Review: The Vision Bleak erzählen „Weird Tales and Other Haunting Stories“ – (03.11.2024, Dresden)

Es ist ein kalter Sonntagabend im November in Dresden. Nebel zieht durchs Elbtal und auch im Stadtteil Weißer Hirsch ist Ruhe eingekehrt. Doch die währt nicht lang, denn Freunde und Liebhaber des Horror Metals erwartet heute Abend ein ganz besonderes Live-Spektakel…

The Vision Bleak

… sind heute nach langer Live-Abstinenz endlich wieder auf Tour – und zwar mit ihrem neuen Album „Weird Tales“. Der Veranstalter Katharsis e.V. hat es möglich gemacht und das Duo Markus Stock a.k.a Ulf Theodor Schwandorf und Tobias Schönemann a.k.a Allen B. Konstanz endlich in die sächsische Landeshauptstadt geholt. „Weird Tales“ ist ein ganz besonderes musikalisches Meisterwerk, das man als Gesamtkunstwerk bezeichnen kann. Es besteht aus einem Song, der in 12 Kapitel unterteilt ist. Kein Wunder also, dass sich The Vision Bleak als Freunde von Details und Hingabe, für ihre Tour etwas ganz Besonderes ausgedacht haben.

The Vision Bleak (Foto: Kristin Hofmann bs! 2024)
The Vision Bleak (Foto: Kristin Hofmann bs! 2024)

Vor Einlassbeginn sammeln sich bereits viele Fans, die wohlwollend in die warmen Räume des Blauen Salons strömen als um 19 Uhr die Türen aufgehen. Die Lokalität ist genauso detailverliebt wie die Band selbst und so findet man nicht nur eine wunderschöne blaue Decke mit Stuck und goldenen Applikationen, auch eine schöne alte knarzige Holztreppe, die zur Garderobe führt, gehört dazu.

„In the first of the two shows we will play „Weird Tales“ in its entirety – what a task! – but the only way to give justice to its one song concept in an appropriate manner.“

Der erste musikalische Geschichtenteil des „Weird Tales And Other Haunting Stories“ Abends beginnt Punkt 20 Uhr mit der Performance des aktuellen Albums „Weird Tales“ in seiner Gesamtheit – also durchgespielte 41 Minuten am Stück! Darauf gibt auch das liebevoll und stilecht gestaltete Programmheft Aufschluss, das am Einlass ausgegeben wurde. Angefüttert mit dem Weird Tales Thema geht es also direkt in das Spukhaus in der „Rue D’Auseil“ – ganz in The Vision Bleak Manier: eingängig, düster und tanzbar.

The Vision Bleak (Foto: Kristin Hofmann bs! 2024)
The Vision Bleak (Foto: Kristin Hofmann bs! 2024)

Ansagen gibt es verständlicherweise zwischen den Kapiteln nicht, da das Album ja als ein großes Stück zu betrachten ist und das nur stören würde. Liebevoll und raffiniert sind die Übergänge zwischen den einzelnen Kapiteln gestaltet. Geklatscht wird natürlich trotzdem, so wie selbstverständlich die Genickmuskeln ihre heutige Aufgabe fürs Headbangen sehr ernst nehmen. Beim Kapitel und Herzstück von Weird Tales – „Once I Was A Flower“ – ruht das Dresdner Publikum, das auch aus vielen weit an Gereisten besteht, auf faszinierende und magische Weise, klebt dabei jede Sekunde an den Lippen von Sänger Allen B. Konstanz – welch magisch, faszinierende und atemberaubende Darbietung!

The Vision Bleak (Foto: Kristin Hofmann bs! 2024)
The Vision Bleak (Foto: Kristin Hofmann bs! 2024)

Zu einer solch atmosphärischen Musik ist der Blaue Salon farblich passend in viel Nebel mit roten und blauem Licht gehüllt. Einzig bei härteren Riffpassagen oder Momenten, wo Allen B. Konstanz selbst zu den Drumsticks greift, schwallt grelles, weißes Licht um sich, das nur für noch mehr „Wow-Momente“ sorgt. Beim ersten krönenden Abschluss von Weird Tales tauchen Band und Publikum gemeinsam im schwarzen Fluss Lethe ab und feiern das erste fulminante Finale des Abends. Chapeau!

Ellereve (Foto: Kristin Hofmann bs! 2024)
Ellereve (Foto: Kristin Hofmann bs! 2024)
Ellereve (Foto: Kristin Hofmann bs! 2024)
Ellereve (Foto: Kristin Hofmann bs! 2024)

Schnell wird die Bühne für die Singer-Songwriterin Elisa Giulia Teschner alias Ellereve umgebaut. Der Blaue Salon verdunkelt sich noch mehr, der Nebel ist abgezogen, das Bühnenlicht ist auf Minimal gestellt und so schmeicheln die Kerzen auf der Bühne zartes und samtiges Licht in die Gesichter des Trios, die heute ein Akustik-Set mit Gesang, Cello und Gitarre spielen. Die Musik wirkt so zerbrechlich und emotional, dass es keiner im Saal wagt auch nur ein störendes Geräusch zu machen. Bei der Auswahl für das Zwischenset haben The Vision Bleak also ebenso ein Händchen bewiesen. Genau wie die Band selbst erzählt Ellereve mit ihren Liedern Geschichten, die gehört werden wollen. Dresden hört an diesem Abend sehr gern zu.

21 Uhr ist dann Best-Of Zeit, oder wie es The Vision Bleak formulieren würden, es ist Zeit für

….and Other Haunting Stories

Das Set knallt sofort rein, auch wenn der Mann am Licht ein kleines Delay hat und vergisst den Saal zu verdunkeln. Die Band nimmt es mit Humor und das Publikum schmeißt sowieso bei den ersten Klängen von „The Night Of The Living Dead“ die Mähnen in die Luft und sieht nichts mehr. Für viele Anwesenden wird dieses Lied der Einstieg in die Welt von The Vision Bleak gewesen sein – das ist immerhin mehr als 20 Jahre her. Doch kein Grund jetzt direkt an Wehwehchen zu denken, Headbangen und Konzerte sind gut für Fitness.

The Vision Bleak (Foto: Kristin Hofmann bs! 2024)
The Vision Bleak (Foto: Kristin Hofmann bs! 2024)

Kurzum folgen Gassenhauer auf Gassenhauer, Klassiker auf Klassiker. Es kribbelt und zirkuliert nicht nur im Genick, sondern auch in den Fingern, den Stimmbändern, den Beinen und auch im Herzen. Denn wer The Vision Bleak kennt, der muss sie, ihre Musik und ihre Vorliebe für Details und Stimmung einfach auch lieben.

The Vision Bleak (Foto: Kristin Hofmann bs! 2024)
The Vision Bleak (Foto: Kristin Hofmann bs! 2024)

Bei The Vision Bleak lauert die Stimmung einfach in jedem Lied. Wie ein Spannungsbogen baut sich jeder Song auf, ummantelt und liebvoll eingebettet in harten Riffs, Melodien, rigorosem Gesang, aber auch klassischen Instrumenten wie Streichern, Flöten, Pianosegmente. Besonders besinnlich schaurig ist das fast instrumentale Stück „Elizabeth Dane„, bevor mit „By Our Brotherhood With Seth“ der Blaue Salon so richtig aufdreht.

The Vision Bleak (Foto: Kristin Hofmann bs! 2024)
The Vision Bleak (Foto: Kristin Hofmann bs! 2024)

Umso schöner, dass Dresden The Vision Bleak nach dem formellen Schluss mit „The Deathship Symphony“ für eine weitere Zugabe auf die Bühne zurückholen kann. Zu „Lone Night Rider“ inhalieren nochmal alle Anwesenden die positiv aufgeheizte Stimmung bevor dann leider wirklich Schluss ist. The Vision Bleak haben zwei grandiose Sets gespielt, fast 2 Stunden lang für schaurig-schöne Atmosphäre gesorgt und jeden Anwesenden in ihre Welt mitgenommen. Nach dem Konzert geben Schwadorf & Konstanz noch ausgiebig Autogramme, letzte Größen von mittlerweile ausverkauftem Merchandise werden ausgegeben. Der Liebhaber von Vinyl kommt auch auf seine Kosten und kann sich seine ergatterte LP noch mit einem individuellen Autogramm vergolden lassen.

Bleibt nur der Wunsch, dass The Vision Bleak bald wieder auf Tour gehen, uns mit neuem Stoff versorgen, und auch gern wieder Halt in Dresden machen. Danke für diesen grandiosen Abend!

Galerien (by Kristin Hofmann bs! 2024)

The Vision Bleak (03.11.2024, Dresden)
Ellereve (03.11.2024, Dresden)

The Vision Bleak (Foto: Kristin Hofmann bs! 2024)
The Vision Bleak (Foto: Kristin Hofmann bs! 2024)

Setlist „Weird Tales“
– Chapter I: Introduction
– Chapter II: In Rue d’Auseil
– Chapter III: In Gardens Red, Satanical
– Chapter IV: Once I was a Flower
– Chapter V: The Premature Burial
– Chapter VI: Mother of Toads
– Chapter VII: The Graveyard by Nyght in a Thunderstorm
– Chapter VIII: The Undying One
– Chapter IX: Evil Dreams Run Deep
– Chapter X: The Witch with Eyes of Amber
– Chapter XI: Canticle
– Chapter XII: To Drink from Lethe

Setlist „… and Other Haunting Stories“

  1. The Night Of The Living Dead
  2. Into The Unknown
  3. Carpathia
  4. Elizabeth Dane
  5. By Our Brotherhood With Seth
  6. Wolfmoon
  7. Kutulu!
  8. The Deathship Symphony
    Encore
  9. Lone Night Rider

Links:
The Vision Bleak
Ellereve
Blauer Salon Dresden
District 19
Katharsis Agency

Kristin Hofmann
Kristin Hofmannhttp://www.fotokatz.de/
Kristin Hofmann, das schnurrende Fotokatzl, ist uns von den Elbwiesen zwischen Nightwish und Lacrimas Profundere im Fotograben irgendwie zugelaufen. Das „Spätzchen“ fährt in der Regel nicht die Krallen aus, voll auf weißblaue Vierräder ab und hat die anderen sechs Nerdzwerge zwischen Datenkraken, Mediendschungel und Hexadezimal im Blinzelwettbewerb längst platt gemacht. Schnurrbart steht ihr übrigens nicht so gut wie DocMartens, aber irgendwas is’ ja immer. Bitte nicht füttern!

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