Jaja, kaum glaubten wir, Sitzkonzerte endlich ein für alle Mal loszusein, kommt Danger Dan mit seinem Waldorf Bühnenklavier und farblich auf die bordeauxrote Bomberjacke abgestimmte Dr. Martens um die Ecke und bittet die Gäste, auf ihren Hintern verweilend zu lauschen – ohne (Wo)Manspreading, wenn’s geht! Neben Beinfreiheit soll der Abend auch sonst fair bleiben, so folgen direkt nach dem ersten Song „Lauf davon“ die Spielregeln.
Homophobe, frauenfeindliche, rassistische oder in jeglicher Form andere Arschlöcher fliegen raus.
Gut, die würde man jetzt eh nicht in erster Linie auf einem Danger Dan Konzert erwarten, aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Denn auch die Fanpost des Musikers ist nicht immer liebevoll, so finden sich ab und an anonyme Morddrohungen von freidenkenden Geistern wie Odin88 in der Post, wie Musiker ganz beiläufig erwähnt.
Neben zahlreichen Anekdoten, bei welchen er versucht, den Erfolg des letzten Jahres kleinzureden, dreht sich der Abend natürlich um die Musik und das 2021 erschienene Album „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“, welches zu Recht in aller Munde und Ohren war.
Während es mit Sicherheit die titelgebende politische Statementnummer war, die die meisten Gäste in den Schlachthof gelockt und Odin88 so verärgert haben dürfte, zeigt Danger Dan, dass er nicht nur durch Provokation, sondern beste Entertainmentfähigkeiten überzeugen kann.
„Und das ganz ohne Noten lesen zu können!“
Das Programm umfasst logischerweise überwiegend Songs von „DIAVDKG“, aber auch ältere Solostücke wie „Eine auf’s Maul“ und „Ölsardinenindustrie“ finden ihren Platz und werden an den aktuellen Sound des Musikers angepasst. Natürlich darf die vermutlich erste Coronahymne „Nudeln und Klopapier“ an nicht fehlen. Pandemie ist ja auch noch nicht vorbei, obwohl es sich an solchen Abenden immer ein bisschen danach anfühlt.
Adaptiert wird nicht nur das eigene Werk, sondern es wird sich kräftig im Punk bedient. Zu Slimes „Deutschland muss sterben“ oder Knochenfabriks „Filmriss“ wurde im Schlachthof sicher schon oft gepogt, aber selten so schön geschunkelt. Muss man ja auch erstmal schaffen!
Pazifismus? Nein, danke!
Die künstlerische Freiheit erlaubt es durchaus, mal die ein oder andere Naziklatsche zu besingen, aber auch Gewalt gegen sich selbst oder alte, weiße, Deutsche im Ausland ist dabei OK. Und selten gab es einen schöneren, zarteren Mitsingchor, als bei „Ich verprügelte die Sextouristen in Bangkok“,
Sextouristen in Bangkok vermöbeln ist politisch gesehen auch nur Quark
Doch ich würde es noch einmal tun
Wenn Penélope Cruz mich fragt
Doch es geht nicht nur um die Anderen. Rapper texten ja immer schon gern über sich selbst, aber selten so selbstreflektiert und selbstironisch, wie Danger Dan es tut. Vor allem in den ruhigen Momenten schafft er es dabei, auch die letzten Skeptiker*innen zu überzeugen. So zum Beispiel beim wundervollen „Tesafilm“, nach welchem er das zweite Mal die Bühne verlässt und Ständig Ovations, laute Pfiffe und wildes Fußgetrampel vom ausverkauften Hause erntet. Es geht ein weiteres Mal auf die Bühne. Mit „Filmriss“ findet der Abend sein Ende. Darauf erstmal ein Bierchen.
Danger Dan, bzw. Daniel, wie er dann in diesen Situationen irgendwie doch lieber genannt werden möchte, hat bewiesen, dass DWAVDKG“ zu Recht von vielen Seiten in den Himmel gelobt wurde, steckt dahinter nicht nur die fixe Idee eines neuartigen Soloalbums, sondern tatsächlich großartige, musikalische Unterhaltung.
Galerien (by Thea Drexhage bs! 2022):
- Danger Dan
Setlist:
- Lauf davon
- Nudeln & Klopapier
- Topf und Deckel
- Ode an den Mord
- Ingloria Victoria
- Das schreckliche Buch
- Meine Freiheit, deine Freiheit(Georg Danzer cover)
- Deutschland Muss Sterben(Slime cover)
- Eine aufs Maul
- Private Altersvorsorge
- Private Altersvorsorge 2
- Ich verprügelte die Sextouristen in Bangkok
- Ölsardinenindustrie
- Trotzdem
- Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt
Encore 1: - Eine gute Nachricht
- Tesafilm
Encore 2: - Filmriss(Knochenfabrik cover)