Die isländischen Cowboys von Sólstafir sind zurück in Hamburg. Nach einer ausgedehnten Europatour mit Katatonia im Frühjahr und Amorphis im Herbst begann am 19.11. die Solotour der Band, die sich in Hamburg warmspielte, bevor es ins kühle Skandinavien geht.
Die Endless Twilight Of Codependent Love-Tour feiert das gleichnamige, 2020 erschiene Album, das auf Grund der Pandemie noch nicht so recht betourt werden konnte. Der Abend im Uebel & Gefährlich beginnt mit Timechild aus Kopenhagen. Wallende Mähnen, dröhnende Gitarren und richtig Bock auf ´ne gute Show machen die Band zu einem angenehmen Warm-Up. Harter Prog-Rock ohne allzu große Überraschungen macht Spaß, hinterlässt aber, vielleicht auf Grund der Kürze des Sets, keinen bleibenden Eindruck. So richtig voll ist’s im Club auch noch nicht – mehr Platz zum Haareschütteln, sollte man meinen. Aber der Hamburger nimmt’s, wie immer, mit Zurückhaltung. Verschränkte Arme und dezentes Kopfnicken sind im breitgefächerten Metal-Genre ja auch eine Form der Zuneigung.
Warmgenickt geht’s nach einer extrem kurzen Umbaupause weiter mit The Abbey und die Wärme im Raum schwindet sofort. Progressiver Dark Rock und Doom lassen keinen Raum für ein Lächeln oder Spaß. Bitterer Ernst hält Einzug in den Saal. Auf der Bühne wird von Sängerin Natalie Koskinen und Sänger Jesse Heikkinen keine Miene verzogen, der Kontakt zum Publikum auf’s Nötigste beschränkt. Die Musiker*innen aus Finnland befinden sich in ihrem eigenen kleinen Film, bzw. in ihrer eigenen dunklen Messe und ziehen ihre unnahbare Haltung bis zum Ende des Sets gnadenlos durch. Dass das doch ganz nette Leutchen sind, merkt man erst nach der Show am Merch.
Auch der nächste Umbau erfolgt recht fix. Während unter ächzendem Kurbeln der Backdrop von Sólstafir gehisst wird, füllt sich das Uebel & Gefährlich bis in die hinteren Ecken, zum Glück, denn sind wir mal ehrlich: auf halb volle Säle hat echt niemand mehr Bock.
Ähnlich kurz wie die Umbaupause kommt leider auch der Soundcheck, sodass der Sound der begnadeten Isländer in der ersten Hälfte des Sets wirklich unterirdisch wummernd daherkommt. Ansagen von Sänger Addi Tryggvason sind nur schwer zu verstehen. Vielleicht werden die Feen, die sonst für den tollen Sound der Band verantwortlich sind, aktuell in Island mehr gebraucht. Auch wirkt die Band nach dem längeren Touren anfangs etwas müde, spätestens mit Lágnætti legt sich das Gefühl und Tryggvason beginnt intensiver damit, Kontakt zur Menge, die gespannt an seinen Lippen hängt, aufzubauen. Spätestens mit den beiden Zugaben Fjara und Godess Of The Ages sind die letzten Zweifel an der Qualität des Abends vergessen, denn gerade das donnernde Gewitter des letzten Stücks erinnert einmal mehr daran, mit was für einer Größe von Band man es hier zu tun hat.
War es die beste Show von Sólstafir? Nein. War es trotzdem gut, die Band wieder live zu sehen? Natürlich! Bonus: nach dem Gig haben sich die Musiker eine Menge Zeit genommen,um mit den Besucher*innen ins Gespräch zu kommen, Autogramme zu geben und Selfies zu machen.
Galerien (by Thea Drexhage bs! 2023)
Timechild
The Abbey
Sólstafir
Setlist Timechild:
- Call Of The Petrichor
- Dying Tide
- The Sign
- The Bite of Frost
- Buried In Autumn
- And Yet It Moves
Setlist The Abbey:
- A Thousand Dead Witches
- Widows Will
- Queen Of Pain
- Crystallion
- Starless
- Old Ones
Setlist Sólstafir:
- Bláfall
- Þín Orð
- Akkeri
- Ör
- Rismál
- Lágnætti
- Rökkur
- Ótta
- Ritual Of Fire
Encore: - Fjara
- Godess Of The Ages
Links:
Timechild
The Abbey
Sólstafir
Veranstalter:
Karsten Jahnke Konzertdirektion