Review: Quiet is the new loud! José González mit The String Theory in Europa (25.09.2018, Zürich, Schweiz)

Die Ehre, den Abend zu eröffnen, fällt am heutigen Abend Barbarossa zu. Barbarossa – alias James Mathé – ist eine One-Man-Show am Keyboard. Zusammen mit seinem Tontechniker und der Welt der elektronischen Hilfsmittel lässt Barbarossa ruhige und sanfte Klänge entstehen, die zum Träumen einladen, aber auch voller Emotionen und klanglicher Höhenflüge stecken. Eine One-Man-Band, die wie eine ganze Band klingt und es versteht, die noch wenigen Zuschauer mitzureißen. Schade, dass nicht mehr Menschen schon früher den Weg in das ausverkaufte Volkshaus gefunden haben, um diesen Künstler zu erleben!

Nach einer kurzen Umbauphase beginnt sich die Bühne zu füllen: insgesamt 19 Musiker, der Dirigent PC Nackt und José Gonzáles betreten unauffällig die Bühne. Und dann passiert zunächst nichts. Erst nach einiger Zeit wagen sich erste zarte Töne von der Bühne: das leise Rascheln von Plastiktüten, das sanfte Summen der Streicher, vorsichtig unterstrichen durch das sonore Brummen der Blasinstrumente vereinen sich zu einem leisen Anschwellen harmonischer Töne, das zuletzt in dem ersten Song des Abends „Far Away“ gipfelt.

Wow, welch fulminanter Einstieg!

The String Theory (Foto: Silke Kemnitz bs! 2018)

Damit haben die Künstler die Erwartungen für den Abend hochgelegt. Aber an diesem Abend stehen auch viele hochkarätige Künstler auf der Bühne, die ihr Handwerk verstehen und Mut zum Experimenten haben. José Gonzáles, der schwedische Singer und Songwriter, der sowohl in Solo- als auch in Bandprojekten erfolgreich ist und dessen Musik auch auf dem Soundtrack von „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ zu finden ist. The String Theory, ein in Göteborg und Berlin ansässiges Künstlerkollektiv unter der Leitung von PC Nackt, welches neue experimentelle Wege bei der Verbindung von klassischer Musik und Pop geht und so einzigartige Klangerfahrungen schafft. Bereits 2017 begeisterte diese Kombination auf einer restlos ausverkauften Europatournee das Publikum und schafft es auch auf der diesjährigen Tournee problemlos an diesen Erfolg anzuknüpfen.

Jose Gonzales (Foto: Silke Kemnitz bs! 2018)

Die ruhig-minimalistischen Songs von José Gonzáles werden perfekt von The String Theory umgarnt und erweitert. Die klassischen Instrumente greifen das Thema des jeweiligen Songs auf, spinnen es vorsichtig weiter, entführen den Zuschauer in experimentelle Klangwelten, die mal in disharmonische Grenzwelten führen, mal in klangliche Orkane gipfeln, mal auf eine zauberhafte Reise in die Welt der Töne führen. Und das alles unter der Führung von PC Nackt, der komplett in seinem Element ist. So werden die eher kurzweiligen Songs von José Gonzáles teilweise deutlich verlängert. Die Zuschauer werden mit auf eine klanglich experimentelle Reise genommen, die an einigen Stellen für meinen Geschmack etwas zu disharmonisch und ausufernd ist, aber es immer wieder schafft eine emotionale Klangwelt zu schaffen, die verzaubert, mitreißt und fasziniert. Dazu trägt sicherlich auch die Spielfreude der Musiker bei, die zeitweise von ihren Stühlen aufstehen und durch ihr Engagement auch den Zuschauer in der letzten Reihe erreichen und zum Mitwippen bewegen.

Jose Gonzales (Foto: Silke Kemnitz bs! 2018)

Insgesamt war der Abend ein musikalisches Erlebnis der besonderen Art, was sich auch auf den glücklichen Gesichtern der Zuschauer und dem tosenden Applaus ablesen lässt. Gerade die Kombination von den gefühlvollen ruhigen Songs von José Gonzáles und den klassischen Instrumenten erschafft ein herausragendes Klangerlebnis und nimmt die Zuschauer mit auf eine wundervolle emotional-musikalische Reise an diesem Dienstagabend im Volkshaus Zürich. Wer dies verpasst hat, sollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, im weiteren Verlauf der Tour diese außergewöhnliche Kombination von Musikern zu erleben!

Jose Gonzales (Foto: Silke Kemnitz bs! 2018)

Galerien (by Silke Kemnitz bs! 2018):

Setlist José González:

  1. Far Away
  2. Crosses
  3. Abram
  4. What Will
  5. The Rorest
  6. Cycling Trivialities
  7. Vissel
  8. Heartbeats (The Knife Cover)
  9. Let It Carry You
  10. Stories We Build, Stories We Tell
  11. Teardrop (Massive Attack Cover)
    Encore
  12. Unknown (Instrumental)
  13. Down The Line
  14. Leaf Off / The Cave

Links:
http://jose-gonzalez.com/
http://barbarossamusic.com/

Judith Sander
Judith Sanderhttps://www.be-subjective.de
Es gibt Sucht-Charaktere, die entsagen und es gibt andere, die setzen sich ins Epizentrum ihres Verlangens. Nein, Judith ist keine Schweizer Taschenmesserwerferin, sie ist bekennend schokoladensüchtig und metzelt ohne zu zucken für ‘ne Toblerone oder Eiscreme oder Tobleroneeiscreme oder.. na jedenfalls: Die Frau ist echt Zucker, echt hart drauf, hat ein feines Näschen, legt sich für die richtigen Dinge ins Zeug, in die Kurve und nascht am allerliebsten an kleinen, unbekannten Bands in ruhiger Atmosphäre. Wer die olle Genießerin dennoch ans Messer liefern will, sperrt sie – in einen rosa Rüschen-Alptraum gehüllt – mit stinkenden Dränglern ins Musikantenstadl und nimmt ihr das letzte Milkyway weg.

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