Review: Talk´n´Roll im gallischen Dorf – Music and Stories (24.01.2020, Hannover)

Eigentlich ist an diesem Abend kein Mond in Hannover zu sehen. Es ist Neumond, sozusagen das Gegenteil von Vollmond. Also dunkel wie die Nacht. Doch das ist auch nicht so ganz richtig. Über der TUI-Arena leuchtet ein Mond, hell und strahlend. Silbermond haben 9000 Fans in die TUI-Arena gelockt und begeistern hier mit ihrem poppigen Rock oder ist es rockiger Pop? Egal, Hauptsache Stefanie Kloss plus Band erleben. Ob Steffi K. die Bands kennt, die zeitgleich nur wenige Kilometer entfernt, in der Swiss Life Hall auftreten, ist nicht bekannt. Sie ist tatsächlich zu jung, um diese Bands in ihrer Hoch-Zeit erlebt zu haben. Aber vielleicht haben ihre Eltern diese Bands ja schon live gesehen und ihrer Tochter davon erzählt und vielleicht sogar vorgeschwärmt. Von den Bands der 70er-Jahre, in der Musik noch reine Handarbeit war.

Drei Bands dieser Zeit treten an diesem Abend in der Swiss Life Hall in Hannover auf. Wishbone Ash, Nazareth und Uriah Heep geben jeder für sich ein Best Of ihres Schaffens. Music and Stories heißt das Konzept des Abends. Musik machen und in den Umbaupausen ein bisschen Plaudern, Fragen beantworten, Erzählen von den guten alten Zeiten. Dafür konnte Andy Scott von The Sweet gewonnen werden. Er gibt an diesem Abend den Moderator. Einen besseren Experten für die 70er-Jahre hätte mensch nicht finden können.

Da viele Menschen an diesem Abend mondsüchtig sind, hat sich nur ein eingeschworener Haufen von Fans in der Swiss Life Hall eingefunden. Umschreiben wir es mal so: Wir befinden uns im Jahre 2020 n.Chr. Ganz Hannover ist von Mondsüchtigen besetzt… Ganz Hannover? Nein! Eine von unbeugsamen Rockfans bevölkerte Halle hört nicht auf, dem Eindringling PopRock Widerstand zu leisten. Das nennt man dann wohl:

Talk´n´Roll im gallischen Dorf

Wishbone Ash (Foto: Michael Lange bs! 2020)

Den Opener an diesem Abend geben Wishbone Ash. Ja, man glaubt es nicht, diese Band gibt es bereits seit 1969. Sie schaffen es in knapp 50 Minuten nur 7 Songs zu spielen. Das ist ein Indiz dafür das hier Könner am Werk sind. Lange Gitarrensoli oder auch Gitarrenduelle liefern sich hier Gründungsmitglied Andy Powell und Mark Abrahams. Wishbone Ash gelten als eine der ersten Bands mit zwei Leadgitarristen. Andy Powell hat schon viele Gitarristen Kommen und Gehen sehen. Nach eigenen Worten 9 an der Zahl. Warum das so war? Keine Ahnung. Abrahams ist jedenfalls ein kongenialer Partner. Hier darf jeder mal leaden. Ihr geradliniger Rock mit Jazz und Folk-Einflüssen macht richtig Laune. Die Jungs sind ein eingespieltes Team. Eine Einheit. Ein super Einstieg in den Abend.

Wishbone Ash (Foto: Michael Lange bs! 2020)

You can laugh at me because I’m crying
You can tell your friends how much
I begged you to stay
You can live your fantasy without me
But you’ll never know how much I needed you

Nazareth (Foto: Michael Lange bs! 2020)

Über das Gründungsjahr neuzehnneunundsechzig können Nazareth nur lächeln. Sie gibt es bereits seit 1968 und haben mit Pete Agnes am Bass auch nur noch ein Gründungsmitglied in der Truppe. Sie gehören zu ersten Hard-Rock-Generation neben Deep Purple und Led Zeppelin. Und es wird auch gleich etwas rockiger und gefühlt auch lauter im Rockdorf Swiss Life Hall. Die gefühlt 1000 Fans bereuen ihr Kommen zu keiner Zeit. Die Stimme von Carl Sentance erinnert sehr an die von Dan McCafferty. Alles gut bei Nazareth. Sie können nicht nur rocken wie bei „Razamanaz“ oder ihrem größten Smash-Hit „This Flight Tonight“, nein die Herren können auch Balladen. „Dream On“ und der Super-Schmuser „Love Hurts“ fehlen bei keiner 70er-Compilation.

Uriah Heep (Foto: Michael Lange bs! 2020)
Uriah Heep (Foto: Michael Lange bs! 2020)

Auch der Top-Act hat an diesem Abend hat eine hohe Fluktuation an Band-Mitgliedern, vor allen Dingen im Bass- und Drums-Bereich. Einer der von Beginn an und immer dabei war, ist Mick Box an der Gitarre. Zusammen bildet er mit Sänger Bernie Shaw das Gerüst von Uriah Heep. Diese beiden Typen sind definitiv für die Bühne gemacht. Rampensäue des Rock´n´Roll. Sie machen Uriah Heep zu einer der besten Live-Bands weltweit. Hier trifft Spielfreude auf Spass. Spass an der Musik der 70er. Man merkt es, man nimmt es ihnen ab. Mick Box ist über 70, aber er spielt wie ein junger Gitarrengott. Die Hit-Dichte bei Uriah Heep ist noch mal etwas höher. Sie haben auch aktuelles im Programm wie „Grazed by Heaven“, aber die Fans erfreuen sich noch mehr an den Klassikern wie „July Morning“, „Gypsy“, „Look At Yourself“, „Easy Livin“ und natürlich der „Lady in Black“. Waahnsinn. Im gallischen Dorf war es richtig geil. Darauf noch schnell einen großen Schluck aus der Pulle mit dem Zaubertrank und dann raus an die Luft. Mal schauen was der Mond macht.

Galerien (by Michael Lange bs! 2020):

Setlist Wishbone Ash:

  1. The King Will Come
  2. Warrior
  3. Throw Down The Sword
  4. We Stand As One
  5. Jail Bait
  6. Phoenix
  7. Blowin‘ Free

Setlist Nazareth:

  1. Miss Misery
  2. Razamanaz
  3. This Flight Tonight (Joni Mitchell cover)
  4. Dream On
  5. Change
  6. Beggars Day (Crazy Horse cover)
  7. Changin‘ Times
  8. Hair of the Dog
  9. Tattooed on My Brain
  10. Love Hurts (The Everly Brothers cover
  11. Morning Dew (Bonnie Dobson cover)

Setlist Uriah Heep:

  1. Grazed by Heaven
  2. Too Scared to
  3. Take Away My Soul
  4. Rainbow Demon
  5. Gypsy
  6. Look at Yourself
  7. July Morning
  8. Lady in Black
    Encore:
  9. Sunrise
  10. Easy Livin‘
  11. Song played from tape Pomp and Circumstance March No.1

Links:
www.wishboneash.com
www.uriah-heep.com
www.nazarethdirect.co.uk

Michael Lange
Michael Langehttps://www.be-subjective.de
Michael Lange. MichaL ist der Methusalix in unserem Team. Ein Original, ein Sympath, ein Genießer von A wie Abba bis Z wie Zabba und im realen Leben ein Stepptänzer. »Jawohl, das mit dem KlackerdiKlack.« MichaL hat schon Rock’n’Roll gehört, da waren die Little Boy Blue and the Blue Boys noch grün hinter den Ohren. Man munkelt er konnte schon einparken, da gab es noch nicht mal Rückspiegel, geschweige denn Einparkhilfen. Dennoch ist die MichaL noch lange kein Oldy oder darauf fokussiert. The big L war plötzlich da. Zeitlos. Unerwartet und doch völlig freiwillig tauchte er in unserem Universum auf und bereichert es. KlackerdiKlack.

Weitere Artikel

Ähnliche Beiträge

Review: Mehr als nur eine Saga – SAGA live (26.11.2024, Hannover)

Saga, Saga, Saga. Was bedeutet dieses Wort eigentlich? Nun...

Preview: Nicht zu erwarten – Beth Hart live (2024)

Wenn eine Künstlerin im Blues-Bereich zuhause ist, denkt man...

Review: Verrückt, Verzückt, Verzerrt – Imminence live (23.10.2024, Hannover)

Am Anfang war das Feuer. Die Welt war irgendwie,...

Preview: Imminence kehren zur „The Black Tour“ auf die Bühne zurück [2024]

Imminence, haben in den letzten Jahren kühn ihre Nische...