltend, ein Teamplayer. Aber wenn er alleine, mal richtig losballern darf, wird er zum Muppets-Animal, allerdings auf allerhöchstem Drummer-Niveau. Da stimmt jeder Schlag, jeder Takt sitzt. Szenenapplaus. Nach zwei Stunden und 15 Minuten, und das ohne Pause, ist Schluss. Standing Ovations für einen tollen Abend. Am 05.11.2023 ist Wolfgang Haffner übrigens wieder in der Stadt, diesmal mit internationalen All-Stars der Szene. Und wo findet das Konzert statt? Ganz genau, TaA. Aber diesmal vor vollem Haus. Definitiv. Jazz ist doch ganz easy.
Galerien (by Michael Lange bs! 2023):