Review: Schandmaul, LaBrassBanda (25.11.2008, Hannover)

Foto: Torsten Volkmer

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"Dat is ne Tuba, Mann, keine Trompete", trötete es neben mir von einem Schwarzgewandetem zum Nächsten, als ich kürzlich das Capitol in Hannover zum alljährlichen Schandmaul-Konzert betrat. "Schandmaul & Gäste" verhießen die Plakate und tatsächlich, die Gäste standen scheinbar schon auf der Bühne. In Lederhosen. Und eine Tuba war auch dabei, gut erkannt. Moment, Lederhosen? So richtige, echte? Ganz genau. Eine Blaskapelle vor Schandmaul? Geht ja gar nicht!? Geht ja wohl.

Dem etwas verdutztem Publikum präsentierten sich in der kommenden halben Stunde fünf Lausbuben, die die Instrumente ihrer Jugend spazieren trugen und ordentlich Lärm machten. Was so ein Kuttenträger ist, der was auf sich hält, der hat der auch ein dickes Fell und erschrickt sich nicht so leicht; gewappnet waren aber auch diese Sorte Konzertgänger nicht vor LaBrassBanda.

Foto: Torsten Volkmer

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Laut eigener Aussage schon im jugendlichen Alter von Gott, dem Freistaat und der lieben Gesellschaft zum Dienst an den heimischen Instrumenten (Tuba,Trompete,Trompa,Schlagzeug und … ähm, Bass) gepresst, haben sie das Beste daraus gemacht und wenn schon kein Metal geht, dann doch zumindest Funk-Punkt-Dings. In aufwändiger Kleinarbeit bemühten sich die Jungs jedes kleine Klischee, dass man als Flachland-Bewohner so gegen das interne Ausland hegt, zu bestätigen. Die Lederhosen und die Tuba waren nicht genug – das Jodeln konnten sie auch nicht lassen und bairischer Techno wurde als Dreingabe geboten. Eine anonym bleiben wollende Frauengruppe auf dem Parkett plädierte lautstark für nackte Oberkörper auf der Bühne und die Band hatte wenig Gegenargumente aufzubieten, musste also Hüllen fallen lassen ….

Foto: Torsten Volkmer

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Auch wenn ich gestehen muss, dass ich nur Bruchstücke der sprech-gesanglichen Darbietung zu würdigen wusste, war es trotz oder vielleicht gerade wegen der eher ungewohnten Instrumentenauswahl ein recht gutes Konzert einer (an sich unbekannten) Vorband und es kann auch niemand behaupten, dass man nach dem Konzert nicht noch nett mit zumindest einem der Jungs schnacken konnte. Das Publikum konnte sich nicht wirklich durchweg zum Mitsingen animieren lassen, was wohl nicht zuletzt auch am Dialekt lag. Und an der Blaskapelle als Blaskapelle. Wahrscheinlich ist das Leben als Vorband von Schandmaul nicht wirklich einfach. Immerhin hatten sie selbst Spaß und: Dabeisein ist alles, wenn auch nur für sechs Konzerte.

Apropos Schandmaul: Knappe 20 Minuten dauerte der Umbau nach LaBrassBanda und pünktlich um 21 Uhr ging das Licht auch wieder aus. Die Folk-Rocker waren endlich da. Die Location war auch langsam einigermaßen voll, an die 1200 Besucher waren da und es dauerte nicht lang, bis für die Ersten die Luft ein wenig knapp wurde.

Foto: Torsten Volkmer

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Für die kommenden zwei Stunden war dann auch volles Programm angesagt. Sage und schreibe 22 Songs fanden sich auf der Setlist, Schandmaul hatte sich mal wieder ordentlich was vorgenommen. Das Publikum hats gefreut. Mit "Vor der Stadt" und "Wolfsmensch" fing die Show an. Ab dem "Hofnarr" war das Publikum dann auch warm und fing an, auf und ab zu springen. Auch vom aktuellen Album "Anderswelt" war der nächste Song "Missgeschick" und kam leidlich gut an. Lebhafter wurde es dann wieder mit der Trilogie um Siegfried und Hagen von Tronje, den "Drachentöter" kannten wieder alle.

Sollte man das Konzert in ganz kurz zusammenfassen, dann würde man wohl sagen, dass es vor dem "Anderswelt"-Album genauso gut gewesen wäre. Also es war lang und gut aber man hat schon gemerkt, dass zumindet das Publikum das neue Album entweder nicht gut genug oder mochte. Bei den "alten Schinken" wurde die Luft deutlich knapp, bei den neuen Liedern ging man sich noch ein Bierchen holen. So hatte man zum Beispiel das "Trinklied" ausgegraben, welches vorher live nicht gespielt wurde. Und auch der komplette Zugabenblock bestand aus alten Liedern und wurde mit "Willst du" würdig beendet.

Im Frühjahr ist die nächste Tour und auch die Soloprojekte der Musiker lassen bald wieder von sich hören. Das nächste Album von Anna Katharina ist schon angekündigt, für Herbst 2009.

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Torsten Volkmer
Torsten Volkmerhttp://www.torsten-volkmer.de
Volkmr, der Gründer des ehemaligen Goth-Zine.de, verdingt sich „selbst und ständig“ als Linsenputzer bei volkmr fotografie ihm seine Knipsklitsche, hat sich als Chefredakteur 2.0 selbst recycelt, die Metalfriese abgeschüttelt und kämpft mit be subjective! erfolgreich gegen hausgemachte Langeweile, Schubladendenken und seine Profilneurose an. Manchmal darf er auch die RedakteurInnen rumfahren oder Wassereis abstauben.

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