So richtig hatte wohl niemand glauben können, dass dieses Konzert stattfindet. Wie soviele Shows war es wegen der Pandemie verschoben worden, mehrere Auftritte der dänischen Band Efterklang in Deutschland wurden schließlich ganz abgesagt. Doch Hamburg – Hamburg blieb auf dem Zettel. Und tatsächlich stand die Truppe, gegründet von drei langjährigen Kumpels, dann wirklich auf der Bühne des Uebel & Gefährlich. Anfangs wirkten alle noch etwas unsicher, was hier nun passieren würde: Efterklang-Sänger Casper Clausen versteckte sich in einem übergroßen Hoodie, aus dem nur die untere Gesichtshälfte herausschaute. Das Publikum wartete gebannt ab.
Und dann: Die ersten Klänge. In der Regel braucht es ja meist ein, zwei Songs, bis Sound und Lautstärke passen. Hier aber muss vorab schon ausführlich daran gefeilt worden sein, denn es klingt – perfekt. Von Anfang an. Mit dem satten, atmosphärischen „Alien Arms“ steigen die Dänen ein. Live unterstützt werden sie von der Musikerin Øyunn, die nicht nur das Schlagzeug übernimmt, sondern auch gelegentlich mit engelsgleicher, glasklarer Stimme als Backingsängerin einspringt.
Efterklang verweben sehr bedacht traditionelle Instrumente wie Gitarre und Drums mit Synthies und Elektrobeats. Heraus kommt dabei ein schwer zu definierender Klangteppich, irgendwo zwischen sphärischem Folk, hypnotischem Indierock und Elektropop. Es ist Musik, die bestaunt und gefühlt werden will, zu der man aber dennoch die ganze Zeit irgendwie mitwippen oder gar -tanzen will. Schön und schillernd. Und so vielseitig, wie sich Efterklang stilistisch präsentieren, singt auch Frontmann Casper Clausen: Er navigiert seine beeindruckende Stimme sicher durch die fordernden Songs, singt warm und tief oder hoch und berührend. Alles kein Problem für ihn. Und auch die Live-Situation ist ihm schließlich weniger unheimlich: Nach ein paar Nummern schiebt er sich die Kapuze aus der Stirn und präsentiert seine blondierte Wuschelfrisur, wenig später weicht der Hoodie ganz und Clausen singt im T-Shirt weiter. „Wir dachten, es regnet hier die ganze Zeit“, sagt er, „aber es ist ja Hochsommer!“
Die Begeisterung des Publikums, das von Anfang an bereitwillig jubelt, mitklatscht und -singt, färbt sichtlich auf die Band ab. Gitarrist Rasmus Stolberg bekommt das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht, und Sänger Clausen beginnt, charmant und etwas unbeholfen mit den Fans zu schäkern, ein paar Brocken Deutsch zum besten zu geben, gemixt mit Dänisch. Immer wieder überschüttet er die Zuhörer*innen mit Komplimenten und beteuert glaubhaft, dass man gar nicht damit gerechnet hätte, dass dieser Abend zu so einem Triumph werden könnte.
Zum Ende hin, nach gut anderthalb Stunden, gibt es dann nicht nur als Zugabe den großen Hit der Band, „Modern Drift“, sondern auch noch eine bemerkenswerte Version des Songs „Åbent Sår“: Zuerst sollen alle Anwesenden auf dem Clubboden Platz nehmen, während Casper Clausen in ihrer Mitte rein akustisch und ruhig zu singen beginnt. Doch dann setzt der Beat ein – alle springen auf, tanzen begeistert los, alles mündet in einer minutenlangen Technoorgie. Es ist genau dieses Spektrum zwischen verträumtem Folk und Exzess, der Efterklang auszeichnet. Und im Uebel & Gefährlich zeigten sie einmal eindrucksvoll ihr Repertoire – und ihr Herz.
Text: Martha Hoch
Galerien (by Jörg-Martin Schulze bs! 2022):
Setlist:
- Alien Arms
- Beautiful Eclipse
- Color not of Love
- Uden Ansigt
- i dine Ojne
- VI er uendelig
- Sedna
- Black Summer
- The Ghost
- Cutting Ice to Snow
Encore: - Hold me close
- Draginffky
- Living Other Lives
- Modern Drift
- Åbent Sår
- Real Life (LOL rmx)
- Step aside
Links:
https://efterklang.net