Vor kurzem war ich noch der Meinung beim Faust inzwischen alles gesehen zu haben. Beim 69 Eyes-Konzert vor knapp 2 Wochen war es proppenvoll und bereits vor Einlass standen Leute an. Sowas gabs noch nie… Doch war ich nicht auf das gefasst, was meine Augen erblickten, als ich am 1.März zum Kreator-Konzert wollte und durch die Toreinfahrt des Faust-Geländes trat. Eine lange Schlange bis hinter das Gebäude von Radio Flora. Menschen, die 100 Meter vom Eingang entfernt in der Kälte standen? Bin ich irgendwie in einer Parallelwelt gelandet? Gehorsam wie ich manchmal auch sein kann, reihte ich mich ein und im Stop-And-Go gings gen Halle. Allerdings hatte ich einige Male den Eindruck, ich säße irgendwo im Himalaya fest, da sich hinter mir 3 Kerle schon darüber einig wurden, wer wessen linken Oberschenkel essen durfte, falls man erfrieren oder fast verhungern sollte. An der dritten Birke vor dem Eingang versiegten dann auch noch die letzten Alk-Reserven und die Weicheier fingen endgültig an zu jammern. Wahre Männer halt. Doch vom Eingang kam einem inzwischen schon das ein oder andere traurige Gesichtchen entgegen… Ausverkauft? 700 Karten? Alle weg? Ich spürte deutlich die bösen Blicke auf meinem Rücken, als ich kurz darauf dem Herrn an der Tür "Gästeliste" entgegenhauchte…
Da ich eh ein wenig zu spät kam und dann im "Stau" steckte, verpasste ich den ersten Act des Abends Hatesphere völlig, abgesehen von dem Krach, der nach aussen drang. Den Kommentaren meiner langhaarigen Umstehenden nach, waren sie aber wohl ganz ok… muss wohl draussen an der Akkustik gelegen haben 😉
Ich kam jedenfalls pünktlich zum Bühnenumbau und Soundcheck in die Halle und erkämpfte mir mit Unterstützung meiner Ellenbogen einen Platz neben dem Mischpult. Von dort aus konnte ich zwar so gut wie gar nichts von der Bühne erkennen, aber abgebrochenes Etwas wie ich bin, wär das an jedem Punkt der Halle so gewesen und nach vorne wollte ich mich dann so ganz alleine doch nicht wagen… an Fotografieren war nicht zu denken.
Um 20:10 Uhr betraten Ektomorf die Bühne mit einem atmosphärischem Intro, das ein wenig morgenländischen Charme versprühte. Selbstverständlich nur bis zu dem Zeitpunkt, als die Herren aus Ungarn mit ihrer lautstarken Show loslegten. Die 4 hatten von Anfang an die Menge im Griff, selbst aus der Entfernung sah ich reichlich Haare fliegen und ich meine auch den ein oder anderen Stagediver erblickt zu haben. Was Ektomorf als solches betrifft…Geschmackssache. Thrash- / Tribal- Metal nennt man das, was sie fabrizierten, habe ich mir sagen lassen… aber das ist für mich Jacke wie Hose, da ich mit Kategorien im Allgemeinen wenig anfangen kann. Ich kannte sie bisher nicht und bin jetzt auch nicht plötzlich Fan, aber eigentlich waren sie trotzdem ganz ok. Ich konnte zwar nach wenigen Songs keinen wirklichen Unterschied mehr feststellen, dem geübteren Öhrchen und wirklichem Liebhaber dieser Musikrichtung wird es mit Sicherheit aber ein wenig anders gegangen sein, dem Jubel und Gegröhle nach zu urteilen. Unbekannt waren "Sänger" Zoltan und seine Truppe ebenfalls nicht, spielten sie doch bereits auf dem Wacken… Es wurde (mehr oder weniger) textsicher mitgegröhlt und die Aufforderung "Make some fucking noise" wurde ein ums andere Mal bedient. Eine Set-list habe ich leider nicht zu bieten, da ich die Band ja nicht kannte, aber der Titel des letzten Songs nach knapp 30 Minuten war herrlich einfach zu merken: "Fuck you all".
Eine kleine Verschnaufpause für meine Ohren, steigender Alkoholpegel um mich herum und 20 Minuten später kamen pünktlich um 21 Uhr die Schweden Dark Tranquillity an ihre Instrumente. Auf diese Band hatte ich mich sogar gefreut, weil mir ihr aktuelles Album "Character" doch ganz gut gefiel. Dark Tranquillity schaffen es, zwischen all dem Krach und Gegröhle, was mit Death- oder "was auch immer"-Metal einhergeht, eine deutlich erkennbare Melody (Keyboards sei dank) und doch trotz gluturaler Artikulation einen erkennbaren Gesang zustande zu bringen, was mir persönlich sehr wichtig ist. Sie hatten kaum angefangen zu spielen, da kochte bereits die Halle, dass man hätte meinen können, der Headliner steht bereits auf der Bühne. Das Publikum empfing sie euphorisch (denn auch sie waren bei Weitem nicht unbekannt) und setzte diese Atmosphäre auch weiter durch. Ob sie nun Stücke ihrer früheren Werke zum Besten gaben oder dem Publikum etwas von "Charakter" um die Ohren hauten, alles schlug ein wie ein Bombe und war die Halle vorher schon am Kochen, so dampfte sie während Dark Tranquillity auf der Bühne alles gaben. Sauna ist ein Dreck dagegen. Nach 50 Minuten war der Zauber leider zuende und nachdem sie sich mit einem "Hanover fucking rocks!" verabschiedeten, verliessen sie die Bühne und der Umbau für Kreator konnte beginnen.
Da ich nur wenige Songs kannte, aber leider nur vom Hören, nutze ich die Gelegenheit und bat den Herrn am Mischpult um die Set-List. Und musste feststellen, dass ich bei den ersten Konzert, wo ich wirklich eine Set-List gebraucht hätte, ausgerechnet an ein Genie geraten war der die Set-Lists aller 4 Bands im Kopf hatte. Es sei mir also verziehen, dass ich keine Liste liefern kann…
Nachdem ich 2 Mal blöd angelabert wurde und einmal um meine Haare beneidet wurde *g* ("Machst du da Dünger dran?") steigerte sich die Anspannung in der Menge noch einmal, als Kreator um 22:10 Uhr auf die Bühne traten. Erst ist die Band in Lila Dunst gehüllt, dann beginnt die Lichtshow und die etwas veränderte Deko kommt in Sicht. Ich konnte zwar nicht erkennen, was das Bild im Hintergrund darstellen sollte, aber es war herrlich surreal. Ich mag sowas. Was ich weniger mochte, war dann leider die Musik von Kreator… im Gegensatz zu so ziemlich jedem anderen in der Halle, schliesslich waren sie wohl nur wegen dieser Band angereist. Ob es Absicht war oder ein Fehler beim Soundcheck weiss ich nicht, aber die Akkustik schien mir irgendwie schlechter als bei Dark Tranquillity. Die Drums kamen recht dumpf, die Becken dagegen ziemlich laut und für meine Ohren störend, aber vielleicht lag es auch an der Musik selber, dass ich keinen großen Spass an der Sache hatte. Aber ich spiele gerne mal Opposition inmitten ihrer Anhänger, die allesamt doch sichtlich ihren Spass hatten. Kreator spielten nicht nur für, sondern auch gerne mal mit dem Publikum, liessen sie "singen", forderten sie auf aggressiver und härter zu werden, zu moshen bis es von den Wänden tropft und es wurde mit Freuden Folge geleistet. Vielleicht in einigen Fällen zu intusiastisch, die Bierdusche für das Mischpult und mich war sicher nicht geplant und auch die Herren Techniker schienen nicht glücklich. Hätte es einen Kurzschluss gegeben, dann hätte der Verursacher schonmal rennen können, denn es hatte nicht den Anschein, als wollte irgendwer (ausser mir) in absehbarer Zeit aus der Halle raus, so sehr war man in seinem Element.
Nach knapp 2 Stunden wurde es nach 3 Zugaben und dem Versprechen wieder öfter nach Hannover zu kommen jedoch Zeit zu gehen… nach 4 Stunden beinahe non-stop-Metal hatte ich auch genug und freute mich auf die Stille der Nacht… wie poetisch…
Links:
kreator-terrorzone.de
darktranquillity.com
ektomorf.com
hatesphere.com
faustev.de (Club)