Von der grausamen Liebe – Bullet For My Valentine 01.11.15 Capitol
Wer sagt eigentlich, dass Liebe irgendetwas Zartes ist, dass sie das ganze Sein in rosa Zuckerwatte hüllt, sanft und duftend wie Morgentau, zerbrechlich wie Schmetterlingsflügel und flüchtig wie Seifenblasen.
Amor hat sich seine Pfeile sonst wohin gesteckt und gegen eine giftige Kugel getauscht. So kalt wie heiß, so unberechenbar und ambivalent, so unerträglich schön, dass es die Eingeweide zerreißt. Und das Publikum fleht, aufgeputscht durch Coldrain und While She Sleeps, geradezu darum vom Metalcore Kleinkaliber niedergestreckt zu werden.*
„Bullet! Bullet! Bullet!“
Sprechchöre. Herzrasen. Es gibt so Momente, die bleiben hängen.
Es ist 22:00 Uhr.
Es ist ausverkauft.
„I feel like there’s no way out“
Es ist echt…
Die Liebe stinkt heut nach Schweiß, Nebel und Bier. Sie schickt keine Karten mit ja-nein-vielleicht-Variablen, lässt sich nicht probefahren oder simulieren. Sie schmerzt und schreit dich an, dafür hat sie sich Jason James Lippen geborgt. „Bullet! Bullet! Bullet!“
Getroffen. In Schwarze. Ins Mark. Ins Herz. Das Publikum singt und springt vom ersten bis zum letzten Takt, ist ganz und gar im Moment, no way out. Eine Wand aus lichten Amps, aus harten Gitarrenriffs, Metalsolis. Einschüchternd. Böse. Aggressiv. Und doch sind da die lieblich melodischen Parts, die Frontmann Matthew Tuck in die Songs webt. Hart und zart wie ein giftig lyrischer Kuss. Und auch von diesem Gift lassen B4MV kosten, stellen Venom, den namensgebenden Song des neuen Albums vor.
„You’re nowhere even near me
But everywhere I go i feel you
Can you feel me?“
Der Song passt ins Repertoire der Band, spielt die Ambivalenz des Wagens und Wollens musikalisch wie textlich aus. So poetisch wie ein Kopfschuss für den Valentinsschatz, so zärtlich wie Metalcore nur sein kann. Das Gift mundet.
„I don’t want another taste
Of your venom?“
Bullet For My Valentine sind ein süßes Gift, das in den Novembernebel tropft und die Core-Krallen in den Sonntagskadaver schlägt. Die Band genießt ungekünstelt und unprätentiös, hat wahnsinnigen Spaß, der über den breiten Graben bis in die letzte Pore des sich blähenden Capitols gespült wird. Das Gemäuer pulsiert, windet sich, will nicht wollen.
„I don’t wanna stand beside you
I don’t wanna try and feel the pain you’re going through
‚til the death you’ll see this through.“
Es gibt so Momente, …
die bleiben hängen.
*1st Support gab’s übrigens von Coldrain (Japan), einer Raumforderung im vorderen Bühnenbereich, die – 60s Mikro meets Nietengürtel – unbedingt live gehört werden sollten. „Coldrains sucks“ unendlich charmant und bescheiden. Pommesgabeln hoch. Davon wird man mehr hören!
Als zweiter Appetizer oder Downer (?) feiern While She Sleeps, der bemüht rotzige UK Slayer-Verschnitt, den man zuletzt auf dem RAWK Attack erleben durfte, ihr Ritalinfest auf der Bühne. Pöbelnd, posend, das Publikum bespuckend. Viel Schischi und Huschhusch. Nicht viel Neues. Ob hier die Aggo-Show im Vordergrund steht, etwas kompensieren soll oder warum Tennissocken plötzlich Metal sind und ob es überhaupt lohnt das zu hinterfragen, überlassen wir denen, die davon nicht gelangweilt sind.
SETLIST
- No Way Out
- 4 Words (To Choke Upon)
- You Want a Battle? (Here ’s a War)
- Raising Hell
- Scream Aim Fire
- The Poison
- The Last Fight
- Venom
- Alone
- Worthless
- Guitar Solo
- Army of Noise
- Tears Don’t Fall
- Hand Of Blood
ENCORE - Your Betrayal
- Walkin the Demon
Links:
www.bulletformyvalentine.com
www.coldrain.jp
www.whileshesleeps.com