Muss man sich um die TUI-Arena etwa Sorgen machen? Heißt TUI nicht mehr Touristik sondern Terrarium Union International? Und ist die TUI-Arena nicht etwas überdimensioniert für ein Echsen-Treffen? Leguane, Eidechsen oder Chamäleons werden an diesem Abend nicht gesichtet, dafür ganz viele EX-sen. Den Ex-Sänger von Chicago, den EX-Sänger von Supertramp und ein EX-Spice-Girl. Das Ganze wird dann noch abgerundet mit einer nicht mehr ganz jungen Boyband, einem ganz jungen Nachwuchsstar, einem richtig großen Orchester und John Miles.
Wenn man immer von EX, EX, EX schreibt, hört sich das sehr despektierlich an. Der Ehemalige von der und der Band. Lebt der noch? Kriegt der das noch hin? Jaaa, zu 1000 Prozent. Diese Künstler haben Großes für die Musik geleistet, großartige Songs geschrieben. Geschrieben für die Ewigkeit. Hier trifft Classic Rock auf Classic Pop auf Classic Klassik. Es ist Night of the Proms. Ausverkaufte TUI-Arena in Hannover.
NOTP ist die ganz bunte Tüte, die Tüte der scheinbaren Gegensätze. Klassik und Pop vereint in einer Melange aus Licht, Farben und natürlich Musik, Musik, Musik. Für jeden was dabei. Von acht bis 80. Für den Arbeiter bis zur Professorin.
Begleitet werden die Stars vom gewohnten Proms-Sinfonieorchester, das sich Anfang des Jahres in Antwerp Philharmonic Orchestra (APO) umbenannt hat. Ebenso mit dabei sind der Chor Fine Fleur sowie die NOTP Backbone Band und die Pretty Vanillas. Dirigiert wird die Show von Alexandra Arrieche. Allein diese Frau ist das Eintrittsgeld schon wert. Die rassige, schwarzhaarige Brasilianerin versprüht Hingabe, Feuer, Leidenschaft. Jetzt aber nicht abschweifen. Hinein in den Abend. Los geht’s ganz klassisch mit nicht nur La La, sondern „La La Land“. Ganz großes Kino diese Ouvertüre zum oscarprämierten Kassenschlager. Danach noch Beethoven´s 4te und Romeo und Julia und schon hat man gute Laune. Und das war nur das Vorspiel.
Music was my first love
And it will be my last.
Music of the future
And music of the past.
Wenn man als Act nur eine Vorgabe von drei bis fünf Liedern hat und dann noch als Opener auf die Bühne muss, um Stimmung zu machen, ist das nicht so einfach. Bei Culcha Candela tanzt der Saal nach drei Minuten. „Hamma“ in der Calypso-Version ist noch etwas ungewohnt, aber bereits beim zweiten Song gibt’s den Culcha-Walk und 8700 Fans gehen ab, im wahrsten Sinne des Wortes.
Und das „Von Allein“. Erstmal warm geworden gibt’s dann noch „Monsta“ und die Halle tobt. Das kann nur Culcha.
Die zweite Künstlerin an diesem Abend hat schon überall gespielt. Carnegie Hall, Im Weissen Haus, beim Montreux Jazz Festival oder in der Hollywood Bowl. Da könnte man glatt meinen da kommt eine erfahrene 50-Jährige auf die Bühne. Aber weit gefehlt. Emily Bear ist tatsächlich erst 16, in Worten eins und sechs. Sweet Sixteen und aus den USA. Und sie hat ihre eigene Bühne. Mit ihrem Klavier auf einem Videowürfel sitzend schwebt sie herein und über das Publikum hinweg. Was für ein Auftritt.
Hier trifft perfekte Fingertechnik auf Charisma. Von ihr werden wir noch viel hören, aber bitte bitte nicht abheben, außer man schwebt herein.
Uwe Bahn moderiert durch den Abend und macht das gewohnt gut, mit viel Witz. Er hat die Macht. Die Fernbedienung für das Orchester. Laut, leiser, Bach, Mozart, Zurück- und Vorspulen. Das Orchester funzt auf Knopfdruck. Sehr amüsant.
Eine NOTP unterliegt auch Stimmungsschwankungen. Hört sich zunächst negativ an, ist aber genau das Gegenteil. Wenn in einem Moment noch Partystimmung herrscht gehen beim nächsten Künstler schon tausende Lämpchen im Publikum an. Zeit zum Kuscheln und Schwelgen, Romantik ist angesagt. Und Peter Cetera ist genau der Richtige dafür.
Zusammen mit seiner Band Chicago hat er Welthits geschrieben. Der 73-jährige ist der Gentleman des Abends. Die graue Eminenz. Er hat nach eigenem Bekunden mächtig Spaß bei den Shows in Deutschland, mit den Kollegen und überhaupt und sowieso. Am liebsten würde er im nächsten Jahr wiederkommen. Auch wenn bei Hits „Hard to say I´m sorry“ viel Schmelz in der Stimme liegt, man nimmt ihm das Gefühl ab. Ja bitte Peter, komm wieder.
Nach der Pause geht es, wie könnte es anders und schöner nicht sein, mit Klassik weiter. Hallelujah Messias von Mozart. Hallelujah, nein Haaaallllelujaaah auch für die nächste Künstlerin. Ex-Spice-Girl Melanie C weiß was sich gehört: erst mal entschuldigen beim Publikum. So hat sie doch in 2005 für einen Videodreh ihres Top-Hits „First Day of my Life“ auf der Raschplatz-Hochbrücke in Hannover den Verkehr lahmgelegt. Dieser Stau hat sich zwischenzeitlich aufgelöst und die Hannoveraner haben ihr längst verziehen. Kraftvoll, sehr gut bei Stimme und immer noch very spicy legt Mel C einen überzeugenden Auftritt hin.
To live without my music
Would be impossible to do.
In this world of troubles,
My music pulls me through.
Was kann jetzt noch kommen? Der Godfather of NOTP himself. Der Mann, der immer dabei ist. Mit seiner Hymne. „Music“ hat John Miles Musikgeschichte geschrieben. Genau für solche Gelegenheiten, große Bühne, großes Orchester, hat er dieses Lied geschrieben. Schon tausendmal gehört, aber nie war es schöner als hier und heute. Und nächstes Jahr wieder und wieder und wieder. Ohne dieses Lied ist die Night nicht die Night. Verstanden? Jawohl Nachricht erhalten und verstanden. Mit einem Wort. Roger.
Roger Hodgson. Das Beste kommt immer zum Schluß. Der Ex-Sänger von Supertramp taucht mit seiner Musik noch mal ganz tief ein in die Musikgeschichte. Rein in die 70er. Erst kommt „School“ und dann das Frühstück in Amerika. Sollte man nicht erst frühstücken, bevor man in die Schule geht? Egal. Hauptsache ein „Logical Song“. „Dreamer“ widmet er den Machern Jan Van Esbroeck und Jan Vereecke, den Erfindern des Konzepts Night of the Proms. Danke dafür.
Zum großen Finale sind erneut alle Künstler auf der Bühne und performen Coldplays „Sky Full of Stars“. Tosender Applaus. Standing Ovations. Das war eine richtig gute Night. Und nach der NOTP ist vor der NOTP. Der Vorverkauf für 2018 läuft bereits in der Vorhalle der TUI-Arena. Good Night aus Hannover.
Unsere Galerie stammt von der Premiere der NOTP aus Hamburg (by Torsten Volkmer bs! 2017):
Setlist:
-
- La La Land Ouvertüre Antwerp Philharmonic Orchestra
- 4te Sinfonie von Beethoven Antwerp Philharmonic Orchestra
- Romeo und Julia Antwerp Philharmonic Orchestra
- Hamma Culcha Candela
- Von Allein Culcha Candela
- Monsta Culcha Candela
- 40. Sinfonie Mozart Antwerp Philharmonic Orchestra
- Cartoon Festival Antwerp Philharmonic Orchestra
- Skyfall (aus dem James Bond-Film) Emily Bear
- Crazy Emily Bear
- Improvisation Emily Bear
- Bumble Bear Boogie Emily Bear
- Cyber Conductor Antwerp Philharmonic Orchestra
- If You Leave Me Now (Chicago song) Peter Cetera
- You’re the Inspiration (Chicago song) Peter Cetera
- Hard to Say I’m Sorry / Get Away (Chicago song) Peter CeteraPAUSE
- Hallelujah Messias von Mozart Antwerp Philharmonic Orchestra
- Never Be the Same Again Melanie C
- First Day of My Life Melanie C
- I Turn To You Melanie C
- Glory of Love / 25 or 6 to 4 Peter Cetera
- All By Myself (Eric Carmen cover) John Miles with Emily Bear
- Music John Miles
- Addicted To Love John Miles
- When You’re Gone (Bryan Adams cover) John Miles with Melanie C
- In der Höhle des Bergkönigs von Edvard Grieg Antwerp Philharmonic Orchestra
- School (Supertramp song) Rodger Hodgson
- Breakfast in America (Supertramp song) Rodger Hodgson with Emily Bear
- The Logical Song (Supertramp song) Rodger Hodgson
- Dreamer (Supertramp song) Rodger Hodgson
- Give a Little Bit Rodger Hodgson
- Sky Full of stars ALLE
Links:
www.notp.com/deutschland
www.culchacandela.de
www.mlebear.com
www.petercetera.com
www.notp.com/deutschland/john-miles
www.melaniec.net
www.rogerhodgson.com