Review: The Dark Tenor – Klassik ist geil (25.02.2017, Erfurt)

Rockmusik ist toll, doch hin und wieder darf es auch etwas anderes sein. Zum Beispiel Klassik? Oder lieber beides in Kombination? Dass dies durchaus erfolgreich funktionieren kann, beweisen seit Jahren Festivals wie Rock meets Classik – oder eben auch der Künstler The Dark Tenor, der die Verbindung beider Stilrichtungen zu seinem Markenzeichen gemacht hat. Im Rahmen der „Nightfall Symphony“-Tour möchte der ausgebildete Sänger sein Motto „Klassik ist geil“ verbreiten. Am 25.02.2017 sind die Thüringer Fans in der Erfurter Alten Oper an der Reihe.

„Klassik ist geil“

The Dark Tenor (Foto: Janina Lindner bs!)

Der leere Platz vor der Alten Oper, zehn Minuten nach der offiziellen Einlasszeit, täuscht. Der Saal wird voll, nur wenige Plätze bleiben an diesem Abend ungenutzt. Das Publikum ist gemischt – schwarzbunt, jung und alt. Einige tragen „Klassik ist geil“-Shirts, einen schwarzen Umhang oder gleich das Gesicht des Tenors auf dem Oberarm.

Die Bühne ist erwartungsgemäß dunkel gehalten, hinter dem Schlagzeug stehen Orgelpfeifen, die im Laufe des Abends nicht nur als reine Deko dienen werden. Mit klassischer Hintergrundmusik werden wir auf den Abend eingestimmt.

Nach einem kurzen Intro startet The Dark Tenor pünktlich mit dem Ohrwurm „Toxic Rain“ von seinem aktuellen Album „Nightfall Symphony“. Goldene Schnipsel regnen vom Saalhimmel, das Publikum starrt gebannt zur Bühne. Die Maske hat der Sänger bereits vor Monaten abgelegt, der Faszination seiner Fans hat das aber offenbar keinen Abbruch getan.

The Dark Tenor (Foto: Janina Lindner bs!)

Dass dies kein reines „Sitz- und Lausch“-Konzert wird, zeigt sich bereits zu „Volcanoes“, bei dem das Publikum der ersten Aufsteh- und Mitsingaufforderung bereitwillig folgt. Doch der Dark Tenor – von seinen AnhängerInnen liebevoll „Dark“ oder „Darki“ genannt – hat nicht nur ein Faible für Klassik und Rock, wie er mit dem Cover „The Power of Love“ von Frankie Goes To Hollywood beweist.

Nach „River of Live“ verlassen die Musiker die Bühne, nur Keyboarder Eric und der Dark Tenor sind noch zu sehen. Bevor die Anwesenden im Saal ihre aus Schulzeiten stammende Textsicherheit zum deutschen Volkslied „Heidenröslein“ beweisen müssen, ist es Zeit für ein wenig Humor. Eric – ein Musiklehrer, der nicht nur auf seinen Körper reduziert werden möchte, auch wenn es ein Lehrkörper ist – findet, wir sind das beste Publikum, das er heute gesehen hat. Doch nicht nur bei den ZuschauerInnen möchte er sich einschleimen. Zur „Angst“ des Dark Tenors vor möglichen Textlücken beim „Heidenröslein“ meint er nur

eine monumentale Mannesgestalt wie du es bist, wird durch Fehler noch sympathischer.

Da muss selbst der Angesprochene lachen. Bei so viel Motivation klappt das „Heidenröslein“ natürlich problemlos. Für das nachfolgende lateinische „Pie Jesu Libera Me“ erscheinen die Cellisten Felix und Ilja  mit auf der Bühne, bevor zum eingängigen „Afterglow“, bei dem Rauch aus den Orgelpfeifen wabert, alle Musiker wieder mitspielen dürfen.

Nach einer guten Stunde und dem Song „Blindfold“, für den das Motiv aus Richard Wagners „Der Walkürenritt“ verarbeitet wurde, gehen alle Anwesenden in die Pause.

Der zweite Teil des Konzerts beginnt mit einem instrumentalen Stück, welches mir ziemlich bekannt vorkommt. Plötzlich formen sich in meinem Kopf Bilder eines Jungen names Bastian, der auf seinem Glücksdrachen Fuchur durch Phantásien fliegt. Natürlich! Die Unendliche Geschichte! Bei der dargebotenen Rockversion hält es die ZuschauerInnen – wenig überraschend – nicht mehr auf ihren Sitzen. Daran ändern auch die folgenden Songs wie „Renegades“ oder „The Brave never die“ nichts. Ein gelungener Wechsel aus rockigen und mystisch-balladesken Songs – dazu die Stimme des Tenors. Die Zeit verfliegt wirklich schneller als mensch denkt.

The Dark Tenor (Foto: Janina Lindner bs!)

Vor „Love is light“, ein Song in dem der geneigte Klassik-Kenner problemlos den ersten Satz von Mozarts 40. Sinfonie wiedererkennt, bedankt sich der Dark Tenor bei seinen Fans für den schönen Abend. Mit „Ode an die Freude“, bei der der ganze Saal mitsingt, verabschieden sich die Musiker vorerst von der Bühne.

Die Zugabe

… beginnt mit einem Coversong der Neuzeit. An „River flows on the Edge” hat sogar der südkoreanische Komponist Yiruma mitgewirkt. Auf dessen weltbekannten Klavierstück „River flows in you“ basiert nämlich der Song des Dark Tenors. Mit „The Hunger“ endet schließlich der musikalische Abend und das Publikum verlässt zum eingespielten „The Imperial March“ (Star Wars, “Darth Vader’s Theme”) den Saal.

Ja, manchmal ist Klassik wirklich geil.

Galerien (by Janina Lindner):

Set 1

  1. Intro
  2. Toxic Rain
  3. Heart of Gold
  4. Save You
  5. Volcanoes
  6. The Power of Love
  7. River of Life
  8. Heidenröslein
  9. Pie Jesu Libera Me
  10. Afterglow
  11. Blindfold
    PAUSE
  12. Die Unendliche Geschichte
  13. Haunted Hearts
  14. Dies Irae
  15. Renegades
  16. The Brave never die
  17. Shatter Me
  18. Mountain High
  19. After the Nightmare
  20. Love is Light
  21. Ode an die Freude
    Encore:
  22. River flows on the Edge
  23. Wild Horses
  24. The Hunger

Links:
www.thedarktenor.com

Janina Lindner
Janina Lindnerhttp://www.kleine-fotowelt.de/
Janina haben wir in der Mitte Deutschlands ausgesetzt, dort wohnt sie nun, wenn sie nicht gerade auf Festivals rumstreunt, bei einem Kater, der ihr gelegentlich Obdach gewährt. Sie hat als erste unser Bootcamp für Musiksüchtige mit “unbelehrbar” abgeschlossen und gilt als gemeingefährliches 80s Radar. Wir konnten die Frau nicht mal vom Singen im Auto abbringen, damit steht sie sich und ihrer Karriere als Taxifahrerin mit mindestens drei Halbtonschritten im Weg. Immerhin spricht sie fließend Ironisch und amüsiert sich auf Konzerten köstlich über die neidvollen Blicke Umstehender, wenn sie ihr "großes Rohr" auspackt. Janina liiiiebt ihr 70-200 mm und kann auch damit umgehen... Es kommt eben doch auf die Größe an.

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