Review: Kill Hannah (24.04.2010, Helsinki)

Zwei Jahre hatte es gedauert, bis die amerikanischen Alternative und Punk Rocker Kill Hannah wieder finnischen Boden betraten. Dabei fühlen sich Kill Hannah, die bereits mit Top Bands wie The Rasmus und HIM getourt sind, laut Aussage von Frontman Matt Devine fast schon seelenverwandt mit den Finnen und deren melancholischer Mentalität. 2008 spielten Kill Hannah zum ersten Mal in Finnland, als Anheitzer für die Emo-Punkrockband Aiden.

Und obwohl sich Kill Hannah selbst trotz schwarzem Kajal, androgynen Körpern und düsterromantischen Texten heftig gegen den Aufdruck des Emo-Stempels wehren, konnte man am 24. April gut und gerne 90 Prozent des durchschnittlich recht jungen Publikums genau jenem Image zuordnen.

Ende der 90er veröffentlichten Kill Hannah diverse selbstproduzierte EP's und Alben, bis sie 1999 ihr offizielles Debütalbum American Jet Set über das Label Brat Pack Recordings herausbrachten. Das Album war seit Jahren vergriffen und für Sammler nur noch zu überteuerten Preisen bei ebay zu erstehen, worüber die Band alles andere als glücklich war. Der Abend begann daher mit einer erfreulichen Überraschung für alle Fans. Devine kündigte an, dass Kill Hannah sich entschlossen hatten, American Jet Set neu zu veröffentlichen, und die Scheibe ab sofort wieder in den Läden und natürlich an den Merchandise-Ständen erhältlich sei. Darüber hinaus hatte er eine Botschaft an einen "gewissen Vulkan in Island", die er unbedingt loswerden musste: "F** you, wir sind in Finnland, und nichts und niemand kann uns aufhalten!" Denn bis zum Vortag des Konzerts war es noch unsicher gewesen, ob es überhaupt stattfinden würde. Ganze zwölf Stunden hatte die Band in New York am Flughafen verbringen müssen, bis es endlich grünes Licht für ihre Maschine gab.

Kill Hannah verstehen ihr Handwerk. Nach dem Einstieg mit "Mouth To Mouth" gefolgt von "Boys And Girls", wurde schnell klar, dass die Band weiß wie sie ihre Fans anheizen kann. Natürlich durften die typischen Laser- und Leuchtröhrenbestückten Gitarren nicht fehlen, die inzwischen genauso ein Trademark der Band sind, wie das Neon-Makeup von Sänger Matt Devine. Überhaupt war dieser an jenem Abend sehr gesprächig, verteilt zwischendurch Lakritz und Kekse an die Menge, lacht über seine eigene Klischeevorstellung von ausnahmslos blonden und schüchternen Finnen, macht Fotos von den Fans, und stellt schlussendlich fest, dass in Finnland alles durchgeht, und nichts und niemand merkwürdig ist.

Weitere Highlights des Sets waren unter anderem "Believer", "Black Poison Blood" und natürlich "Lips Like Morphine". Vom aktuellen Album "Wake Up The Sleepers" (2009) gab's neben "Mouth To Mouth" noch "New York City Speed" und "Strobe Lights" zu hören, bevor das Set mit dem an Garbage erinnernden "Kennedy" endete. Doch die Band ließ sich nicht lange um ein Encore bitten. Als ersten Zugabensong kündigte Devine ein besonderes Bonbon an: eine Gitarrenversion von "Promise Me", das er nach eigener Aussage in einer der schlimmsten Zeiten seines Lebens verfasste. "Als ich jung war, habe ich jede CD von Anfang bis Ende durchgehört, denn "die letzten Songs sind oft nicht radiotauglich, aber die besten", kommentierte er dazu.

 

In Deutschland machten Kill Hannah während ihrer Europatour nur am 30. April 2010 in Berlin halt. Wer die Band dort verpasst hat, dem sei "Waking Up The Sleepers" als Trost wärmstens empfohlen – vom ersten bis zum letzten Song.

 
Setlist:

  1. Mouth To Mouth
  2. Boys And Girls
  3. Believer
  4. New York City Speed
  5. The Chase
  6. Nerve Gas
  7. Strobe Lights
  8. Black Poison Blood
  9. Love You To Death
  10. Crazy Angel
  11. Race The Dream
  12. Kennedy
    ————-
  13. Promise Me
  14. Just Like Heaven
  15. Lips Like Morphine
Torsten Volkmer
Torsten Volkmerhttp://www.torsten-volkmer.de
Volkmr, der Gründer des ehemaligen Goth-Zine.de, verdingt sich „selbst und ständig“ als Linsenputzer bei volkmr fotografie ihm seine Knipsklitsche, hat sich als Chefredakteur 2.0 selbst recycelt, die Metalfriese abgeschüttelt und kämpft mit be subjective! erfolgreich gegen hausgemachte Langeweile, Schubladendenken und seine Profilneurose an. Manchmal darf er auch die RedakteurInnen rumfahren oder Wassereis abstauben.

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