Review: Und wenn sie nicht gestorben sind… Oonagh live! (10.02.2017, Erfurt)

Es war einmal eine junge Frau mit italienisch-bulgarischen Wurzeln. Senta-Sofia Delliponti, so ihr Name, war mit Schauspiel- und Gesangstalent reich gesegnet. Erste Bühnenerfahrungen sammelte sie in diversen Musicals, bevor sie einige Zeit für eine berühmt-berüchtigte RTL-Vorabendserie vor der Kamera stand. Jedoch stellte sie fest, dass ihr Herz mehr für die Musik schlug. Also entwickelte sie ihren eigenen unverwechselbaren Stil aus deutschen und elbischen Lyrics mit mittelalterlichen, keltischen sowie orientalischen Klängen. Dazu der wohlklingende Name einer keltischen Göttin – und schon war Oonagh geboren.

Oonagh (Foto: Janina Lindner bs!)

Drei Jahre später – wir schreiben den 10. Februar 2017. Vor der Alten Oper im Thüringischen Erfurt gibt es bereits eine lange Menschenschlange, die sich überraschend schnell ins Warme windet. Die reduziert dekorierte Bühne ist in blaues Licht getaucht und es ertönen leise sphärische Klänge, während ca. 900 ZuschauerInnen im Saal ihren Sitzplatz suchen. Ungeduldig warten sie auf Oonagh, die im Rahmen ihrer „Märchen enden gut“-Tour an diesem Abend auf der Bühne stehen wird.

„Märchen enden gut“

Das Licht erlischt, vier junge MusikerInnen werden auf der Bühne sichtbar. Die Stimme der Sängerin erklingt, aber es dauert noch ein paar Augenblicke bis sie – in einen schwarzen Umhang gehüllt – im Blickfeld des Publikums erscheint. Mit „Ainulindalë“ beginnt die Reise in die faszinierende Welt der Mystik, der Erzählungen und Märchen. Die stimmliche Harmonie zwischen Senta-Sofia Delliponti und ihrer Backgroundsängerin/Zweitstimme schmeichelt den Gehörgängen.

Sehr schön.

Oonagh (Foto: Janina Lindner bs!)

Bereits vor dem zweiten Song „Aeria“ fällt der schwarze Umhang und die Frontfrau steht im weißen Flatterkleidchen auf der Bühne. Nun hat sie endlich Freiheit zum Bewegen und Tanzen. Davon werden die ZuschauerInnen an diesem Abend noch einiges sehen, denn Oonagh steht nicht einfach nur für Gesang.

Dass die Musiker von Santiano an einigen Songs mitgewirkt haben, ist lange kein Geheimnis mehr. Doch auch mit anderen Bands arbeitet Oonagh gerne zusammen. So stammt z. B. die nun angekündigte Ballade „Märchen enden gut“ von Subway to Sally, wie die Anwesenden erfahren. Ja, ein wenig kann man den Einfluss hören.

Im Hintergrund der Bühne hängen Bilderrahmen, die vorerst nicht viel Beachtung finden. Doch spätestens zu „Der fahle Mond“ ziehen sie die Blicke an. Denn dort ist plötzlich eine dunkle Burgruine sichtbar, hinter der ein großer Vollmond über die Leinwand hinter den Rahmen wandert. Mit wenig Aufwand lässt sich so die passende Stimmung zum passenden Song erzeugen.

Oonagh (Foto: Janina Lindner bs!)

Doch leider erlebt mensch – wie im Märchen – auch an diesem Abend nicht nur Gutes. In diesem Fall handelt es sich um einzelne Personen im Publikum, die gekonnt die Film- und Fotografier-Verbotsschilder an den Türen ignorieren. Fleißig wird im Dunkeln geblitzt und – der absolute Knaller – mit einem Selfiestick das Konzert gefilmt. Ärgerlich für die Personen dahinter, die sich auch beschweren, allerdings vorerst mit mäßigem Erfolg. Alle anderen ZuschauerInnen, die kein Handy in der Hand halten, kommen nun langsam in Fahrt. Zu „Stroh zu Gold“ – ein mittelalterlich angehauchter Song, der textlich an das Märchen Rumpelstilzchen erinnert – „Avalon“ oder „Weise den Weg“ wird fleißig geklatscht. Mit „Tanz mit mir“, bei dem sich auch Gitarrist, Schlagzeuger, Flötistin und Backgroundsängerin mit vorn am Bühnenrand bewegen, endet der erste Teil der Show. In der Pause schlägt dann das Karma in Form der anwesenden Security bei den HandyfilmerInnen zu. Natürlich nicht im wortwörtlichen Sinn. Einsichtig wird genickt und tatsächlich – nach der Pause leuchten nicht mehr ganz so viele Handydisplays dauerhaft durch die Dunkelheit des Saals.

Oonagh (Foto: Janina Lindner bs!)

Mit Trommelschlägen und „Zeit der Sommernächte“ startet der zweite Teil der Show. Oonagh und ihre Band haben die Pause für einen Outfitwechsel genutzt. Nun stehen alle in einem fröhlichen schwarz auf der Bühne – passend besonders für ausdruckstarke Songs wie „Gayatri Mantra“ oder  melancholische wie

„Nachtigall“.

Ihr Schauspieltalent verbirgt Senta-Sofia Delliponti auch auf ihren Konzerten nicht. Sie liebt und lebt ihre Musik. Dies drückt sie vor allem über Mimik und Gestik aus, die eine oder andere kleine Tanz-Choreografie darf dabei ebenfalls nicht fehlen. Zu „Eldamar“ singt sogar das Publikum ein bisschen mit. Die Sängerin freut es:

„ihr seid super, es macht so viel Spaß!“

Eine Überraschung hielt Oonagh mit ihrer Bandvorstellung während „Silmaril“ bereit. Zumindest für alle, deren Sitzplätze sich links außen befanden. Es steht tatsächlich ein Keyboarder mit auf der Bühne. Wirklich gut versteckt.

Mit dem bombastischen „Niënna“ sowie jeder Menge Bühnennebel verabschieden sich Oonagh vorerst vom Publikum. Die Märchenstunde ist zu Ende. Oder doch nicht…? Denn nun erwachen die Erfurter richtig zum Leben und erheben sich Zugabe fordernd von ihren Sitzen. Mit Erfolg. Die Darbietungen von „Wir sehn uns wieder“ sowie einem Medley bilden einen gelungenen Abschluss des Abends. Und so verlassen alle glücklich und zufrieden den Saal. Und wenn sie nicht gestorben sind,…

Oonagh (Foto: Janina Lindner bs!)

The End.

Galerien (by Janina Lindner bs!):

Setlist:

  1. Ainulindalë
  2. Aeria
  3. Aulë und Yavanna
  4. Gäa
  5. Märchen enden gut
  6. Der fahle Mond
  7. Wächter vor dem Tor
  8. Stroh zu Gold
  9. Hörst du den Wind
  10. Avalon
  11. Weise den Weg
  12. Minne
  13. Tanz mit mir
  14. Holodrum oder Zeit der Sommernächte
  15. Numenor
  16. Gayatri Mantra
  17. Nachtigall
  18. Hymne der Nacht
  19. Eldamar
  20. Oromr
  21. Silmaril
  22. Niënna
    Encore:
  23. Wir sehn uns wieder
  24. Medley

Links:
www.oonagh.tv

 

Janina Lindner
Janina Lindnerhttp://www.kleine-fotowelt.de/
Janina haben wir in der Mitte Deutschlands ausgesetzt, dort wohnt sie nun, wenn sie nicht gerade auf Festivals rumstreunt, bei einem Kater, der ihr gelegentlich Obdach gewährt. Sie hat als erste unser Bootcamp für Musiksüchtige mit “unbelehrbar” abgeschlossen und gilt als gemeingefährliches 80s Radar. Wir konnten die Frau nicht mal vom Singen im Auto abbringen, damit steht sie sich und ihrer Karriere als Taxifahrerin mit mindestens drei Halbtonschritten im Weg. Immerhin spricht sie fließend Ironisch und amüsiert sich auf Konzerten köstlich über die neidvollen Blicke Umstehender, wenn sie ihr "großes Rohr" auspackt. Janina liiiiebt ihr 70-200 mm und kann auch damit umgehen... Es kommt eben doch auf die Größe an.

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