Touché Amoré machen Musik über Trauer, über Verlust, über Selbstzweifel, über Wut und darüber, wie man mit all dem umgehen kann. Gerade die letzten beiden Alben Stage Four und Lament waren eine emotionale Achterbahnfahrt, auf welche zunehmend mehr Menschen aufsteigen wollten, die sich verstanden fühlen. Und so sammeln sie sich am Abend des 13.6. in der Hamburger Fabrik, um kollektiv all diesen Schmerz und diese Wut rauszulassen.
Gegen 20:00 Uhr, es scheint noch helles Tageslicht durch die Glasdecke der Fabrik, eröffnen Boneflower, die Touché Amoré auf einem weiten Tourabschnitt begleiten. Und das passt gut, denn auch das Trio aus Madrid spielt wütenden Post-Hardcore. Mit einer tollen Energie und genügend Melodie in den doch eher härteren Songs bringen sie alles mit, was den Touché Amoré Fans gefallen könnte. In den ersten Reihen wird das mit energetischem Kopfnicken belohnt, aber die Tanzfläche bleibt noch kalt. Die Musiker sind so konzentriert in ihrem Element, dass sie zwischen den Songs kaum Kontakt zum Publikum suchen und gar nicht merken, dass sie ihr Set überziehen. So gibt es einen recht abrupten Abbruch und die Bühne wird bereit gemacht für Support No.2.
Wrong Man aus Belgien stehen schon kurze Zeit später bereit. Die Fabrik mittlerweile deutlich voller. Ihr Sound längst nicht so zugänglich wie der von Boneflower. Wirklich trockener, keineswegs schlechter Post-Hardcore mit wenig Melodie wird den Gästen um die Ohren geschleudert. Und während Frontmann Bjorn Dossche durchaus versucht, mit dem Publikum zu connecten, bleibt die Stimmung ähnlich verhalten, wie zuvor. Hat das Publikum einfach einen schlechten Abend?
Nein!
Denn als Touché Amoré pünktlich um 21:30 die Bühne betreten ist der Jubel in der mittlerweile gut gepackten Fabrik gewaltig. Die fünf Kalifornier lassen sich einen kurzen Moment feiern. Jeremy Bolm fixiert breit grinsend das Publikum und mit der ersten Note von Flowers and You geht es los. Die Gäste werden zu einer homogenen, wabernden Masse. Stagediver*innen erheben sich in regelmäßigen Abständen und alle sorgsam wegverstauten Gefühle werden rausgelassen. Bis auf ein paar Probleme mit dem Mikrofon ist der Sound sauber, die Band spielt nahe an Perfektion. Es wird nicht allzuviel geredet, Taten sprechen. Beim 2020 veröffentlichten Reminders, in dessen Video die Haustiere von Freunden eine große Rolle spielten, hält jemand im Publikum ein Bild des eigenen Hundes hoch, was Bolm sichtlich rührt. Auch kurz vor Ende, als er sich für den Support bedankt, ist er den Tränen nahe. Das dürfte vielen Gästen nicht anders gehen. Die Setlist ist knackig und gut gemischt. Zeit zum Verschnaufen gibt es keine. Die Masse wabert, schwitzt und schreit und plötzlich heißt es mit Limelight „Last Song“. Alles was noch an Kraft da ist, wird gebündelt.
I’m tired and I’m sore
I’m not so young anymore
Heißt es darin. Trotzdem ist es verwunderlich, dass schon nach so kurzer Zeit Schluss sein soll. Die Band verlässt die Bühne. Das Publikum fordert mehr. Und mit den beiden Zugaben Lament und dem Klassiker Honest Sleep vom Album …To The Beat Of A Dead Horse wird die Stunde Spielzeit vollgemacht. Definitiv zu kurz, aber wirklich unzufrieden sieht nach dieser grandiosen Show niemand aus.
Galerien by Thea Drexhage (bs! 2023):
- Boneflower (13.06.2023, Hamburg) [29]
- Wrong Man (13.06.2023, Hamburg) [26]
- Touché Amoré (13.06.2023, Hamburg) [34]
Setlist Touché Amoré:
- Flowers and You
- Pathfinder
- And Now It’s Happening in Mine
- Uppers/Downers
- Adieux
- Method Act
- Come Heroine
- Benediction
- Reminders
- Anyone/Anything
- Palm Dreams
- home
- Rapture
- ~
- New Halloween
- Feign
- Limelight
Encore: - Lament
- Honest Sleep