Text: Torsten Arndt.
Ich habe sie beobachtet, gestalked, geherzt, beliked! Das ganze Jahr. Instagram-Storys aufgesaugt, Facebook-Post abgeleckt. Konzertmitschnitte noch und nöcher (rewind)et. Es ist ein steiles Jahr für sie. Eine Zeit voller Highlights. Und ich muss mich nicht weit heraus lehnen, wenn ich behaupte, dass nur der energiefressende Bitcoin in diesem Jahr performanter ist als sie. Die Rede ist von Gurr!
Gurr sind in erster Front Andreya Casablanca und Laura Lee. Sängerinnen, Gitarristinnen und Bühnenkanten-Übertreterinnen in zwei Personen. So weit, so unvollkommen informativ. So sieht es zumindest überall auf den ersten Blick aus. Aber in Gurr steckt viel mehr. An Gurr ist so viel mehr dran. Denn zu Gurr gehören ebenfalls Bassistin Sally Brown und Drummer Brandon Walsh. Und Selbige sollte man auf keinen Fall unterschlagen. Denn sie runden den verwaschenen Sound der Gitarren ab, gießen ihn in Harmonie und bilden die Basis für die Kraft, welche in Gurr steckt.
Gurr-Power im ganzen Saal
Diese, in dieser Zusammensetzung sehr gut abgeschmeckten Vier unternahmen neuerlich den Versuch, dass feierwütige Dresdner Publikum um den Verstand zu bringen und Host Groovestation gepflegt zu zerschmettern. Denn im Frühjahr waren Gurr schon einmal im Ostpol. Und das war schon ein äußerst verwegener Auftritt.
Ready, Set, Go! und ‚Atemlos‘ verließ als erstes das Kanonenrohr. Im „gurrischen“ Universum ‚Breathless‘ benannt. Verwechslung gänzlich ausgeschlossen. Kurz nachgeladen und mit ‚Computer Love‘ und ‚Diamonds‘ verließen zwei weitere Songs vom aktuellen Album ‚In my Head‘ das in Stellung gebrachte Geschütz.
Fuzzy Gitarren, ein treibendes Schlagzeug, sowie rhythmische Brüche sind das Markenzeichen der Berliner Rock-Band Gurr. Aber auch lieblichen Melodielinien und die dem Schreien entlehnten Stimmen von Andreya und Laura geben sich in ihren Songs wechselseitig die Klinke in die Hand. Garage-Punk steht da ganz oben drauf oder wie es die Damen von Gurr bezeichnen:
First wave gurrrlcore!
Salve um Salve, Song um Song schmetterten sie ins bereits schwitzende und tanzende Publikum, bis sich die unerwartete Vorstellung eines neuen Songs angekündigte. Aufgehorcht! Von neuen Songs ist bisher noch keiner vollständig durchgesickert. Die Spannung steigt.
‚Middleton Fall‘ ist ein Neuer
Mit ‚Middleton Fall‘ ist den Lieben auf der Bühne ein ganz feines Stück Musik gelungen. Ich möchte sogar so weit gehen und behaupten, dass sie mit diesem Song die nächste musikalische Evolutionsstufe mit Bravour gemeistert haben. Ein klassischer Gurr-Song mit einer Nuance weniger Riot in der Vene, ohne dabei an Esprit zu verlieren oder ins Kommerzielle abzudriften. Das macht Hunger auf mehr.
‚Rollerskate‘ war an der Reihe und das in Freude und Begeisterung taumelnde Publikum setzt sich hin. Wieso? Frau Casablanca fordert sie dazu auf und instruierte weiter, dass mit Starten des Refrains aufzuspringen sei. So befohlen, so direkt befolgt. Das „Inlining“ startet und die Fans gehorchen natürlich aufs Wort. Der Saal springt und tanzt beim Refrain. Aber wer sitzt? Frau Casablanca. Sie schafft es lustigerweise nicht zum Refrain aufzuspringen, was für Gelächter im Saal sorgt.
Ihre Hits ‚Moby Dick‘, ‚Yosemite‘ und ‚#1985‘ sprengen nun alle Ketten in der Groovestation. Es gibt kein Halten mehr, längst haben die Vier das Publikum in ihren Bann gezogen. Das Konzert biegt in die Zielgerade ein und mit ‚No New Friends‘ und ‚Helter Skelter‘ in der Zugabe findet ein ausgesprochen kurzweiliges und mitreißendes Konzert ein würdiges Ende.
Als Allüren frei, unverkrampft und anständig möchte ich dieses musikalische Highlight am Ende des Tages beschreiben, ohne dabei die wichtigste Erkenntnis aus den Augen zu verlieren: Die Gurrs entwickeln sich weiter!
Links:
https://www.facebook.com/Gurrband/
Veranstalter:
Aust Konzerte