Review: Euzen & Fiona auf Frühlingstour (19.05.2017, Lübeck)

Pünktlich zum Erscheinen des ersten Solowerks von Fiona Of Rivers And Tides wurde beschlossen, zusammen mit Euzen eine kleine Springtour von drei Gigs, in der Konzertpause von Faun, zu veranstalten. Nun stellt mensch sich die Frage: Wer supportet wen? Wie auch immer, so findet die zweite Aufführung in der alt ehrwürdigen Hansestadt mit den sieben Türmen statt. Lübeck gibt sich die Ehre.

Fiona: (Foto: Olaf Räwel)

Schauplatz des Musikspektakels ist in diesem Fall das TreibsAND. Dieses musikbegeisterte, offene Kollektiv betreibt den Schuppen ehrenamtlich auf dem Gelände der Wallanlagen der zum Verein Alternative e.V. gehört. Die Lübecker nennen das Gelände liebevoll Die Walli. Hier gibt es Wagenburgen, ein alternatives Café, aktive Flüchtlingshilfe und vieles mehr. So auch eine Räumlichkeit, in der Musik gefrönt werden kann.

Fiona: (Foto: Olaf Räwel)

Wer sich nun an dem heuteigen Tage hierher begibt, stolpert als erstes über eine mit Bierbänken ausgestattete, ellenlange Pavillonanlage, an deren Ende sich mehrere Grills anschließen und eine Schlange hungriger Menschen eine Schlange bilden. Sommergefühl macht sich breit. Es finden schnell diverse Gespräche statt, die ersten Biere gehen über den Tisch und es wird schon fast der Anlass des Kommens vergessen.

Es öffnen sich die Türen. Waren die nicht schon offen um Bier zu holen? Doch nun sitzt Jemand dort um Karten abzureißen oder sie zu verkaufen. Und der Raum füllt sich. Die Bühne ist geschmückt mit einem Flügel, Fiona´s Flügel.

Zeit ist nicht relevant.

Fiona: (Foto: Olaf Räwel)

Eine Stunde nach der angegebenen Zeit erscheint sie, einer nordischen Göttin gleich, Fiona. Bezaubernd schüchtern, fast schwebend gelangt sie an ihr Instrument. Die ersten Klänge des Liedes Homelands erfüllen den Raum und breiten sich in den Köpfen und Herzen des Publikums aus. Werden getragen in die Nacht, legen sich über die nachtschlafende Stadt und laden zum Träumen ein. Es herrscht Stille im Saal und gefühlt in der ganzen Welt. Und es endet nicht.

Zunächst folgt der Frühlingswalzer, welcher diesen Tag wirklich wiederspiegelt, über die Felder springt und das Gold der Rapsblüte bildlich erstehen lässt. Keltisch/Irische Einflüsse folgen auf Fiona`s Weise und beleben die Atmosphäre mit einer Leichtigkeit. Eine Art Magie, die alle durchdringt, mitnimmt in andere Welten aber viel zu schnell wieder frei gibt. Denn jede schöne Situation ist irgendwann vorbei.

Nach diesen atemanhaltenden Momenten gebrauch es einen Drink, um die trockene Kehle vom erstaunt offen haltenden Mund zu benetzen. Der Umbau findet in geregelter Routine statt. So dauert es nicht lange bis die Bühne ihr neues Styling zum Besten geben kann.

Euzen: (Foto: Olaf Räwel)

Euzen, gesprochen you seen [yoō-si:n] eine außergewöhnlich ungewöhnliche, oder ungewöhnlich außergewöhnliche Band aus Skandinavien. Schraubt man die Stimme von Björk mit dem Gedankengut von Tori Amos zusammen, würzt man es mit einer Prise Melancholie Beth Gibbons der Sängerin von Portishead und untermalt es mit den späteren jazzigen Melodien der Rainbirds, so bekommt man nicht annähernd das Spektrum des musikalischem Schaffens dieser Ausnahmeband zustande. Es hat den Anschein, die Avantgarde würde über den Haufen geworfen und neu zusammengebastelt werden. Und so startet gleich auch The Stage. Töne die wie ein Dampfer die Fracht ankündigt, die in den Hafen einfährt.

 

Euzen: (Foto: Olaf Räwel)

Elfengleich tänzelt Maria auf die Bühne und fesselt von Anfang an das Publikum mit den Oktaven ihrer Stimme. Von den Einen kaum erfasst, von den Anderen zu grell empfunden. Kränklich angeschlagen die Stimme selbst steuernd über ein Pad am Mikroständer.

Hoffentlich geht es gut.

Euzen: (Foto: Olaf Räwel)

Doch über Newbie ist bei Dwelling ist die Balance gefunden. Wie ein Derwisch fegt sie übers Parkett und verzaubert die Zuschauer/innen. Im Gegensatz zu der sonstigen Musikkultur ist das Schlagzeug optisch mehr im Vordergrund und auch die Bassläufe von Thomas sind prägender. Aber wonach wird getanzt? Nach dem Gesang? Nach der Melodie? Oder nach dem Rhythmus? Somit steht im Vordergrund worum es geht:

Es Maria gleich zu machen
und die musikalische Untermalung zu genießen.

Auch der neue Song Hourglass irritierte Niemanden und bei Phobia war wirklich alles auf den Beinen. So ging die Reise auch weiter. Der Saal schwitze und der Getränkeumsatz stieg an. Über Metamorph und Judged By geht es zu Catch Me. Kann da jetzt noch was kommen?

Eine Zugabe ist dann doch noch mit drin. Mit Great Escape beschließen Euzen ihren Abend und Maria lässt sich von Fiona nach Hause fahren. Bzw. ins Hotel.

Galerien (by Olaf Räwel bs! 2017):

Euzen: (Foto: Olaf Räwel)

Setlist Euzen:

  1. The Stage
  2. Newbie
  3. Dwelling
  4. Surreal
  5. Vilje
  6. Myriads
  7. Hourglas
  8. Vis A Vis
  9. Phobia
  10. Metamorph
  11. Wasted
  12. Mind
  13. Judged By
  14. Catch Me
    Encore:
  15. Great Escape
Olaf Räwel
Olaf Räwelhttps://www.be-subjective.de/
Olaf ist ein mediterran Scharfmacher sondergleichen. Seine Texte sind gewürzt mit den Tränen derer, die auf seiner heimischen, eigenhändig veredelten Chili-Plantage, den Mund zu voll genommen haben. Wenn er sich nicht gerade Live- oder Gaumenerlebnisse scharfzüngig zergehen lässt, jongliert Olaf mit sündhaft teuren Designmöbeln, erfindet die daoistische Harmonielehre neu und verbindet seine ästhetischen Leidenschaften mit Spaß. Olaf, so vermuten wir, ist eigentlich ein Akronym für Ordinary Lover of Art and Flavouring. Genug Rumgeräwelt. Das Spicegirl is(s)t scharf.

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