Review: Cradle of Filth, Deathstars (10.12.2006, Hamburg)

Bei dem letzten Festival waren sie mir bereits durch die Finger gegangen doch in Hamburg kamen Cradle of Filth nicht an mir vorbei. Das Interview mit Bassist Dave vor der Türöffnung zog sich in die Länge und die ersten Besucher betraten bereits den Vorraum, in dem wir saßen, noch bevor wir zu Ende waren. Doch kein Anzeichen der Unruhe in Dave´s Gesicht „Sie werden mich nicht erkennen.“ Und erstaunlicherweise sollte er recht behalten. Ungeschminkt und unerkannt plauderte er munter mit uns weiter.

Foto: Torsten Volkmer

Foto: Torsten Volkmer

Wir zogen das Interview natürlicherweise der ersten Vorband Incubator vor, doch was uns durch die Tore zur Konzerthalle entgegendröhnte war laut und aggressiv. Pünktlich zum zweiten Supportact Deathstars kamen wir zum Ende unseres Plausches. Zu den ersten Tönen von „Last Ammunition“ erschienen die Schweden auf der Bühne und bretterten auch sofort los. Das Publikum schien die Deathstars zum Großteil zu kennen und zog gleich begeistert mit. Auch die Band war nach wenigen Minuten nass geschwitzt, weshalb sich Frontmann Whiplasher zur Freude der weiblichen Anwesenden das Shirt sogleich auzog. Unglaublich, dass seine Stimme live noch erotischer klingt als auf Scheibe.

Auch die von ihm gewohnt anzüglichen Gesten passten zum Gesamtbild der Band. Ob mal elektronischer bei „Semi-Automatic“ und „New Dead Nation“ oder aber rockig zu „Blitzkrieg Boom“, die Deathstars legten eine wunderbare Professionalität zu Tage und gradierten somit für viele vom Supportact zum zweiten Hauptact.

In der darauf folgenden Umbauphase wurden dann die ersten „Cradle, Cradle, Cradle…“ Rufe laut. Die zuvor nicht ausverkaufte Halle schien mittlerweile doch proppenvoll geworden zu sein. Ein Glück hatte nun auch jemand den Knopf zum Betrieb der Lüftung gefunden. Das war auch bitter nötig, denn heiß ging es her. Das Bühnenbild überraschte… hatte doch Whiplasher uns zuvor Bäume on stage versprochen wurden diese leider aufgrund mangelnden Platzes weggerodet. Und prompt begann auch das Intro das auch schon das aktuelle Album anstimmt „Under Pregnant Skies She Comes Alive“ bei dessen unheimlicher Stimmung es nicht schwer war sich die Bäume und das düstere Szenario vorzustellen. Unter tosendem Applaus betraten die Bandmitglieder die Bühne um nahtlos an das Intro mit „Dirge Inferno“ los zu legen. Sänger Dani Filth – ein kleiner stimmlicher Kraftprotz – zeterte am Mikrofon los, so dass es kein Halten mehr unter dem Publikum gab. Ob pubertierende Teenies oder Altmetaller, Köpfe schwingen war angesagt. In den mittigen Pulk trauten sich nur wagemutige Zuschauer und bereits bei dem ersten Song wurden die ersten Abknicker aus der Menge gezogen. Ja DAS nenne ich einen richtig guten Anfang für ein Konzert dieser Art.

Foto: Torsten Volkmer

Foto: Torsten Volkmer

Das Coverartwork von „Thornography“ ragte schemenhaft und bedrohlich riesig im Hintergrund. Es fiel uns tatsächlich schwer Dave wieder zu erkennen mit seinem Make-Up. Er als auch Charles und Paul griffen kräftig in die Saiten und schwangen ebenso ihre Haare um das Publikum weiter anzustacheln. Nach „Tonight in flames“ gab es einen Abstecher zu vergangenen Alben mit „Dusk And Her Embrace“. Double Bass dass es krachte, live noch genialer als über die Kopfhörer.

Auch Sarah bekam ihre Glanzmomente, wenn auch ihr Outfit nicht ganz so glanzvoll war. Meiner Meinung hätte sie etwas vorteilhafteres tragen können, doch bei der Stimme gab es keinerlei Abstriche. Somit ging es von „Nymphetamine“ über „I Am Thorn“ hin zu „Rise Of The Pentagram“. Dave hatte verraten, dass das Publikum jeden Abend anders darauf reagieren würde. In Hamburg schien es Anfangs etwas zurückhaltend mit dem instrumentalen Song, doch ab ein paar Sekunden taute es auf und misste Dani nicht mehr allzu sehr auf der Bühne. Aber es war trotzdem tröstlich, dass dieser zu den folgenden Songs wieder im Rampenlicht erschien.

Foto: Torsten Volkmer

Foto: Torsten Volkmer

Nach 11 energiegeladenen Trommelfell strapazierenden Songs verließen Cradle of Filth vorerst die Bühne. Der tosende Applaus und die unablässigen Zugaberufe, die mehr ein Befehl als eine Bitte darstellten, ließen die Band jedoch gleich nochmals erscheinen. Somit hatten die Leute, die noch keine Nackenstarre hatten die Gelegenheit dies bei drei weiteren Nackenbrechern nachzuholen.

Verschwitzt und ausgepowert ließ das Publikum Cradle of Filth nach „Cradle To Enslave“ davon schreiten. Viel Spaß beim nächsten Aufstehen, wenn der Kopf sich nicht mehr drehen lässt… aber es hat sich gelohnt!

Fotos:
Cradle Of Filth (10.12.2006)
Deathstars (10.12.2006)

Links:
http://www.deathstars.net
http://www.cradleoffilth.com

Torsten Volkmer
Torsten Volkmerhttp://www.torsten-volkmer.de
Volkmr, der Gründer des ehemaligen Goth-Zine.de, verdingt sich „selbst und ständig“ als Linsenputzer bei volkmr fotografie ihm seine Knipsklitsche, hat sich als Chefredakteur 2.0 selbst recycelt, die Metalfriese abgeschüttelt und kämpft mit be subjective! erfolgreich gegen hausgemachte Langeweile, Schubladendenken und seine Profilneurose an. Manchmal darf er auch die RedakteurInnen rumfahren oder Wassereis abstauben.

Weitere Artikel

Ähnliche Beiträge

Preview: Romance is a Band – Fontaines D.C. [2024]

Es ist kaum zu glauben, was Fontaines D.C. in...

Review: Reeperbahn Festival 2024 (18.09.-21.09.2024, Hamburg)

Tag 1 – Mittwoch Der Startschuss für das Reeperbahn Festival...

Preview: Alle guten Dinge sind Doom – Draconian mit Nailed To Obscurity und Fragment Soul [2024]

Schwedens Gothic-Doom-Meister Draconian werden in einem Atemzug mit anderen...

Preview: Das Reeperbahn Festival geht in die 19. Runde (18.-21.09.2024, Hamburg)

Vom 18. bis 21. September 2024 ist es wieder...