Review: Fury In The Slaughterhouse – size doesn’t matter (05. + 10.03.2017, Hannover)

30 Jahre Fury in the Slaughterhouse live. TUI-Arena im Heimatstall ‚Hannover‘ innerhalb von 36 Stunden drei Mal ausverkauft. 36.000 Tickets in Windeseile an den Fan gebracht.

Rekordverkäufe, Superlative, Fangesänge.
Die Presse ist wohlwollend und begeistert.
Einstimmig.

Fury in the Sloughterhouse (Foto: Isabelle Hannemann bs!)

10.03.2017. Eröffnungsshow. Freitagabend. Frühlingsluft über Hannover, Pommesduft in den Gängen der Arena. Getränke zu Immobilienpreisen. Alles geordnet in Rang und Loge. Der Vorhang hält als Leinwand her, analoge Schätze aus dem Familienalbum, digital projiziert. Furyfans schmachten. Der Vorhang fällt (für meinen Geschmack zu spät). Irgendwas is ja immer.

Riesige Videoleinwand. Fury blasen Trump den Marsch, kriechen dem König der Affen gewiss nicht in den Arsch. Der Begriff ‚altersgerecht’ würde das Maul zerreißen, zumal er an den monströsen Gummipuppen der AC/DC & Puhdy-Shows zerschellt. Alles hier ist ohne ein Zuviel, sympathisch PC wie ein Pen in Marinchens Front National. Keine Pyro, kein Tamtam.

I’m gonna buy myself a trumpet
And then I’m learning how to blow
When Ive got it

Fury in the Sloughterhouse (Foto: Isabelle Hannemann bs!)

Time to love. Die Fans, sie lieben Fury. Die Band liefert den Soundtrack zu (nicht nur) einer Liebe, die – so Wingenfelder – in den 90er Jahren auf einem Fury-Konzert begann, zwischen Menschen, die sich aus den Augen verloren und 2014 wiedergefunden hätten, die plötzlich im Scheinwerferlicht stehen, unter tausenden Augen, die Ronny in die Knie gehen und seinen Mut mit Küssen und Tränen belohnt sehen. Zu viele Tränen und Küsse, um hier von Kitsch zu reden. Den Mutigen gehört die Nacht.

„Won`t forget these days…“

 

Fury in the Sloughterhouse (Foto: Isabelle Hannemann bs!)

Time to wonder. Balladen getaucht in ein LED Lichtermeer, das funkelnde Sterne in die Arena zaubert, wenn man mit Kinderaugen, und einem offenen Herzen in jede Nacht neu mit Fury verbringt, als sei es das erste und einzige Konzert des Jahres. Für die Fans ist es genau das! DAS Konzert, das die Jahrzehnte wegwischt, das zum Klassentreffen erkoren scheint, das in dem Zusatz „in Originalbesetzung“ Vergebenes und Vergessenes versteckt.

Kai und Thorsten Wingenfelder, C. Punkt. Stein-Schneider, Gero Drnek, Christian Decker, Rainer Schumann und Gast-Gitarrist Martin Huch – vor dessen Fotos mensch sich verneigt – feiern 30 Jahre mit mehr als 30 Songs in mehr als 15 Shows. Anerkennung finden sie, getragen von einem Stimmenmeer, Tanzen, Arme, die verzückt und hochgerissen, die Luft teilen wie Glück. Wer singt, der bleibt.
Wolfgang Besemer – Initiator des Ganzen – hat das schon 2013 gewusst.

Fury in the Sloughterhouse (Foto: Isabelle Hannemann bs!)

Time to remember. Die Arenen und Shows, sie sind groß, imposant und doch wirkt das Geschenk, das die Band einer Handvoll Auserwählter wenige Tage zuvor macht – in seiner Kleinheit so viel größer als die mega Fury Deluxe Arenen Edition.

Fury in the slaughterhouse (Foto: Isabelle Hannemann bs!)

05.03.2017. Fury in the Slaughterhouse, ok, –Häuschen, genauer gesagt im Café Glocksee – einem alternativen Lindener Schuppen,1 in dem man an Klobrillen und -türen spart, um sie nicht putzen zu müssen, purzeln die üblichen Verdächtigen ins Dunkel.

Keine Friteusengeruch, dafür grüne Wolken und Feen zwischen Selfmade-Steampunk-Schweißkunstwerken und alles-kann-nichts-muss-Undergound-Irgendwas.

Hier bin ich zu spät,
hier kann ich sein.

Vermutlich hätte ein richtiges Pferd kaum auf die Bühne gepasst, die sechs Furyosen Musiker jedenfalls machen das Unmögliche möglich,
dehnen den Raum.
Unendlich.

Fury in the slaughterhouse (Foto: Isabelle Hannemann bs!)

Tatsächlich machen die FreundInnen und KollegInnen der Band beinahe mehr Stimmung, mehr Spaß, als die Tausenden, die ein paar Tage später in den Genuss des Sets kommen. Für Geschichten und Pointen lassen sich die Jungs hier mehr Zeit, die Witze sind dreckiger, die Zensur ein bisschen beschwipst, alles ist näher – nicht nur im übertragenen Sinne.

Fury in the Sloughterhouse (Foto: Isabelle Hannemann bs!)

Hier telefoniert der Papa mit dem fünf Wochen jungen Nachwuchs ‚Fiete‘ via Facetime, stolz und verrückt, um die Glocksee an die Wiege zu bringen. Momente, die unvergessen mit der Geschichte der Band verwoben bleiben werden wie die Verlobung von Ronny und seiner Liebsten im Scheinwerferlicht. Fury, Fiete, Ronny,.. wir sehen uns zum 40ten. In the Slaughterhouse. Wo sonst.2

Den Mutigen!

Galerien (by Isabelle Hannemann bs!):

Fury in the slaughterhouse (Foto: Isabelle Hannemann bs!)

Setlist:

  1. Dance on the Frontline
  2. Revelation
  3. Jericho
  4. Radio Orchid
  5. Warchild
  6. Dancing in the Sunshine of the Dark
  7. Things Like This
  8. 30 (It’s not easy)
  9. Milk and Honey
  10. When God Goes Home
  11. Then She Said
  12. Bring Me Home
  13. Riding on a Dead Horse
  14. Haunted Head and Heart
  15. When I’m Dead and Gone (McGuinness Flint cover)
  16. Trapped Today, Trapped Tomorrow
  17. Cry It Out
  18. Words
  19. In Your Room
  20. Love has gone home
  21. Are You Real?
  22. Every Generation Got Its Own Disease
  23. Won’t Forget These Days
    Encore:
  24. Won’t Forget These Days (Reprise)
  25. My Personal Everest
  26. Down There
    Encore 2:
  27. Kick It Out
  28. Bar Des Boulistes
  29. Time to Wonder
  30. Play Video
    Encore 3:
  31. Seconds to Fall
Fury in the Sloughterhouse (Foto: Isabelle Hannemann bs!)

Links:
www.fury.de
www.facebook.com/30-Jahre-Fury-in-the-slaughterhouse

Veranstalter:
Hannover Concerts

Anmerkungen:
1 Linden: Stadtteil von Hannover. Lindener halten Hannover für einen Stadtteil von Linden.
Zu den Unterschieden zwischen der großen Arena und dem Fotografieren in Clubs so groß wie eine Zigarrenkiste informieren wir Euch bald.

Die Open-Air Tour Dates:

  • 12.05.2017 Bad Segeberg, Kalkberg Arena
  • 13.05.2017 Aurich, Open Air Gelände
  • 22.07.2017 Mönchengladbach, Sparkassenpark
Fury in the Sloughterhouse (Foto: Isabelle Hannemann bs!)
Isabelle Hannemann
Isabelle Hannemannhttp://www.isabellehannemann.net
Die missratene Hypotaktikerin wird als Redakteurin Schrägstrich Fotografin bei be subjective! geduldet, hat versucht sich als freie Autorin und Herausgeberin verschiedener Artikel und Bände im Bereich der kritischen Sozialwissenschaft für Suchmaschinen selbst zu optimieren und will – wenn sie groß ist – mal sehen. Künstlerisch als Autorin und Fotografin mit diversen Bands und AutorInnen zusammenarbeitend, Texte zu Papier, Gehör und auf die Bühne bringend. Na dann Prost Mahlzeit!

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