Review: Lärm, Schweiß und Glitzer – Schrottgrenze und Herr D.K. (14.10.2017, Bremen)

Man könnte meinen, die Vorbands von Schrottgrenze seien verflucht. Zumindest am Abend des 14.10.2017 in Bremen. Nachdem erst Botschaft und später auch Wait Wait ihren Supportgig canceln mussten, wurde Herr D.K. für den Abend im Lagerhaus angekündigt.
Nie davon gehört? Wir auch nicht. Auch vorherige Internetrecherchen haben lediglich zwei Songs auf Soundcloud offenbart. Es sollte also spannend bleiben.

Herr D.K. (Foto: Thea Drexhage bs! 2017)

Das Kulturzentrum Lagerhaus bietet generell nicht sonderlich viel Platz für ein großes Publikum, an diesem Abend füllt es sich jedoch nur schleppend und bleibt für die gegebenen Verhältnisse ausreichend luftig.

Herr D.K. (Foto: Thea Drexhage bs! 2017)

Mit Herr D.K. Betritt entgegen der Erwartungen kein Solokünstler sondern eine ausgewachsene Band die Bühne, welche an dieser Stelle erst ihren zweiten richtigen Live-Auftritt hinlegen. Dies merkt mensch den jungen Leuten auf der Bühne nur in den Pausen zwischen den Liedern an, denn das Instrumente stimmen und Zeit überbrücken geht nicht ganz ohne Nervosität von statten. Musikalisch betrachtet hört mensch Herr D.K. die Hamburger Herkunft an – nicht so wirklich fröhlich verregnen sie die Laune der ZuhörerInnen. Auf eine gute Art und Weise. Herr D.K. klingen gemütlich traurig und ordnen sich musikalisch irgendwo zwischen Tocotronics Berliner Triologie ein. Saubere deutsche bisschen Indie, bisschen Hamburger Schule , bisschen Liedermaching Musik wird in technischer Reinform dargeboten. Der Grad der Traurigkeit schwankt irgendwo zwischen Nick Cave und The Cure, wenn es doch mal „fröhlicher“ wird

… und das in diesem jungen Alter….

Das Publikum vergisst erst zum Ende hin sein Benehmen und quasselt etwas lauter. Worin die Schwierigkeit besteht, mal für 30 Minuten den Mund zu halten und zuzuhören, wird dem geneigten Konzertbesucher auf ewig ein Rätsel bleiben. Lässt sich nicht ändern. Ordentlichen Applaus gibt’s trotzdem.

Umbaupause.

Schrottgrenze (Foto: Thea Drexhage bs! 2017)

Der Laden bleibt weiterhin luftig mittelleer. Keine Ahnung was die BremerInnen besseres vorhaben könnten, denn so ein Schrottgrenze – Konzert ist schon ziemlich geil.
Glitzernd und funkelnd wird nach kurzer Zeit die Bühne in Beschlag genommen. Die Lücke vorm Bühnenrand füllt sich und es geht los. Gut gelaunt und hochprofessionell liefern Schrottgrenze beim letzten Konzert ihrer Tour einen finalwürdigen Auftritt. Neben vielen aktuellen Songs der jüngsten und noch immer wichtigen Platte „Glitzer auf Beton“ werden an diesem Abend auch ältere Stücke aus der Mottenkiste gekramt, über welche die Zuhörerschaft vorher Abstimmen durfte. So beginnt mit „In deiner Wohnung“ der ordentliche Pogoblock. Sie können es noch. Mit „Licht aus“ und „Ich bleibe Kind“ wird es schneller und lauter. Die Spielfreude der Band überträgt sich automatisch auf die Tanzfreude des Publikums.

Schön.

An dieser Stelle ist die mittlere Leere im Saal doch ganz angenehm, denn etwas Luft zum Atmen bleibt noch übrig. Nach weiteren Klassikern wie „Belladonna“ und „Mann am Punkt“ eine kurze Pause.

Schrottgrenze (Foto: Thea Drexhage bs! 2017)

Zurück auf der Bühne präsentiert Alex Tsitsigias den guten Bocholter Schnaps, denn Jörg Heiss hat nicht nur ein neues Auto sondern auch Geburtstag. Alle singen Happy Birthday, dafür kriegen auch alle ´nen Schluck Schnaps. Eine Bestechung die bis in die hintersten Reihen funktioniert. Auch Schön! Noch ein paar Lieder, noch ein paar Schweißperlen, extra Discokugelpower und dann war es das, das letzte Lied, das letzte Konzert der Tour.

Reibung, Baby!

Galerien (by Thea Drexhage bs! 2017):

Schrottgrenze (Foto: Thea Drexhage bs! 2017)

Setlist Schrottgrenze:

  1. Nichts ist einsamer als das
  2. Glitzer auf Beton
  3. Januar Boy
  4. Sterne
  5. 28
  6. Am gleichen Meer
  7. Zeitmaschinen
  8. Halbfrei
  9. Ostern
  10. In deiner Wohnung
  11. Licht aus!
  12. Ich bleibe Kind
  13. Dulsberg
  14. Lashes to Lashes
  15. Mann am Punkt
  16. Belladonna
  17. Jörg Heiss‘ neues Auto
  18. Lila will heim
  19. Reibung, Baby

Links:
www.schrottgrenze.de
www.facebook.com/herrdk/

Thea Drexhage
Thea Drexhagehttps://www.be-subjective.de
Thea Drexhage hat Salma Hayek einiges voraus! 10 mm. Wie die meisten Frauen der Redaktion, Duffy, Beth Ditto, Joan Rivers oder Angus Young kann sie die MusikerInnen aus dem Bühnengraben also völlig problemlos sehen, wenn jemand ihren Hocker trägt, wird aber - das hat sie mit Salma dann doch wieder gemein - dennoch viel zu oft auf Ihre Körpergröße, ihre Mähne und ihre leicht misanthropischen Anflüge reduziert. Damit sie also nicht im nächstbesten Titty Twister von Sonnenunter- bis Sonnenaufgang Menschenmengen und Bläser mätzelt, halten wir “Aggro-Thea”, die zuvor ganze Landstriche in Mecklenburg Vorpommern ausgerottet hat, halbtags im spießbürgerlichen Oldenburger Exil an der langen Leine. Seither legt sich die scheißpünktliche existentialistische Besserwisserin analog mit Sartre, Camus & Kodak an und ja, auch wir müssen neidlos zugestehen, dass der Instagram-Account ihrer beiden Katzen “Salma” und “Hayek” mehr Follower pro Tag hat, als unser webzine im ganzen Jahr.

Weitere Artikel

Ähnliche Beiträge

Review: Nachholbedarf – Die Beatsteaks im Pier2 (16.11.2024, Bremen)

Was lange währt wird endlich gut. Die Beatsteaks haben...

Review: Energy Match – Tigrrez Punch & Kafvka (15.11.2024, Bremen)

Doch ein bisschen linksradikal – und das ist auch...

Preview: Jetzt erst recht – Kafvka auf Tour (2024)

Die Band Kafvka aus Berlin ist bekannt dafür, keine...

Review: Kommt ein Schwan in den Schlachthof – Turbostaat (25.10.2024, Bremen)

Der Schwan ist im Schlachthof gelandet, dort wird er...