Review: Thunderstone Tavastia (26.06.2009, Helsinki)

Ursprünglich als Power Metal-Band vor neun Jahren von Gitarrist Nino Laurenne in Helsinki gegründet, wurden Thunderstone Ende 2007 nach vier erfolgreichen Studioalben und ausgedehnten Europatouren (u.a. mit Stratovarius und Symphony X) auf die härteste Probe ihrer bisherigen Laufbahn gestellt: Sowohl Sänger Pasi Rantanen und Keyboarder Kari Tornack verließen die Band in gegenseitigem Einvernehmen mit ihren Mitmusikern. Nach langer Suche entschied man sich letztendlich für Jukka Karinen (Status Minor) als neuen – erstaunlich jungen, aber durchaus kompetenten – Mann an den Tasten.  Aus schwedischen Landen wurde Rick Altzi (ebenfalls Frontman der deutschen Power Metal-Band At Vance) als würdiger Rantanen-Nachfolger herangeholt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Thunderstone hatten bereits mit ihrer vierten Platte Evolution 4.0 bewiesen, dass sie weitaus düsterer sein können, als dies auf ihren ersten drei Silberlingen der Fall war. Mit gleich zwei neuen Gesichtern in ihren Reihen und noch darüber hinaus einem Wechsel vom alten Label Nuclear Blast zu Sony/Epic Records kam frischer Wind in die Band, und mit ihrer brandneuen Scheibe "Dirt Metal" (release 09.09.2009) legen die Finnen ein Studioalbum vor, das kraftvoller und gleichzeitig mitreißender ist als je zuvor. In den heimischen Charts stieg die CD auch gleich auf Platz 19 ein; live mussten sich Thunderstone in neuer Besetzung allerdings erst noch behaupten. Und das taten sie auch beim Dirt Metal Album Release Konzert am 26. September in Helsinkis legendärem Rockklub, Tavastia. Für einen Samstagabend erstaunlich früh angesetzt, ging's bereits um 21 Uhr mit der Vorband Adamantra los. Die Progressivmetaller aus Helsinki, die erst im Mai dieses Jahres ihr Debütalbum "Revival" auf den Markt brachten, rockten eine halbe Stunde lang. Vom Sound her zum Headliner des Abends durchaus passend gewählt, schafften sie es jedoch nicht ihr Publikum so anzuheizen, sie es sicherlich erhofft hatten. Ob es an der noch sichtlich mangelnden Bühnenerfahrung mangelte, oder aber das (amüsierte) Augenmerk der langsam eintrudelnden Konzertbesucher mehr auf einem während des gesamten Sets enthusiastisch pogenden Adamantra-Fans mittleren Alters lag, der dem Frontman der Band sogar am Ende des Auftritts noch eine Schachtel Pralinen überreichte, lässt sich im Nachhinein schwer feststellen. Fakt ist jedoch, dass Adamantra wohl bei den wenigsten einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben dürften.

Umso mehr stieg die Spannung und auch die Stimmung schon während des Umbaus zum Thunderstone-Set. Immerhin ging es an diesem Abend nicht nur um ein neues Album, sondern auch um die Etablierung gleich zweier neuer Bandmitglieder. Wenige Minuten nach 22 Uhr war dann der Augenblick der Wahrheit gekommen. Thunderstone eröffneten ihr etwa eineinhalbstündiges Set mit dem Titeltrack ihres aktuellen Albums "Dirt Metal", und legten sich gleich richtig ins Zeug.

Unglaublich schon die Energie, die allein in dieser ersten Nummer steckte, und sich schon mit den ersten sägenden Gitarrenriffs auf die mittlerweile gut gefüllte Halle übertrug. Perfekt aufeinander eingespielt gewannen die fünf Schwermetaller mit hartem, aber herzlichem Charme ihr Publikum bereits in den ersten Minuten ihrer Show für sich. Begeisterung machte sich breit, und die Band legte mit "Blood That I Bleed" sofort nach. Die neuen Songs schlugen geradezu wie eine Bombe ein.

Besonders interessant war es zu beobachten, wie auch die letzten Skeptiker, die noch kurz zuvor die Entscheidung der Band, Rick Altzi als neuen Frontman zu küren kritisiert hatten, alle Zweifel über Bord warfen und den Abend sichtlich genossen. Denn eins muss man ihm lassen – Rick Altzi hatte sich zwar bereits mit seinen stimmgewaltigen Auftritten als Leadsänger von At Vance einen Namen gemacht, doch sein Debüt bei Thunderstone lieferte er mit so viel Souveränität ab, als wäre er schon immer fester Bestandteil der Band gewesen. Stimmlich ein Powerpaket, kombiniert mit einer umwerfenden Bühnenpräsenz und einer faszinierenden Mischung aus Charme und Humor, hätten sich Thunderstone niemand passenderen aussuchen können.

Dass die Fans das genauso sahen und Altzi als neues Gesicht von Thunderstone voll akzeptierten, zeigte sich in deren Beifallsstürmen und ermunternden Zurufen. Altzi bewies sich auch hier nicht nur als kompetenter Vokalist, der allen gesanglichen Herausforderungen alter und neuer Thunderstone-Nummern mit müheloser Leichtigkeit begegnete, sondern auch als Meister der Publikumsinteraktion. Man konnte förmlich spüren, wie der Funke zwischen ihm und den Fans schon nach den ersten Songs übersprang.

Weiter ging's mit einer gut durchdachten Setlist, die sich bis auf den Rausschmeißer "Until We Touch The Burning Sun" (The Burning, 2004) ausschließlich aus Tracks vom neuen Album "Dirt Metal" und dem Vorgänger "Evolution 4.0" zusammensetzte. Verständlich, denn mit Evolution 4.0 hatten sich Thunderstone entschlossen, sich vom bisherigen melodischen Metal weitgehend zu verabschieden, und härtere, kraftvollere Scheiben einzuspielen, und so schien es nur logisch, dass die Band sich mit neuer Besetzung auch weiterhin auf dem vor zwei Jahren eingeschlagenen neuen Weg konzentrieren wollte. Bemerkenswert ist, wie unwahrscheinlich gut sämtliche gespielte Nummern des "Dirt Metal"-Albums auch in der Liveversion ankamen. Allen voran "I Almighty", die erste Single-Auskopplung des neuen Albums, die sich als kraftvoller Metal-Ohrwurm entpuppte.

Doch nicht nur Rick Altzi bestand an diesem Abend seine Einstandsprüfung bei Thunderstone mit Bravour. Auch Jukka Karinen bewies, dass er das Zeug zu einem fingerfertigen, ernstzunehmenden Keyboarder im Thunderstone-Clan besitzt.

Nach knapp eineinhalb Stunden und einer lautstark von der Menge eingeforderten Zugabe beendeten Thunderstone ein Konzert, das von der ersten bis zur letzten Minute vor ungebrochener Energie nur so strotzte. Eine beeindruckende Show von einer großartigen Band, die sich mit "Dirt Metal" zweifellos selbst übertroffen hat.

Set List  

Dirt Metal
Blood That I Bleed
10,000 Ways
Break the Emotion
Tool of the Devil
Face in the Mirror
Ghosts of Youth
Roots of Anger
I Almighty
Suffering Song
Swirled

Forevermore
Until We Touch the Burning Sun

www.thunderstone.org

www.myspace.com/thunderstoneband

Torsten Volkmer
Torsten Volkmerhttp://www.torsten-volkmer.de
Volkmr, der Gründer des ehemaligen Goth-Zine.de, verdingt sich „selbst und ständig“ als Linsenputzer bei volkmr fotografie ihm seine Knipsklitsche, hat sich als Chefredakteur 2.0 selbst recycelt, die Metalfriese abgeschüttelt und kämpft mit be subjective! erfolgreich gegen hausgemachte Langeweile, Schubladendenken und seine Profilneurose an. Manchmal darf er auch die RedakteurInnen rumfahren oder Wassereis abstauben.

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