Review: Faun „Es geht um die Furchtbarkeit“ – Midgard Tour (24.03.2017, Kiel)

Nun haben die Faune ihren nördlichsten Punkt der Tour erreicht und gastieren im Kieler Schloss.

Schloss? Die Wirkungsweise dieses Komplexes gleicht eher einer Aneinanderreihung von Blöcken, welche auf einer Anhöhe über der Kieler Förde thronen. Dennoch ist es ein Gebäude mit einer langen Geschichte, die hier jetzt den Rahmen sprengen würde. Nur so viel sei gesagt. Das jetzige Erscheinungsbild ist auf einen Architektenwettbewerb zurückzuführen, der durch das Land Schleswig Holstein 1957 nach der vollständigen Zerstörung 1944 ausgerufen hatte. Die Räumlichkeiten sollten Säle für Musik, Vorträge, Bankette und Empfängen dienen. Die Gewinner, ein Hamburger Architekturstudio, schufen dieses markante Gebäude das nun seit 1965 immer noch stark kritisiert wird.

Faun (Foto: Olaf Räwel bs! 2017)

Doch zurück zum Konzert. Schon gleich beim Einlass gibt es Irritationen. Da an diesem Abend mehrere Veranstaltungen gleichzeitig stattfinden und es keine richtige Ausschilderung zu den einzelnen Events gibt, müssen vom Veranstalter viele Personen zu der richtigen Veranstaltung verwiesen, geleitet, geführt werden. Doch der fast ausverkaufte, große Konzertsaal des Hauses füllt sich zusehens mit Musikbegeisterten des Mittelalters, die wie bei einem Oper- Theaterbesuch ihre Sitzplätze zugewiesen bekommen. Denn dieses Konzert ist bestuhlt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass kurz vor Beginn ein Gong ertönt, der den kurzzeitigen Beginn ankündigt.

Und es wird dunkel.

Faun (Foto: Olaf Räwel bs! 2017)

Das Horn ertönt. Der Auftakt wird zum Prolog der gleichnamigen Tour. Nur von hinten angestrahlt folgt Lughnasad der Sonnenreigen. Da es jetzt schon einige nicht mehr auf den Plätzen hält, bittet Oliver nun diejenigen, die wollen, zu tanzen, ohne anderen die Sicht zu behindern. So werden die Gänge mit einer Schar an BesucherInnen besiedelt, die sich zu Federkleid in dem Lichtspektakel zu der Musik bewegen. Erfreulicherweise auch viele in Gewandungen.

Da man über die Nibelungen ganze Abende füllen könnte, wie Fiona bemerkt, kommt nun ein kleiner Ausschnitt aus dem Buch der Balladen.

Das Sigurdlied. Es geht um die Fruchtbarkeit.

Faun (Foto: Olaf Räwel bs! 2017)

Zu jedem Lied gibt es eine kleine Geschichte. Das wird im Folk, Pagan bzw. Mittelalter immer wieder deutlich. Nun geht es für die BesucherInnen darum ihr Balzverhalten an den Tag zu legen und bei der Walpurgisnacht mitzusingen was das Zeug hält. Das Kieler Balzverhalten hat sich in dieser Frühlingsnacht voll und ganz bestätigt und die Stadt wird keinen Mangel an Nachwuchs haben.

Dass es Nacht wird, beweist nicht allein die Nacht des Nordens oder die Blaue Stunde, welche sehr schön diese Zeit beschreiben, auch die Rabenballade wirft seinen schwarzen Schatten über das Land. Anders als in den vorangegangenen Songs geht es hier um die Sinnlosigkeit des Krieges und das Ausmaß der Hinterbliebenen. Auf die Interpretation des alten schottisch-gälischen Gedichtes Twa Corbies, vermutlich von Theodor Fontane geschrieben, ist nun erst mal Pause. Ach ja, Theateratmosphäre.

So vergnügt mensch sich am Merch-Stand oder genehmigt sich Getränke am Tresen, denn in den Saal dürfen keine Getränke mitgenommen werden. Und auch die Letzten, die ihre Jacke vor dem Konzert nicht abgeben wollten, weil sie ja zu sehr frieren, entledigen sich derselben und geben sie an der Garderobe ab.

Erneut ertönt der Gong.

Faun (Foto: Olaf Räwel bs! 2017)

Nicht mehr viel Zeit sein Getränk zu leeren oder die letzten Geschäfte, egal in welcher Art, zu erledigen. Schnell wieder rein. Hier gibt es nun eine Polka. Die Polska Fran Larsson gefolgt von einem Perkussion Solo. Es ist kaum einer zu seinem Platz zurückgekehrt, sondern tanzt in den Gängen. Wozu die Plätze fragt man sich unweigerlich, wenn man dieses Schauspiel betrachtet.

Der Klassiker Rosmarin erfüllt den musikalischen Duft bevor der nordische Göttervater Odin erscheint. Über Iduna, diese kalte Nacht, Brandandan, Rhiannon und Mc Beth neigt sich die Nacht dem Ende. Aber die Begeisterung des Publikums, den Applaus und Zugaberufe lassen die Spielleute erneut erscheinen. Hier zeigt der Gastgeiger Martin Seeberg zusammen mit Laura Fella, die die ausgestiegene Katja Moslehner ersetzt, sein ganzes Können.

Nun die Überraschung.

Faun (Foto: Olaf Räwel bs! 2017)

Hymn to Pan wurde lang nicht mehr live gespielt und kommt nun hier in seiner ganzen Fülle daher. Die Begeisterung reißt nicht ab. So dürfen die MusikerInnen nochmals raus kommen. Als Finale wird nun der König von Thule dem Publikum kredenzt und dann geht das Licht an. Was da bedeutet weiß wohl jede/r.

Wer trotzdem noch nicht genug hat, kann sich am Merch-Stand Autogramme holen, Gespräche führen oder noch das Eine oder Andere ergattern. So geht ein wundervoller Abend mit einer grandiosen Lichtshow und glasklarem Sound zu Ende.

Faun (Foto: Olaf Räwel bs! 2017)

Galerien (by Olaf Räwel bs!):

Setlist:

  1. Midgard Prolog
  2. Lughnasad
  3. Alba
  4. Sigurdlied
  5. Walpurgisnacht
  6. Nacht Des Nordens
  7. Blaue Stunde
  8. Rabenballade
    – PAUSE –
  9. Polska Fran Larsson
  10. Perkussion Solo
  11. Rosmarin
  12. Odin
  13. Iduna
  14. Diese Kalte Nacht
  15. Brandan
  16. Rhiannon
  17. Mac Beth
    Encore 1
  18. Wind & Geige
  19. Hymn To Pan
    Encore 2
  20. König Von Thule

Links:
www.facebook.com/FaunOfficial

 

Olaf Räwel
Olaf Räwelhttps://www.be-subjective.de/
Olaf ist ein mediterran Scharfmacher sondergleichen. Seine Texte sind gewürzt mit den Tränen derer, die auf seiner heimischen, eigenhändig veredelten Chili-Plantage, den Mund zu voll genommen haben. Wenn er sich nicht gerade Live- oder Gaumenerlebnisse scharfzüngig zergehen lässt, jongliert Olaf mit sündhaft teuren Designmöbeln, erfindet die daoistische Harmonielehre neu und verbindet seine ästhetischen Leidenschaften mit Spaß. Olaf, so vermuten wir, ist eigentlich ein Akronym für Ordinary Lover of Art and Flavouring. Genug Rumgeräwelt. Das Spicegirl is(s)t scharf.

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