Hoffnungsvollster Newcomer – mit diesem Preis für Popkultur wurde Sam Vance-Law erst kürzlich ausgezeichnet und das trifft den Nagel auf den Kopf. Sein Debütalbum „Homotopia“ ist erfrischend quietschig bunt und poppig ohne dabei seine wichtige Botschaft zu verlieren. Von dessen Live-Qualitäten konnten wir uns bereits beim „Watt en Schlick Fest“ überzeugen, aber eine Soloshow zieht natürlich noch einmal ein ganz anderes Publikum an, wodurch sich alles verändern kann.
Es ist immer wieder eine Freude, kleine gemütliche Clubs wie den Nochtspeicher tief im Herzen Hamburgs zu betreten, um Konzerte besonderer Künstler in intimer Atmosphäre genießen zu können. Als sich um 19:00 Uhr die Türen öffnen, scheint es, als würde der Abend sogar sehr intim werden. Die Gäste lassen noch eine ganze Weile auf sich warten.
Als um 20:00 Uhr Alex the Astronaut für Sam Vance-Law eröffnet, hat sich die Lage jedoch geändert. Es ist voll. Die HamburgerInnen sind zahlreich erschienen und haben beste Laune. Diese überträgt sich sofort auf die sympathische, australische Künstlerin, die es mit ihren eingängigen, folkigen Popsongs und ihren witzigen Anekdoten im Nullkommanichts schafft, eine gute Verbindung mit dem Publikum herzustellen. Mitten im Kabelchaos und dem Equipment von Sam Vance-Law und seiner Band schafft sie es, die Gäste zu begeistern, wie es selten einem Supportact gelingt. Es wird gelacht, mitgesungen und laut applaudiert, denn entgegen ihrer Befürchtungen schaffen es die HamburgerInnen doch ganz ausgezeichnet, ihren australischen Akzent zu verstehen.
It’s not worth hiding if you’ve got something to say
And it’s not worth smiling if you’re feeling in pain
And it’s not worth hiding if you think you might be gay
Or different in another way – you’re perfect just the same!
Zwischen den hinreißend ehrlichen Songs über das Zeitverschwenden, das Rockstar sein und warum es nicht wert ist, sich zu verstecken, begeistert sie auch mit Geschichten über das Musikerinnenleben in New York und London und der Faszination über sich selbst reinigenden Toilettensitzen an den deutschen Autobahnen, schließlich ist sie schon eine ganze Weile mit Sam unterwegs. Hamburg stellt an diesem Abend den letzten Stopp dieser Tour da, doch von Müdigkeit gibt es bei Alex keine Spur.
Da sich eine Akustikgitarre schnell abbauen lässt, stehen bereits nach kurzer Zeit die MusikerInnen um Sam Vance- Law auf der vollgepackten Bühne. Bereits beim ersten Song macht Sam dem Publikum mit „Let’s get married“ einen Heiratsantrag… normalerweise warten die HamburgerInnen mit solch wichtigen Entscheidungen bis zum dritten Song, aber hier sind sie ausnahmsweise von Anfang an fest dabei und binden sich für den Rest des Abends an den charmanten Herren auf der Bühne. Die überragende Stimmung von Alex the Astronaut zieht sich fort. Auch in Sachen Witz steht Sam Vance-Law der selbstbewussten Australierin in nichts nach – die kleine Spitze gegen die Musikjournalisten überhöhren wir an dieser Stelle einfach, nach so vielen Abenden im Bühnengraben sind die Ohren eben auch nicht mehr das, was sie einmal waren.
Neben den großartigen, komplexen und durchkomponierten Stücken von „Homotopia“ wird sich auch an fremdem Liedgut bedient. Neben Mac DeMarcos „My old Man“ überrascht die Band auch mit dem Grauzone-Klassiker „Eisbär“, um den Deutschen etwas zurück zu geben.
Danke!
Auch seine MitmusikerInnen machen an dieser Stelle eine ganz hervorragende Figur. Das nicht immer alles bunt und fröhlich ist, zeigt sich vor allem an Vance-Laws neuen Stücken (u.a. Blissful Times) die sich mit dem Thema Trennung befassen und im Gegensatz zu den vorherigen Nummern einen ganz anderen Grundton anspielen.
I’m going to depress the shit out of you!
Als Stellvertreter der Hamburger hat man dies, achtet man auf Sam Vance-Laws Geschichten wohl verdient, dennoch nimmt ihm das kein Gast übel. Spätestens bei „Faggot“ und „I think we should take it fast“ wird das Tanzbein wieder geschwungen.
I love god but he doesn’t love me
Cause I’m an “unwilling conscript in hell’s army”
I wanna be an angel but it just can’t be
Cause i’m a faggot
Aber so fröhlich lässt Vance-Law die HamburgerInnen nicht vom Haken.
„I’ve been drinking“ – ein letztes Stück. Deprimierend und Solo. Ende. Das hat Hamburg wohl verdient, doch man munkelt, dass der Gute nach dem Gig noch die ein oder andere Versöhnungszigarette mit den Gästen geraucht hat. Ist wohl doch alles gar nicht so schlimm in der Hansestadt.
Setlist Sam Vance-Law:
- Let’s get married
- Narcissus 2.0
- Isle of Man
- Rap.
- Blissful Times
- Wanted to
- My old Man
- Gayby
- Eisbär
- Prettyboy
- Fagott
- I think we should take it fast
- I’ve been drinking
Galerien:
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Sam Vance-Law