Das Musikgeschäft ist knallhart umkämpft. Um hier etwas vom Kuchen abzubekommen, muss man entweder nachhaltig gut sein oder sich von der Masse absetzen. Ein sehr guter Marketing-Trick ist die Maskierung. Keiner weiß, wer man ist, wo man herkommt, wo man hingeht, wie alt man ist und ob man in einer Beziehung lebt oder Single ist. Das weckt mediales Interesse und sorgt für Verkaufszahlen. Diese Legendenbildung hat schon international sehr erfolgreich bei KISS oder national gesehen bei Sido und Cro gefunzt. Nachteil ist, mensch könnte in einen Verfolgungswahn verfallen. Sind Fans oder Paparazzi hinter mir her? Bin ich hier sicher? Kann ich die Maske abnehmen? Das kann sehr problematisch sein.
Von all diesen „Problemen“ sind Candlemass meilenweit entfernt. Die schwedische Epic-Doom-Band würde sich wahrscheinlich wünschen, nachhaltiger im Musikgeschäft vertreten zu sein. Problem ist allerdings, dass diese Band genauso oft aufgelöst wie neugegründet wurde. Die Liste der ehemaligen Sänger reicht von hier bis Taka Tuka. Also fast.
Das die Jungs um Ex- undjetztwieder-Sänger und Frontmann Johan Langquist fleißig sind, kann man der Band nicht absprechen. Die Alben erscheinen regelmäßig und kommen in den Kritiken immer gut weg. Das Candlemass als Support leider nicht die verdiente Aufmerksamkeit erhält, könnte daran liegen, dass die Halle noch nicht komplett gefüllt ist. Die Fans versorgen sich zu diesem Zeitpunkt eher noch mit Getränken und Merch. Schade, verpassen sie doch hier ehrlichen handgemachten Rock und einen sehr markanten Sänger. Hoffentlich bleibt der Johan jetzt länger. Es wäre sehr zu wünschen.
Kurz vor Beginn des Haupt-Acts werden die 2700 Fans in der leider nicht ausverkauften Swiss-Life-Hall mit choralen Gesängen geärgert, wobei man das so eigentlich nicht sagen kann, sie werden eher eingestimmt.
Eingestimmt auf das HeavyDoomMetalHardDarkRock-Projekt Ghost. Diese Band hat sich konsequent auf das Stilmittel der Maskierung festgelegt und sind hiermit überaus erfolgreich, nicht nur in Schweden. Die Bandmitglieder treten ausschließlich schwarz gekleidet mit silbernen Masken auf. Nur der Ober-Ghost kommt weiß geschminkt mit schwarz unterlaufenen Augen daher. Das Besondere bei ihm: er wechselt des Öfteren das Outfit. Schwarzer Frack, weißer Frack. Schwarze Soutane, rote Soutane, Mitra, verziert mit einem umgedrehten Keltenkreuz, das als Buchstabe G durchbrochen ist.
Doch wer ist der Typ mit dem Menjou-Bärtchen? Er selbst nennt sich Cardinal Copia. Doch wer ist der Typ wirklich? Nun ja, 2 Jahre hat es gedauert, da wurde er „enttarnt“. Zum einen haben ihn Fans auf der Straße erkannt, aber schwerwiegender ist dann doch die Tatsache, dass er von ehemaligen Bandmitgliedern auf Tantiemen verklagt wurde. „Shit happens“ hat sich wohl Tobias Forge gedacht.
Die Geister, die ich rief.
Aber egal, die Show geht weiter. Und diese Show ist echt mega. Forge hat sieben Musiker um sich versammelt. Er nennt sie „Nameless Ghouls“. 3 Gitarren, 3 Keyboards sind dabei. Wenn mensch genau hinschaut, erkennt man 2 Frauen.
Into your sanctum You let them in Now all your loved ones And all your kin Will suffer punishments beneath the wrath of God Never to forgive Never to forgive
Der Sound in der Halle ist für ein Heavy Metal -Konzert bestens. Mit „Ashes“ und „Rats“ vom neuen Album „Prequelle“ gehen die Grammy-Gewinner gleich in die Vollen. Stampfende Riffs paaren sich mit fetten Refrains. Forge ist Kreativkopf, Antreiber, Chef auf der Bühne. Immer wieder verlässt er links oder rechts die Bühne für Soli seiner Mitstreiter, um dann über eine Showtreppe wieder das Zepter an sich zu reißen. So inszeniert man sich. Tobi Forge hat Entertainer-Qualitäten auf Master-Mercury-Niveau.
Okkult-behaftet ist die Ghost-Show lediglich bei den Texten. Ansonsten ist das hier eher eine quietschbunte Rock-Show. Sound, Lightshow, Pyro. Perfekt. Ghost bieten das volle Effekt-Brimborium. Und irgendwie böse ist hier auch keiner. Die Gitarristen liefern sich hier eine amüsante Battle. Warum die Show sich in zwei Akte aufteilt? Achtung Phrase 1: darüber scheiden sich die Geister. Vielleicht brauchen die Fans eine P-Pause, oder doch eher die Musiker? Oder bedeutet P-Pause einfach nur das Nachladen mit Pyros? Die Unterbrechung ist auf jeden Fall kein Stimmungsbruch. Ghost machen da weiter, wo sie aufgehört haben. Die Fans wissen gar nicht wohin sie zuerst schauen sollen, weil immer Action auf der Bühne ist. Das ist Unterhaltung auf allerhöchstem Niveau. Forge spricht viel mit dem Publikum, stellt ausführlich seine namenlosen Dämonen vor, ohne hierbei Namen zu nennen. (Achtung Phrase 2): Sehr geistreich.
Das eher poppige „Dance Macabre“ ist nur ein Highlight von ganz vielen. Insgesamt werden es 2 1/2 Stunden Dauerdampf. Der Abend endet mit „Monstrance Clock“ als Zugabe. Die Fans sind begeistert. Uuuh was für ne Phrase. Wenn Ghost weiter so kreativ bleiben, ist dieses Projekt noch lange nicht ausgelutscht. Dann werden sie noch ewig durch die Musikgeschichte geistern. Uups Jetzt ist aber Schluss.
Galerien (by Torsten Volkmer bs! 2019):
Setlist Candlemass:
- Marche Funebre (From Tape)
- The Well of Souls
- Dark Reflections
- Astorolus – The Great Octopus
- Mirror Mirror
- A Sorcerer’s Pledge
- Solitude
Setlist Ghost:
- Act 1 Klara stjärnor (Jan Johansson song)
- Miserere Mei, Deus (Gregorio Allegri song)
- Ashes
- Rats
- Absolution
- Ritual
- Con Clavi Con Dio
- Per Aspera ad Inferi
- Devil Church
- Cirice (Extended Intro (Riff Off))
- Miasma (Papa Nihil on Saxophone)
- Jigolo Har Megiddo (Acoustic)
- Pro Memoria
- Witch Image
- Life Eternal Act 2
- Masked Ball (Jocelyn Pook song)
- Spirit
- From the Pinnacle to the Pit
- Majesty
- Satan Prayer
- Faith
- Year Zero
- Spöksonat
- He Is
- Mummy Dust
- If You Have Ghosts (Roky Erickson cover) (With band introduction.)
- Dance Macabre
- Square Hammer Encore:
- Monstrance Clock
- The Host of Seraphim (Dead Can Dance song) (From Tape)