Bei dem Wort Tradition kommt so einigen Mittlerweile das Würgen, wird es doch von jenen Menschen gern genutzt, die alle Veränderungen zum Guten ablehnen und auf Traditionen beruhen. „Wir machen Feuerwerk, das ist Tradition, scheiß auf die Umwelt.“, „Wir essen das tote Tier zu Weihnachten, weil ist halt Tradition.“, „Dieselfahrzeuge sind nicht umweltschädlich, das ist deutsche Tradition“ and so on. Aber es gibt eine Tradition, die find ich supi – vielleicht bräuchte man nur ein anderes Wort dafür.
Denn jedes Jahr, solange es die globale Gesundheitslage zulässt, macht das Berliner Trio von Pabst Halt im Kulturzentrum Lagerhaus Bremen. Und das ist gut so, denn da passen sie hin, wie Klimakleber auf Asphalt. 2023 soll das natürlich nicht anders sein und da Konzerte mit ’nem guten Warm Up einfach mehr Sinn ergeben, gibt’s natürlich auch ’nen Support.
Dieser gröhlt, und stampft und wütet auf der kleinen Bühne als gäb’s kein Morgen mehr. Frustwut – der Name ist Programm. Pöbeliger teenage-angst-alles-ist-kacke-und-wird-vermutlich-auch-kacke-bleiben-Punk funktioniert und das beim gerade mal zweiten Auftritt. Es werden mehr Handys gezückt, um diese Show zu filmen, als bei Taylor Swift. Frustwut kommt aus Bremen und hat sich das Publikum einfach selbst mitgebracht, das ist effizientes Arbeiten, das man bei solchen teils resignierenden Texten nicht erwartet. Erst Team Scheiße, nun Frustwut – vielleicht wird Bremen ja noch zur Punkhauptstadt.
Als es dann mit Pabst weitergeht, ist der Laden noch immer nicht richtig voll, doch es sieht zumindest schon besser aus, als im letzten Jahr. Schade ist’s dennoch. Man hätte ja meinen können, dass der kleine Schub durch das Heidepark-Punch-A-Nazi-T-Shirt-Debakel der Band noch ein bisschen mehr Zuspruch von den richtigen Leuten gebracht hätte, aber gut, nicht komplett gefüllte Säle gehören nach wie vor zur Aprés-Corona-Stimmung.
Der Band ist’s latz. Pabst spielen gewohnt routiniert. Die Bremer*innen nicken ebenso routiniert mit den Köpfen und geben sich erst nach Aufforderung richtig Mühe, den Laden ein bisschen ins Schwitzen zu bringen. Das man in der Hansestadt auch nie dazulernt. Hier ein Mantra für die Zukunft:
Pogo ist gut. Wall Of Death macht Spaß. Blaue Flecken sind Auszeichnungen nach der Show. Am Ende gehen alle trotzdem Glücklich heim.
Blaue Flecken gab’s auch für Sänger Erik’s Glitzerklampfe, die nach anhaltenden Soundproblemen Direktkontakt mit dem Bühnenboden herstellen durfte – da musste dann mal die Frustwut raus. Bisschen an den Kabeln gezuppelt und an den Pedals gedreht und zack, läuft die Kiste wieder und es geht weiter, quer durch die Diskographie der Band, bevor schließlich mit „Kiss Me“ Schicht im Schacht ist. Gute Nummer.
Bis nächstes Jahr. Punch a nazi.
Galerien (by Thea Drexhage bs! 2023)
Frustwut
Pabst
Setlist Pabst
- Commitment Issues
- Forever OK
- Legal Tender
- Shake The Disease
- Ibuprofen
- Mercy Stroke
- Crushed
- Locker Room
- Week Full Of Weekends
- Daddy’s Boy
- Accelerate
- Shits
- Skinwalker
- Dead Ahead
- You Blink, You Miss It
- Vagabondage
- Kiss Me