Review: Wer braucht schon Metallica – Black Label Society im Docks (29.03.2018, Hamburg)

29.03.2018. Hamburg steht im Zeichen des Metal. Während Metallica in der Barclaycard Arena die Massen unterhalten, findet ein paar Kilometer weiter im Docks das gemütlichere (und ganz bestimmt auch bessere) Konzert statt. Die Black Label Society hat es trotz der namenhaften Nebenbuhler geschafft, zuerst die Markthalle und nach anschließender Verlegung auch das Docks auszuverkaufen. Eine Schlange langhaariger, gut gelaunter Kuttenträger zieht sich über die halbe Reeperbahn und wartet vorbildlich auf Einlass, welcher sich etwas verzögert –

aber unter so dicken Haaren und Bärten friert Mann ja glücklicherweise nicht.

Während sich viele dutzend Springerstiefel den Weg ins Innere bahnen, schallt aus der Konserve Metallicas „One“. Ganz entgehen kann man den Master of Puppets also auch im Docks nicht. Auf der Bühne wartet bereits das Setup von Monolord, bis zum Beginn dauert es jedoch noch eine Weile. Das Bier fließt, die Stimmung wird schon vor Konzertbeginn ausgelassen, überall umarmen sich wildfremde, glückliche und viel zu nette Menschen, es scheint wie der Summer of Love – nur eben in Lederkluft statt Adamskostüm.

Dem ganzen Hippietum muss natürlich schnellstmöglich ein Ende gesetzt werden.

Monolord (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)

Die schwedischen Nachtschattengewächse Monolord betreten in fast völliger Dunkelheit die Bühne und beschallen das Docks mit schwerem, wummerndem Doom. Jeder Song dauert eine gefühlte Unendlichkeit, sobald das Publikum in ruhigeren Passagen beginnt zu applaudieren, setzen die Schweden noch eine Schippe drauf. Dieses Spielchen wiederholt sich bei sämtlichen Songs und sorgt für das ein oder andere Schmunzeln. Ansonsten gibt es bei Monolord nur wenig zu lachen. Die Songs sind düster und basslastig. Der Gesang nur wabernde Nebensache. Die Menge nimmt das Warm-Up dankend an, den größten Jubel gibt es jedoch, als nach etwa 30 Minuten das riesige Black Label Society – Banner vor der Bühne gehisst wird, um die Umbauarbeiten zu verdecken.

Monolord (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)

Durch den Vorhang erkennt der aufmerksame Gast bereits Zakk Wyldes mehrstöckige Gitarrenwand mit unzähligen Instrumenten. Bereits nach kurzer zeit verdunkelt sich der Saal erneut. Aus der Konserve schallt Wax Audios Led Zeppelin/Black Sabbath-Mashup „Whole Lotta Sabbath“, während sich die Musiker hinterm Vorhang sammeln und noch ein paar letzte Handshakes und Umarmungen austauschen.

Black Label Society (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)
Black Label Society (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)

Und dann, ganz plötzlich fällt der Vorhang. Von der Bühne grüßt Wylde mit dem ersten Riff von „Genocide Junkies“, das Publikum klebt sofort an seinen magischen Fingern. Und dort bleibt es erst Mal kleben. Die Black Label Society rast fortan fröhlich durch ihr Set aus aktuellen Nummern und alten Klassikern wie „Suicide Messiah“, welcher ganz klar einen der ersten vielen Höhepunkte des Abends markiert. Erst nach zehn Songs gibt es eine kurze Verschnaufpause. Der Saal wird verdunkelt – in Windeseile wird ein schwarzer Flügel auf die Bühne geschoben, an welchem Wylde stilecht mit einem Plastikbecher voll Bier Platz nimmt. Als der Herrgott das Talent verteilte, hat sich Wylde sicherlich 5x angestellt, denn auch das Klavierspiel geht ihm mühelos von den Fingern, während Dario Lorina die Leadgitarre übernehmen darf. Mit dem Dimebag Darrel gewidmeten „In this River“ folgt der nächste Höhepunkt, bevor sich Wylde zum „Blessed Hellride“ wieder eine seiner 50.000 Gitarren schnappt.

Black Label Society (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)

Kurz vor Ende dann wilde Aufregung unter den Securities. Wylde verlässt die Bühne, marschiert durch das aus allen Nähten platzende Docks, verschwindet hier und da unter den ZuschauerInnen und taucht letztendlich auf magische Weise an der oberen Balkonbrüstung der Tribühne wieder auf, ohne sein Gitarrenspiel auch nur einmal zu unterbrechen. Oben angekommen gibt der

alte Angeber

dem lechzenden Publikum was es verlangt- das längte Gitarrensolo des Abends. Vom Geländer hängend, überm Kopf, hinterm Rücken, mit der Zunge – kein Trick bleibt unversucht. ( Es sei denn Herr Wylde kann die Gitarre noch mit anderen Körperteilen spielen, von denen wir nichts wissen). Den ganzen Weg geht es ohne Unterbrechung zurück, während ein standhafter Roadie die 100m Gitarrenkabel wieder einrollt. Zusammen mit seinen Mitmusikern gibt es mit „Stillborn“ den letzten Song des Abends. Ohne große Reden, Tata oder Zugaben verteilen die Musiker all ihr entbehrliches, schweißgetränktes Hab und Gut im Publikum, bevor sie ihre Bühne verlassen.Die Konserve leitet den Rausschmeißer ein und die klebende Masse aus Zuschauern ergießt sich durch alle Öffnungen des Docks zurück auf die Reeperbahn.

Black Label Society (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)

Galerien (by Thea Drexhage bs! 2018):

Links:
www.blacklabelsociety.net
www.monolord.com

Veranstalter:
Hamburg Konzerte

Thea Drexhage
Thea Drexhagehttps://www.be-subjective.de
Thea Drexhage hat Salma Hayek einiges voraus! 10 mm. Wie die meisten Frauen der Redaktion, Duffy, Beth Ditto, Joan Rivers oder Angus Young kann sie die MusikerInnen aus dem Bühnengraben also völlig problemlos sehen, wenn jemand ihren Hocker trägt, wird aber - das hat sie mit Salma dann doch wieder gemein - dennoch viel zu oft auf Ihre Körpergröße, ihre Mähne und ihre leicht misanthropischen Anflüge reduziert. Damit sie also nicht im nächstbesten Titty Twister von Sonnenunter- bis Sonnenaufgang Menschenmengen und Bläser mätzelt, halten wir “Aggro-Thea”, die zuvor ganze Landstriche in Mecklenburg Vorpommern ausgerottet hat, halbtags im spießbürgerlichen Oldenburger Exil an der langen Leine. Seither legt sich die scheißpünktliche existentialistische Besserwisserin analog mit Sartre, Camus & Kodak an und ja, auch wir müssen neidlos zugestehen, dass der Instagram-Account ihrer beiden Katzen “Salma” und “Hayek” mehr Follower pro Tag hat, als unser webzine im ganzen Jahr.

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