Start Events Konzertberichte Review: Kieran Robertson & DARKH – Trolle machen Krach (26.05.2017, Hamburg)

Review: Kieran Robertson & DARKH – Trolle machen Krach (26.05.2017, Hamburg)

DARKH (Foto: Dragana Urukalo bs! 2017)

Der erste Treffer bei Google nach „Kieran Robertson“ schmeißt direkt das Musikvideo zu seinem Cover von Cutting Crews(I Just) Died In Your Arms Tonight“ heraus und ganz nebenbei erfährt man, dass der Schotte gerade einmal süße 18 Jahre alt ist.
Der erste Eindruck: Schon wieder ein junger und charmant-wirkender Musiker, der versucht mit Rockballaden die Herzen unzähliger Mädels im Sturm zu erobern.
Jedoch sollte man sich nicht immer vom ersten Eindruck täuschen lassen. Denn Kieran kann viel mehr, als nur Herzen erobern.

Zusammen mit der tschechischen Band DARKH, dessen erstes durch Crowdfunding finanziertes Album „A Story Yet Untold“ im September letzten Jahres erschienen ist, machte er zwei kleine Musikbars in Hamburg und Berlin unsicher. DARKH selber standen 2013 als Vorband für KISS in Prag sogar schon mit KISS auf der Bühne.

Johnny Matters Unchained (Foto: Dragana Urukalo bs! 2017)

Zu aller erst ist aber die lokale Vorband Johnny Matters Unchained dran. Geschmückt mit einem künstlichen Wolfsfell samt Kopf, betritt Sänger Johnny Matters plus Band die Bühne. Und als wäre das nicht eh schon spektakulär genug, sind die Themen ihrer Texte wahrlich mutig gewählt.

„Ich sing gern über psychedelische Sachen…
Und die anderen machen den Krach dazu.“

Das trifft es auch schon wie den Nagel auf dem Kopf. Johnny Matters Unchained sind richtige Tabubrecher. Sei es über gespaltene Persönlichkeiten (Twisted Mind) oder auch ein Song über die eigenen Panikattacken (Mental Breakdown Pt.1 & Mental Breakdown Pt.2), mit einer Stimmgewalt schafft Sänger Johnny Matters diese Themen in den Vordergrund zu rücken.

Johnny Matters Unchained (Foto: Dragana Urukalo bs! 2017)

Mit „She Pays The Price“ wird höchstwahrscheinlich auch direkt das heikelste Thema des Abends angerissen. Die Message: Hört endlich auf über das Thema „sexuelle Gewalt“ zu schweigen.

Genretechnisch ist die Band schlecht irgendwo in eine Schublade zu stecken. Zwischen klassischem Gesang, wird ab und an mal gerappt oder gegrowlt und trotz klassisch eingesetztem Drumset, sind ab und an auch elektronische Drums hörbar.
Nach 9 Liedern haben die Konzertgäste verstanden, dass es der Band wichtig ist, Tabuthemen anzusprechen und ihnen mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Trotzdem sticht der Name des letzten Songs auf der Setlist irgendwie ins Auge.

I hate all the People“, klingt ja nicht gerade sehr Lebensbejahend möge man meinen, doch vom Klang her kommt der Song gar nicht so düster hervor, als erwartet wird. Ganz im Gegenteil, er geht sogar total ins Ohr.

„I hate all the People, All the People hate me“

Johnny Matters fordert mit Handgesten auf, mitzusingen. Und auch wenn das Publikum sich erst einmal unsicher umschaut, ob die anderen denn auch eventuell mitsingen, wird das ganze sogar recht spaßig. Wer hätte gedacht, dass kollektiver und gegenseitiger Menschenhass so viel Unterhaltung bietet?

„Und jetzt schaut ihr dabei alle mal grimmig!“ fordert der Sänger auf und muss lachen, als die Menge seiner Aufforderung nachkommt. Nach dieser musikalischen Hamburger Perle, geht es mit Kieran Robertson auf der Bühne weiter.

Kieran Robertson (Foto: Dragana Urukalo bs! 2017)

Mit Spannung und dem Schubladengedanken „Schmuserocker“ wird auf die Performance des jungen Musikers gewartet, ehe die Band sich auf der Bühne platziert. Kurz darauf trollt Kieran höchst persönlich die Autorin, indem er ihr auf die linke Schulter tippt, während er rechts an ihr vorbei der Bühne entgegenhopst. Alles klar, 1:0 für dich Kieran!

Direkt nach den ersten paar Songs kommt die positive Überraschung: Der energiegeladene Schotte kann mehr, als nur sanfte klare Töne singen. Wenn er nicht gerade frech in die Menge grinst, brüllt sich das Energiebündel die Seele aus dem Hals, während gleichzeitig der Bühne stampfend dem Erdboden gleichgemacht wird.

Kieran Robertson (Foto: Dragana Urukalo bs! 2017)

Trotzdem bleibt das Aufreißerimage an ihm kleben, denn zu gerne flirtet er hin und wieder mit dem Publikum und tauscht eindringliche Blicke aus, was ab und zu in richtige Starr-Wettbewerbe ausartet, weil keiner so richtig nachgeben will (2:0 für Kieran an dieser Stelle!).

Die Kommunikation hingegen scheitert oftmals, zu schnell redet der Sänger mit starkem Schottischen Akzent und durch den Hall der Lautsprecherboxen wird es nicht grade verständlicher.

Mit „Monster“ erreicht die Setlist energietechnisch ihren Höhepunkt. Harte Vocals gepaart mit krassem Sound und diesmal wird sogar die Hauseigene Bar beklettert. In dem jungen Alter weiß er definitiv, wie er gute Stimmung verbreitet.

“Oh I, I just died in your arms tonight
It must’ve been something you said
I just died in your arms tonight”

Natürlich darf an dem Abend auch nicht das Aushängeschild „I just died in your arms tonight“ fehlen, wobei die Band wegen Technischer Probleme auf eine zusätzliche Gitarre verzichten muss. Außer der zweiten Gitarre fehlt außerdem die powervolle Stimme, was nicht weiter schlimm ist, denn auch Balladen dürfen natürlich live performt werden. Allerdings wird dadurch deutlich klar, dass Kieran weitaus mehr kann, als nur Balladen singen.

Die überraschend gute Show des Jungmusikers geht viel zu schnell vorbei, doch hinterlässt einen guten Eindruck.

Nachdem Kieran und seine Band die Bühne verlassen haben, verlässt leider auch ein ziemlich großer Teil der bisher anwesenden KonzertbesucherInnen den Ballroom.

Als DARKH die Bühne betreten, ist die Anzahl der verbliebenen Zuschauer an knapp zwei Händen abzuzählen. Trotzdem gibt die Band um Sänger Touby auf der Bühne Vollgas, wenn auch der Blick in die Menge sehr ernüchternd sein muss. Doch sie schaffen es diesen Fakt irgendwie zu ignorieren und selbst schon beim ersten Song „F.I.N.E.“ geht die Post ab.

„F.I.N.E.
We obey her
She spins my mind”

DARKH (Foto: Dragana Urukalo bs! 2017)

Neben eigenen Songs aus dem Debut-Album „A Story Yet Untold“, gibt es auch zwei Cover auf die Ohren: Mick Jaggers „God gave me everything“ oder Alice Coopers „Schools Out“ funktionieren im DARKH style ganz hervorragend und Sänger Touby schafft es die Kleine Personenmenge zum Mitsingen zu bewegen. Außerdem kommen die dagebliebenen in den Genuss des neuen Songs „The Tryouts“.

Die 4 Musiker stecken an diesem Abend unglaublich viel Energie in ihren Auftritt, doch das Glück ist leider überhaupt nicht auf ihrer Seite. Mit „Motionless“ erreicht ihr Auftritt einen hervorragenden Höhepunkt, der Band sieht man ihre Anstrengung an, denn der Schweiß tropft. Leider gibt es für die Band keine Chance mehr das Konzert zum endgültigen Abschluss zu bringen. Ein Track vom Tape lässt mehr erahnen, Frontmann Touby kündigt auch schon an, dass es noch nicht ganz vorbei wäre, doch das Personal des Marias Ballroom muss leider einschreiten. Obwohl Touby noch versucht, mindestens einen weiteren Song herauszuschlagen, kommt es dazu einfach nicht mehr.

DARKH (Foto: Dragana Urukalo bs! 2017)

Ein Anwohner hatte sich über die Lautstärke beschwert, daher müssen die 4 Tschechen leider vorzeitig aufhören. Geknickt entschuldigt sich die Band dafür, dass die letzten beiden Lieder nicht mehr gespielt werden können. Drummer Andy sei einfach zu laut, grinst Touby.

„Thank you, Andy!“

Schon geht es zum Abbau, das Ende fühlt sich als Konzertgast einfach nicht richtig an. Es ist extremst schade, dass gerade DARKH so zurückstecken müssen. Doch auch das Personal von Marias Ballroom hat Mitleid mit den Jungs. So wird an der Bar bei einem Schluck Kehlenbefeuchtender Cola schnell klar, dass auch sie den vorzeitigen Abbruch schade finden, allerdings den Anwohnern entgegenkommen müssen. Wie es halt so ist, wenn in einer Wohngegend die Musikbar gegen halb eins in der Nacht immer noch laut Musik spielen lässt.

DARKH (Foto: Dragana Urukalo bs! 2017)

Zweifelslos ungerecht der Band gegenüber, doch nichtsdestotrotz insgesamt ein gut Gelungener Abend mit Musikalischer Vielfalt. Wer bis zum Ende geblieben ist, dem wurden ohne Zweifel drei wahre Ohrenschmäuse sondergleichen geboten.

Da lohnt es sich schon Mal, ein wenig Geld am Merchandisestand dazulassen.

Galerien (by Dragana Urukalo bs! 2017):

Setlist Johnny Matters Unchained

  1. The Wolf
  2. The Question Of A Nation
  3. The Fear
  4. Freedom Is An Illusion
  5. Twisted Mind
  6. Mental Breakdown Pt. 1
  7. Mental Breakdown Pt. 2
  8. She Pays The Price
  9. Lost In The Future
  10. I Hate All The People

Setlist Kieran Robertson

  1. Pathogen
  2. Beauty Blind
  3. Don’t Wanna Be Like You
  4. Wizard
  5. This World
  6. Monster
  7. Freak
  8. 21’st Century Bitch
  9. Why
  10. I Just Died in your arms tonight
  11. To Be In Love
  12. Secret Lover

Setlist DARKH

  1. F.I.N.E.
  2. I Wanna Be Free
  3. My Curse
  4. God Gave Me Everything (Mick Jagger Cover)
  5. The Tryouts
  6. Ain’t No Sin
  7. Schools Out For Summer (Alice Cooper Cover)
  8. Lights Out
  9. Bury Your Bones
  10. Running In Circles
  11. Motionless

Links:
Kieran Robertson:                           www.kieranrobertson.net
DARKH:                                               www.darkhofficial.com
Johnny Matters (Unchained):    www.johnnymatters.com
Marias Ballroom:                             www.mariasballroom.de
Mordhorst Music:                           www.facebook.com/MordhorstMusicMedia
Music Lights Berlin:                        www.musiclights-berlin.com

 

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