Gleich zwei Headliner werden von an die 3000 Rockliebhaber*Innen am 11. Oktober 2022 in der edel-optics.de Arena in Hamburg erwartet. Zu feiern gibt es gleich drei Jubiläen. Als erstes heizt die kanadische Pop-Punk-Band Simple Plan die Arena ein. Geteased durch den Intro-Song von Star Wars starten sie von Anfang an voll durch. Sie schmettern einen poppigen Rock-Song nach dem nächsten hin. Frontsänger Pierre Bouvier lässt sich besonders beim vierten Lied „Jump“ von seiner Energie tragen und hüpft auf und ab. Er animiert das Publikum, es ihm gleichzutun. Grund zu feiern hat die Band auf jeden Fall. Das erste von ihnen veröffentlichte Album ist gerade 20 Jahre alt geworden. Sie blicken auch nach dieser langen Zeit von der Bühne hinab auf ein überraschend junges Publikum, das zu ihren Klassikern abgeht.
Am meisten Stimmung kommt auf, als Bouvier fragt, wer mit Simple Plan zum Strand in den Urlaub kommen will. Natürlich, es wissen die meisten, folgt jetzt „Summer Paradise“. Einer der bekanntesten Simple Plan-Songs. Dieser steckt durch seine sommerliche Leichtigkeit, trotz des melancholischen Textes, mit guter Laune an. Die Stimmung ist ausgelassen, passend zum Motto werden riesige weiße Badebälle in die Menge geworfen. Nun treiben sie über dem Meer aus Fans umher. Einen signiert Frontsänger Bouvier. Ein glücklicher Fan kann sich ihn sichern.
“Tell me how to get back to
Back to summer paradise with you
And I’ll be there in a heartbeat”
Das Konzert von Simple Plan bietet vieles, was ein Konzert bieten sollte. Ruhigere Lieder, härtere Lieder, eine fähige vierköpfige Band und ein ausgelassenes Publikum. Viele der Songs scheinen jedoch einem Schema F zu folgen. Kaum einer sticht besonders heraus. Zwar als Rock zu bezeichnen, kommen sie eher wie seichter Pop daher, der den strengen Regeln des Mainstream-Geschmacks der 90er und 2000er folgt. Ein Highlight des Auftrittes ist einer der Cover-Songs, „Mr. Brightside“ von The Killers. Endlich ist eine Tiefe zu spüren, die sonst fehlt.
Auch etwas flach waren die lustig gemeinten Corona-Pandemie-Show-Einlagen. Crowdsurfing sei wegen des Corona-Virus immer noch gefährlich. Sie würden es trotzdem tun, so Drummer Chuck Comeau trotzig. Er wirft sich einen weißen Overall und eine
Atemschutzmaske über und springt ins Publikum. Zu treibender Begleitung durch die Restband, die den Klassiker „I was a Kid“ spielt, lässt er sich einmal quer durch Publikum befördern. Wieder auf der Bühne angekommen, folgt die nächste lustig gemeinte Showeinlage. Er wird mit Fake-Desinfektionsmittel eingenebelt. Als letztes liefert die Band mit „Perfect“ einen weiteren typischen Simple Plan-Song. Sie wechseln von ruhigeren Passagen, in denen Bouvier auch mal selbst zu Gitarre greift, zu wieder lauteren. Zur Einstimmung auf die nächste Band ganz gut. Der Auftritt ist aber nicht das Highlight des Abends.
Nach einer halbstündigen Pause um 21:30 geht es charismatischer, düsterer und härter weiter. Die kanadische Punkrock-Band Sum 41 ist nach Hamburg gekommen um auf ihrer „Does This Look All Killer?“- Tour ihre ersten zwei Alben und größten Hits zu feiern. Die fünfköpfige Band stürmt die Bühne und versetzt das Publikum von Anfang an in Begeisterung. Die seit Corona oftmals zu beobachtende unterkühltere Stimmung unter Fans ist bei den Sum 41-Anhänger*Innen nicht angekommen. Die Masse setzt sich in Bewegung, jubelt und singt mit. Schon beim zweiten Lied fliegt Konfetti durch die Halle. „Let’s get
crazy!“ fordert sie der Frontsänger Deryck Whibley auf. Gesagt getan: Die ersten Moshpits bilden sich und nach und nach lassen sich immer mehr Crowdsurfer in Richtung Bühne treiben.
„This is real!“ ruft Whibley. Wirklich kaum zu glauben, nach so langer Zeit ohne Konzerte so etwas zu erleben. Das Feiern haben die Fans in der Corona-Pause jedenfalls nicht verlernt. Zwei Geburtstage geben einen weiteren Anlass. Die ersten beiden Alben „All Killer No Filler“ von 2001 und „Does This Look Infected?“ aus dem Folgejahr sind mittlerweile 20 Jahre alt, berichtet Whibley schon fast ungläubig. So alt seien gerade mal viele der anwesenden Fans. Später kündigt er den baldigen Release eines neuen Albums an. Zwischendurch gibt es im Publikum einen Heiratsantrag, bei dem der Frontsänger helfen soll. Weitere Gründe, diesen Abend zu zelebrieren. Statt Badebällen sind es jetzt überdimensionale schwarze Luftballons, die passend zum Anlass ins Publikum geworfen werden. Einige davon mit Konfetti gefüllt, damit der Leadsänger sie mit Freude in der Luft zerplatzen lassen kann. Der Klassiker vom ersten Album „In Too Deep“ darf natürlich nicht fehlen. Auch 20 Jahre später versetzt er Tausende in Begeisterung.
‚Cause I′m in too deep
And I’m trying to keep
Up above in my head
Instead of going under
Etwas poppiger wird es mit dem Lied „Walking Disaster“. Dass die Band auch ruhiger und gefühlvoller spielen kann, beweisen sie mit „Pieces“, zu dem Deryck auch selbst mal zur Gitarre greift. „No more slow songs for tonight!“ verspricht er dann. Bis zum Schluss geben sie nochmal alles. Die Fans fordern lautstark eine Zugabe. Man hat das Gefühl, dass trotz eines so langen Abends viele noch gar nicht gehen wollen. Wären sie mal lieber noch ein bisschen geblieben. Nach dem letzten Song kommt Deryck noch einmal allein auf die Bühne, um vor der schon halb leeren Halle „Best Of Me“ vom Album „Underclass Hero“ zum Besten zu geben. Ein toller Abschluss eines gelungenen und ausgelassenen Abends, auf dem Rock- und Punkfans voll auf ihre Kosten gekommen sind.
Galerien (By Jörg Martin Schulze bs! 2022):
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Sum41