Start Events Konzertberichte Review: Die Sache mit dem Mut – Lena live (13.12.2017, Hannover)

Review: Die Sache mit dem Mut – Lena live (13.12.2017, Hannover)

Lena (Foto: Michael Lange bs! 2017)

Wenn man als junge Frau eine erste Lebensbilanz zieht, kann schon die Frage aufkommen ist das Glas jetzt halbleer oder halbvoll. Die Antwort als neutraler Beobachter kann nur lauten: halbvoll. Lena Meyer-Landrut hat in sieben Jahren schon so viel erreicht, das kriegen andere in ihrer Lebenskarriere nicht hin. Allein mit dem Gewinn des ESC hat sie sich in die deutschen Geschichtsbücher geschrieben. Danach kamen vier erfolgreiche Alben, Auszeichnungen zuhauf („Goldene Kamera“, „Echo“, „Cometen“ und  „MTV Europe Music Award“), Jobs als Synchronsprecherin, als Jurymitglied einer Castingshow und Markenbotschafterin für einen großen französischen Kosmetikkonzern. Und jetzt? Für sie persönlich scheint das Glas halbleer zu sein. Lena hätte die Flasche zum Nachfüllen da, aber wo ist nur der Öffner? Lena ist im siebten Jahr ihrer Karriere angekommen, im verflixten siebten? Sie will da raus, dieses Kapitel abschließen. Zeit für was Neues. Wo ist denn nur der Öffner?

Von all dem ist Lotta weit entfernt. Ihr Glas ist definitiv halbvoll. Lotta hat ihre eigene Lena. Aber die Schwester muss an diesem Abend zu Hause bleiben. Lotta hat richtig Bock auf die andere Lena. Ihr allererstes Konzert. Und der Papa begleitet sie. Mal sehen was sie später erzählt. Doch zunächst muss sie sich anstellen. Die Schlange vor dem Capitol ist lang, sehr lang. Und es nieselt und kalt ist es auch. Aber wegen dem Anstellen stellt Lotta sich nicht an. Sie ist happy. Gleich ist sie bei Lena. Juchhu.

Louka (Foto: Michael Lange bs! 2017)
Louka (Foto: Michael Lange bs! 2017)

Vorne L und hinten a. Nein nicht Lena eröffnet den Abend, sondern Louka. Noch nie gehört? Das wird sich ändern. Laut ihrer Plattenfirma ist Louka ist ein Glücksfall in der deutschsprachigen Popmusik. In den zwölf Songs ihres Debütalbums „Lametta“ singt sie über Begegnungen, Liebe, Trennungen, Freundschaften, Identitätsfindung und Erlebnisse im wunderbaren Königreich der Träume. Über sich selbst sagt sie: „Ich gehe oft ins Theater, lese viel, gehe auch ins Kino – ich extrahiere aus all diesen popkulturellen Momenten meine ganz eigenen Texte, die mit unserer ganz sparsamen, in ausgewählten Momenten freilich schier explodierenden Musik zusammengehen.“ Und die Plattenfirma übertreibt nicht. Louka´s Stimme ist einzigartig, mit hohem Wiedererkennungswert. Musikalisch bietet sie straighten Pop mit minimalistischen Arrangements und Synth-Melodien. Und die Texte? Schreibt sie alle selber. Die Wahl-Berlinerin ist eine Beobachterin. Eine mit Notizbuch. Und das hat sie immer dabei.

LOUKA: »Ich beobachte. Ich trage immer ein Notizbuch mit mir herum, um Zeilen aufzuschreiben, die mir begegnen — in der U-Bahn, auf einem Plakat, in der Zeitung, ein Fundstück beim Aufschnappen von Gesprächsfetzen. Aus diesen Zeilen collagiere ich meine Songs. Zuhause habe ich ein ganzes Bücherbord voll mit diesen Notizbüchern, die alle dieselbe Farbe und dasselbe Format haben. Das ist mein Textschatz, mein Steinbruch der Ideen und Sätze, aus dem ich schöpfe.«

Wie gesagt, wir werden noch viel von Louka hören. Mensch kann sich drauf freuen.

Like a satellite
I’m in orbit all the way around you
And I would fall out into the night
Can’t go a minute without your…

Kommen wir zu der Sache mit dem Mut. Übermut oder sogar Hochmut kann man Lena Meyer-Landrut nicht andichten. Sonst wäre sie längst zu Fall gekommen. Seit 2010, seit dem Gewinn des ESC, ist sie im Autopilot-Modus, das Navi hat nur ein Ziel: Erfolg. Und sie hat Erfolg, Erfolg bei allem was sie anpackt. Wenn man nur die eine Richtung kennt und irgendwann mal zum Nachdenken kommt, dann  erschreckt mensch sich vielleicht.  Lena ist nicht nur eine überaus attraktive junge Frau, sondern in gleichem Maße auch intelligente Person. Aber anscheinend kriegt sie es langsam mit der Angst zu tun.

Lena (Foto: Michael Lange bs! 2017)

So steckt sie laut eigenen Aussagen momentan mit ihrem neuen Album in einer „kreativen Krise“ und sagt ihre Tour für 2018 und das geplante neue Album ab. Um ihre Fans nicht ganz im Regen stehen zu lassen, macht sie eine Mini-Tour(„End of Chapter One“) quer durch Deutschland. Beginn ist in ihrer Heimatstadt Hannover und enden tut diese in ihrem Wohnort Köln. Wie praktisch.

Lena (Foto: Michael Lange bs! 2017)

Die Richtung des Konzerts ist gleich von Beginn an vorgegeben. Hier will jemand ein Kapitel abschließen. Das erste Kapitel ihrer Karriere. So ist es nicht verwunderlich, daß ihr größter Hit „Satellite“ gleich als zweites Lied kommt. Zack bumm. Bloß schnell Erledigen die Sache. Dies wird das etwas andere Konzert der Lena Meyer-Landrut.

Kleiner Break: Was macht eigentlich Lotta? Kurzer Blickkontakt mit dem Papa. Der hebt den Daumen. Und das Kind? Papa hebt die Lotta. Sie lächelt. Das sagt alles.

Vielsagend sind auch Lenas Ansagen. Knieend!! Hallloo? Da trieft die Demut nur so und benetzt den Boden vor ihr. Oder ist es dann doch der verschüttete Tee, der hier aufgewischt wird. Diesen „Kniefall“ macht sie insgesamt dreimal. Warum nur? Hat sie in diesem Maße gar nicht nötig. Die 1400 Fans im fast ausverkauften Capitol vergöttern ihre Lena. Das ist ihr Fräuleinwunder. Aber an diesem Abend muss man sich wundern über das Fräul..über diese wunderbare Frau. Dieser Demut verbunden mit dem im Hintergrund spielenden Film ihrer schönsten Momente mündet in Wehmut. Da fließt die eine oder andere Träne bei Lena. Und wo De- auf Wehmut trifft, kann schnell Schwermut entstehen.

Stop.

Jetzt ist aber Schluss  mit den negativen Gefühlen. Partytime. Lena hat neben ihren gefühlvollen Balladen natürlich auch schnellere Tanznummern drauf. Und was soll mensch sagen, die Frau kann sich bewegen. Und  singen. Und Stimmung machen. Geht doch.

Lena (Foto: Michael Lange bs! 2017)

Ihre Band hat sie um Geige und Cello erweitert. Ein gut eingespieltes Team liefert hier einen klaren, satten Sound. Zum Abschluss performt  die komplette Truppe passend zur Zeit ein schönes Weihnachtsmedley.  Mit „War is Over“ ist dann dieses Konzert auch over.

Und da Weihnachtszeit natürlich auch Wunschzeit ist, sollte bei Lena nur eines auf dem Zettel stehen: Ruhe. Ruhe und Gelassenheit. Wenn das Album nicht 2018 fertig wird, dann halt 2019 oder 2020 oder 20XX. Alles wird gut. Nur Mut.

Uuups. Da war doch noch was. Die Lotta. Wie hat es ihr gefallen? „Richtig, richtig gut“. Das sind ihre Worte. Und wenn Lotta das sagt, dann ist das auch so. Frohe Weihnachten.

Lena (Foto: Michael Lange bs! 2017)

Galerien (by Michael Lange bs! 2017):

Links:
www.fourmusic.com/index.php/artist/louka
www.lena-meyer-landrut.de

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