Review: Mantar kommen und das Ende der Welt versinkt im Nebel (30.03.2017, Bielefeld)

Die Welt nimmt ihr Ende. Unter geht sie mit Donnerblitz und Donnerwetter, gehüllt in dichten Nebel. Wenn es nun zur letzten Schlacht geht, fordert der gemeine Habitus eine adäquate Einstimmung auf die Endzeit, geliefert wird sie bei Deathrite’s und Mantar’s Tourauftakt im Forum Bielefeld.

Deathrite (Foto: Rune Fleiter bs! 2017)

Grollen erschüttert Mark und Bein,
Lichtblitze durchzucken die weiße Brühe in der Luft.

Durch Bass und Gitarrenriffs windet sich ein klirrendes Becken. Köpfe nicken, Haare schwingen, Fäuste recken sich in die Luft und schneiden den Nebel, der unaufhörlich strömt. Wolken füllen den Raum bis mensch die Faust über dem Kopf nicht mehr erkennen kann.

Doublebass und Sirenen schallen aus dem Nichts. So läuten Deathrite aus Dresden die Endzeit ein, machen heiß auf Mantar’s Ode to the Flame, wärmen Nacken auf um Haare schwingen zu lassen, bringen das Blut zum Pulsieren.

Mistgabelgleich reckt Sänger Tony den Mikrofonständer in die Luft, dirigiert den Marsch in die letzte Schlacht. Köpfe rauchen, die Bühne raucht, eine Szene getränkt in blutrotes Licht. Das Publikum getränkt in Endzeitstimmung, Aufbruchs- und Kampfeslust, so wird das Schlachtfeld vorbereitet.

Von 100 auf Null in nur einer Umbaupause.

Deathrite (Foto: Rune Fleiter bs! 2017)

Aufprall auf die Nebelwand. Stimmungstief. Wohin ist die Kampfeslust verschwunden? Wurde die Endzeit doch noch abgewendet? Stroboskoplicht blendet, die Bühne unter dem Nebel kaum noch ausfindig zu machen. Zum Blitzlichtgewitter wird im Takt genickt, hier und da fliegen ein paar Haare (immerhin Shampooduft), ansonsten weicht die Motivation zugunsten allgemeiner Trägheit. Kaum geht die Welt doch nicht unter, ist keiner mehr bereit zu Kämpfen.

Das einzige, was der gemeine ostwestfälische Habitus noch mehr als solches outen würde, wäre rhythmisches Klatschen im Takt. Dazu scheint ebenfalls keine Motivation vorhanden zu sein. Songwechsel passieren nahezu applauslos.

Mantar (Foto: Rune Fleiter bs! 2017)

Musikalisch von der gewohnt besten Seite zeigt sich das Duo Mantar. Power von Song zu Song, ein Übergang jagt den nächsten. Balanceact auf dem Pedalboard, ein Rush zum Mikrofon, dazwischen noch akrobatische Posen von Sänger und Gitarrist Hanno Klänhardt. Gegenpol dazu ist Schlagzeuger Erinç Sakarya, stationär, präzise, auf dem Punkt.
Immer wieder verschwinden die beiden in dichter Brühe. Den Weg weisen dreiarmige Kerzenständer, eine Ode an die Flamme, Orientierungspunkt im weißen Nichts. Stück für Stück nimmt der Höllenritt an Fahrt auf. Hanno kämpft sich durch den Nebel, tritt immer woanders aus ihm hervor, kehrt zurück zum sicheren Heimathafen – Mikrofon und Pedalboard – und verschwindet wieder im Nirgendwo.

eine Ode an die Flamme

Mantar (Foto: Rune Fleiter bs! 2017)

Trotz Bemühungen seitens Mantar ist die Luft beim ostwestfälischen Habitus raus. Unsicherheit verdrängt Kampfeslust. Die Stimmung gleicht einer unsicheren Fahrt über nebelige Landstraßen, ostwestfälische Begeisterung eben. So ist es auch kaum verwunderlich, dass beim Abgang der beiden Musiker schon nach wenigen Sekunden der Applaus verebbt und ohne eine Zugabe endet. Zumindest letzteres ist man von Mantar gewohnt.

Mantar (Foto: Rune Fleiter bs! 2017)

Der Abend hinterlässt das Gefühl eines laschen Tourauftakts, keineswegs den musikalischen Fähigkeiten der Bands geschuldet, der Leidenschaft und Präzision der selbigen oder der, wenn auch sehr vernebelten, guten Lichtshow und Soundabstimmungen.
Eher scheitert es am Publikum, das sich nach anfänglichem Überschwang einer untätigen Schockstarre hingibt. Die ostwestfälische Mentalität nimmt eben doch Überhand.

Galerien (by Rune Fleiter bs!):

 

Deathrite (Foto: Rune Fleiter bs! 2017)

Setlist Mantar:

  1. The Stoning
  2. Praise The Plague
  3. Into The Golden Abyss
  4. Spit
  5. Cross The Cross
  6. Pest Crusade
  7. The Berserker’s Path
  8. Cult Witness
  9. Swinging The Eclipse
  10. Astral Kannibal
  11. The Huntsmen
  12. Era Borealis
  13. Sundowning
  14. White Nights
Deathrite (Foto: Rune Fleiter bs! 2017)

Setlist Deathrite:

  1. Breathing Doom
  2. Golden Age
  3. Predator
  4. Revenge & Reperations
  5. Determinate
  6. Wrathbringer
  7. Toxic Hammer
  8. Infernal Domination
  9. Ever Black
  10. Evil Arises
  11. Misfits

Links:
www.facebook.com/MantarBand
www.facebook.com/deathrite666

Daphne Dlugai
Daphne Dlugaihttps://www.be-subjective.de
Daphne Dlugai. Eine lebendige Mindmap aus einem Kessel Buntes, läuft wie ein Duracellhäschen, wenn man Kaffee, kaffee, kaffee (hier als Nomen, Verb und Adjektiv verwendet) in ihr System kippt. Oder Schokolade. Im Herzen eine Disneyprinzessin (definitiv Mulan, die anderen sind zu girly),  im echten Leben Teilzeitcholerikerin, audiophil Vinyladdicted und ist Daphne ein bisschen sonderbar. Oder war es Sonderpädagogin? Wir wissen es nicht so genau. Man munkelt sie ist wegen Schokolade auf Bewehrung und versucht diese Schwäche mit Bastelkram zu kompensieren. Funzt! Alles ist schöner mit Kerzen! Sogar Kerzen.

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