Start Events Konzertberichte Review: Surreal schön – Abtauchen in eine Welt aus Klängen in der...

Review: Surreal schön – Abtauchen in eine Welt aus Klängen in der Elbphilharmonie mit Nils Frahm (18.10.2022, Hamburg)

Nils Frahm (Foto: Daniel Dittus, Pressefreigabe)


Beim Betreten des großen Saals der heute Abend komplett ausgebuchten Elbphilharmonie schweift der Blick direkt auf die Bühne. Die Spannung steigt sofort. Insgesamt neu Tasteninstrumente stehen in zwei U-Formen, teils übereinander arrangiert um zwei Hocker. Nils Frahm kommt leichtfüßig auf die Bühne gelaufen. Das Publikum direkt begeistert. Ihm kommt schon vor dem ersten Song sehr viel Anerkennung entgegen.

Nils Frahm (Foto: Daniel Dittus, Pressefreigabe)


Das Licht wird gedimmt. Angestrahlt wird lediglich eine rotierende Glasharmonika. Durch die Reflektionen entsteht ein funkelndes Lichtspiel. Schnell die Hände mit Wasser benetzt, entlockt der sympathische Pianist und Komponist zaghaft, diesem schönen, von Benjamin Franklin entwickeltem Instrument, die ersten gefühlvollen, verträumten Klänge. Das eben noch laute und unruhige Publikum regt sich kaum noch. Es lässt sich auf die ersten sphärischen, melancholischen Laute des Abends ein. Sie entfalten eine starke Wirkung, besonders auch durch die beeindruckende Akustik in der Elbphilharmonie. Alle paar Minuten widmet sich der 40-jährige einem anderen der Instrumente auf der Bühne und durchquert so einmal seine komplette Instrumentenformation. Jedes Instrument mit einem ganz besonderen individuellen Klang. Stück für Stück, wird in zwanzig Minuten ein Klangteppich gewoben, der immer dichter, voller und bombastischer wird. Im Ziehen von langen Bögen, im Aufbau von anschwellenden Klangkonstruktionen ist Frahm ein Meister.

Nils Frahm (Foto: Daniel Dittus, Pressefreigabe)

Dabei überschreitet er Genregrenzen von Neo-Klassik, Elektro und Ambient, so als gäbe es sie nicht. Es fühlt sich an wie eine Geschichte, die er uns mit seinen Tönen erzählt. Ganz langsam entwickelt sich ein dreißigminütiger, mit ein paar zaghaften Tönen begonnener Song, in ein wuchtiges, elektronisches Stück. Auch die zurückhaltenden Lichteffekte schwellen mit der Musik an und ab. Der gebürtige Hamburger spielt teilweise zwei sich gegenüberliegende Tasteninstrumente gleichzeitig, bedient unzählige Regler und Knöpfe, tanzt dabei. Er lässt Loops entstehen, die sphärisch die wuchtigen Bässe, eingespielte Chorstimmen und sein Klavier untermalen und so zu einer vollen, ganz eigenen Klangwelt arrangiert werden. Das Publikum ist beeindruckt. Es weiß, es sieht einem Genie bei der Arbeit zu. Nur manchmal lässt sich Frahm zu ein paar Ansagen hinreißen. Ein gelungener Kniff, eine Verbindung zum Publikum aufzubauen ist, es in seine Klangarrangements zu involvieren.

Anspielend auf sein neues Album mit dem Titel „Music for Animals“, bittet er das Publikum Tiergeräusche zu imitieren. Diese eigenwillige Mischung aus unter anderem Krähenkrächzen, Hundebellen und Vogelzwitschern der über 2000 ZuschauerInnen nimmt Frahm auf, spielt es langsamer ab und looped es. Dabei gibt sich der Pianist und Komponist auch mal humorvoll. Die ZuschauerInnen sähen nun, was er so im Büro macht. Als atmosphärisches Fundament untermalen die Tiergeräusche nun den nächsten fast halbstündigen Song. Wer hätte gedacht, dass die Zuschauer*Innen-Wildnis in etwas verwandelt werden kann, das sich so gut in die spektakulären Kompositionen verweben lässt.

Nils Frahm (Foto: Daniel Dittus, Pressefreigabe)

Man hat das Gefühl, dass Frahm sich in eine Art Trance spielt, die ganze Zeit komplett in seine wirklich fesselnden Klänge versunken. Langsam, während des Abebbens der wuchtigen Sounds, hört man wieder die simulierte abendliche Wildnis des Publikums wieder. Ein weiterer Bogen wurde gespannt. Zwischendurch zeigt Frahm sein Talent am Klavier. Etwas klassischer gehalten, spielt er sehr schnelle, recht repetitive Ausschnitte aus seinen Kompositionen. Es ist wirklich surreal schön in der Elbphilharmonie zu spielen, meint Frahm. Surreal schön trifft es auch, was das Publikum von ihm dargeboten bekommt. Noch etwas rhythmischer wird es beim vierten Song. Frahm widmet sich nun besonders seinen Reglern und Mischpulten. Würde man nicht gerade in der Elbphilharmonie sitzen, wäre man versucht zu seinen energievollen elektronischen Beats zu tanzen.

Nils Frahm (Foto: Daniel Dittus, Pressefreigabe)

Früher als erwartet, gibt es schon den letzten Song und eine Zugabe. Darunter einen beim Publikum bekannten und beliebten Song, „Says“ vom Album Spaces. Die Fans sind hellauf begeistert. Es gibt Standing Ovations für diese in der Tat virtuos dargebotene Show.

Links:
Nils Frahm

Die mobile Version verlassen