Review: Nachgeholt. Drangsal im Schlachthof (11.04.2019, Bremen)

23. März 2019. Drangsal. Bremen. Hochverlegt. Theoretisch.
Praktisch fällt das Ganze auf Grund eines kranken Max Grubers relativ kurzfristig ins Wasser – ein Nachholtermin wird jedoch schnell gefunden. Am 11. April, ein Donnerstag.

Mia Morgan (Foto: Thea Drexhage bs! 2019)


Trotz des Wochentages füllt sich der Schlachthof bereits zu Supportact Mia Morgan

aus dem Internet

Mia Morgan (Foto: Thea Drexhage bs! 2019)

bis in die hintersten Ecken. Mia Morgan benutzt Worte wie „stabil“ und „megageil“, wenn sie nicht grade mittels Macbook und Gitarre musiziert und von „Waveboys“ und „Wiedergängern“ singt – ihr großes ‚Goal‘ der Fernsehgarten. Auf die ältere Generation wirkt das ganze wie die leicht verrottete Reinkarnation unseres 90er-Lieblings Blümchen, ob wir dies ein zweites Mal brauchen sei an dieser Stelle dahingestellt.

Die jungen Menschen vor der Bühne scheinen jedoch sehr angetan von dem quirligen Blonden Internetsternchen. Tanzen wild, singen mit und werfen Blumen – kein Wunder, dass Mia Morgen funktioniert, ist der Sound dem Drangsals stellenweise gar nicht so unähnlich, aber leider längst nicht so ausgeklügelt und partiell ziemlich banal. Ein Macbook kann eben keine ganze Band ersetzen, lässt sich während der Umbaupause jedoch angenehm schnell von der Bühne rollen.

Drangsal (Foto: Thea Drexhage bs! 2019)

Bei der Drangsal – Band wird der Soundcheck noch selbst gemacht und der Jubel ist groß als die Jungs um Max Gruber die Bühne betreten. Bis zum eigentlichen Konzertbeginn dauert es dann aber doch noch eine ganze Weile.
Mit „Jedem das Meine“ wird das letzte Set der „Zores-Tour 2019“ eröffnet, von der vorangegangenen Krankheit Grubers keine Spur mehr, zum Glück. Die gesamte Band macht einen fantastischen Job, alle Töne sitzen und der Sound im Schlachthof ist wie immer ganz hervorragend, was besonders bei der großartigen Darbietung von „ACME“ mit seinem langen Instrumentalpart auffällt.  


Drangsal (Foto: Thea Drexhage bs! 2019)

Die Songs der beiden Drangsal-Alben „Harieschaim“ und „Zores“ werden wild durcheinandergemischt und ergeben dabei ein stimmiges Set. Das überwiegend junge Publikum vor der Bühne feiert jeden Song, während von den Rängen etwas aufmerksamer gelauscht und beobachtet wird, einen Grund zur Beschwerde wird an diesem Abend jedoch niemand finden.


Drangsal (Foto: Thea Drexhage bs! 2019)

 Bei der kurzen Indie-Anleihe vom „Hund am Strand“ kommen sogar einige Jungen und Mädchen der Aufforderung nach, ihre T-Shirts auszuziehen. Auch so menschelt es gut zwischen Band und Gästen. Durch ein paar kleinen Spitzen Grubers gegen das Publikum und auch gegen sich selbst, erklingen die ein oder anderen Lacher im raum – außer bei Bassist Sam Segarra. Kann dem Mal einer stecken, dass das Gesicht über 45 Muskeln hat?


Drangsal (Foto: Thea Drexhage bs! 2019)

Nach einem langen Instrumental und „Weiter nicht“ folgt die Zugabe mit einem versuchten Wunschkonzert.

„Was wollt ihr hören außer Turmbau zu Babel?“

TURMBAU ZU BABEL!

Tja, Arschkarte. So läuft das mit den Hits. Diese sorgen schließlich auch dafür, dass das getragene Spitzenshirt Herrn Grubers irgendeinem Fan irgendwann mal den 1,5fachen Wert bescheren wird. Eine goldene Zukunft! Nach dem Klaus Lage Cover von „1000 und eine Nacht“ versteht sich.


Drangsal (Foto: Thea Drexhage bs! 2019)

Galerien (by Thea Drexhage):

Setlist Drangsal:


Drangsal (Foto: Thea Drexhage bs! 2019)


  1. Jedem das meine
  2. Will ich nur dich
  3. Do the dominance
  4. Sirenen
  5. Magst du mich
  6. Love me or leave me alone
  7. Hinterkaifeck
  8. Der Ingrimm
  9. Und du?
  10. ACME
  11. Arche Gruber
  12. Laufen Lernen
  13. Weiter nicht
  14. Eine Geschichte
  15. Turmbau zu Babel
  16. Allan Align
  17. 1000 & eine Nacht

Links:

www.drangs.al
www.facebook.com/miamorgan

Thea Drexhage
Thea Drexhagehttps://www.be-subjective.de
Thea Drexhage hat Salma Hayek einiges voraus! 10 mm. Wie die meisten Frauen der Redaktion, Duffy, Beth Ditto, Joan Rivers oder Angus Young kann sie die MusikerInnen aus dem Bühnengraben also völlig problemlos sehen, wenn jemand ihren Hocker trägt, wird aber - das hat sie mit Salma dann doch wieder gemein - dennoch viel zu oft auf Ihre Körpergröße, ihre Mähne und ihre leicht misanthropischen Anflüge reduziert. Damit sie also nicht im nächstbesten Titty Twister von Sonnenunter- bis Sonnenaufgang Menschenmengen und Bläser mätzelt, halten wir “Aggro-Thea”, die zuvor ganze Landstriche in Mecklenburg Vorpommern ausgerottet hat, halbtags im spießbürgerlichen Oldenburger Exil an der langen Leine. Seither legt sich die scheißpünktliche existentialistische Besserwisserin analog mit Sartre, Camus & Kodak an und ja, auch wir müssen neidlos zugestehen, dass der Instagram-Account ihrer beiden Katzen “Salma” und “Hayek” mehr Follower pro Tag hat, als unser webzine im ganzen Jahr.

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