Review: Von wegen Glaubenskrise – Billy Talent heizen die Messe auf (29.11.2022, Dresden)

Tipps für die “Überwinterung” in Krisenzeiten gibt’s aktuell aus der Tagespresse und Politik nur zu Hauf: 4 Waschlappen pro Person pro Tag statt Duschen, dicke Pullis oder auch gleich zwei, Heizung aus, Schimmel rein, und und. Aber wie wär’s denn mal mit der kanadischen Punk Rock Band Billy Talent zu Besuch in der Messe Dresden?

Die Vorteile dieses Tipps liegen wohl auf der Hand: Für ein Ticket bekommen die Gäste heute Abend nicht nur beste Live-Musik von den Bands Pabst, Frank Turner und auch Billy Talent, sondern auch jede Menge Freude, Spaß und Bewegung, Wärme durch Reibung und Hüpfen bis ins Unendliche, gute Laune durch Singen und Tanzen. Wer alleine kam, geht vielleicht zu zweit oder schließt neue Freundschaften.

Weg mit dem Winterblues!

Kurzum: Die vier Kanadier Benjamin Kowalewicz (Gesang), Ian D’Sa (Gitarre, Gesang), Jonathan Gallant (Bass) und Loel Campbell (Schlagzeug) verwandeln an einem Dienstagabend die karge Halle der Messe Dresden in ein riesiges, hitziges Perpetuum Mobile von mehr als 4000 Menschen, das kontinuierlich Energie und Spaß erzeugt. Winterblues adé!

Der Pre-Support des heutigen Abends sind Pabst. Das Berliner Trio macht erst seit 2016 zusammen Musik, doch haben sie es mit ihrer Mischung aus Indie, Garagerock, Grunge, Stoner Rock und Noise Pop durch einen netten Zufall bei einer Musikshow ins Vorvorprogramm von Billy Talent geschafft. Zwar sind die meisten Zuschauer zu der frühen Stunde noch am Eintrudeln, doch die bereits Anwesenden haben ersichtlichen Spaß beim Vorvorglühen mit den sympathischen Jungs. Die erste Wall Of Death klappt auch ohne Mühe. Mit einem grandiosen Cover von Kiss Me verabschieden sich Pabst überaus glücklich nach 30 Minuten Spielzeit.

Ohne große Umwege starten kurz darauf Frank Turner & The Sleeping Souls die nächste Runde Moshpit-Party – Edition Folk Punk. Mittlerweile ist der größte Zuschauerschwall in der Messehalle angekommen und hat richtig Bock auf Bier und Feiern. Mit einer wahnsinnigen Energie, viel Witz und durchweg gebrochenem, aber sehr charmantem Deutsch, surfen Frank Turner und sein tanzfreudiges Publikum fast eine Stunde lang über die Bühne und durch die Halle.  Dresden beweist zum Schluss bei I Still Believe bereits solide Mitsingqualitäten.

Hold your breath and count to four

Und noch einmal schwappt ein Schwall Menschen in die Dresdner Messehalle – Es ist endlich Zeit für Billy Talent! Punkt 21.20 Uhr macht das Quartett kurzen Prozess und entert die Bühne der Messehalle in Dresden. Bereits zu Beginn gibt’s kein Halten mehr: Mit Devil In A Midnight Mass ziehen Billy Talent direkt die Zuschauergunst auf ihre Seite. Der Boden bebt, Arme werden in die Luft gerissen, Stimmbänder gedehnt. Der Moshpit läuft mit dem ersten Lied bereits auf Hochtouren, so wie die Security, die sich an diesem Abend fast keine Sekunde lang “ausruhen” kann. Ebenso zieht sich das Thema Crowdsurfing wie ein roter Faden durch den Abend. Erfreulicherweise lassen sich sehr wenig Smartphonies blicken – also Konzertbesucher, die das Konzert nur über ihr eigenes Smartphone erleben. Nach 2 Jahren Pandemie hat man wohl die Bildschirmkonzerte satt – jawoll! Das Leben findet schließlich im Hier und Jetzt statt.

Neben ihrer Mission für ordentlich Wumms, gute Musik und Unterhaltung zu sorgen, ist Billy Talent aber auch eins besonders wichtig: das gute Miteinander. So wird ein Teil der Konzerteinnahmen für die gemeinnützige Organisation War Child gespendet. Immer wieder betont Sänger Benjamin Kowalewicz, wie wichtig es ist, füreinander da zu sein, aufeinander aufzupassen und mit guten Gedanken auf seine Mitmenschen “loszugehen”. 

Darüber hinaus lässt die Band ihrem frenetisch feiernden und springenden Publikum kaum eine Minute Zeit zum Luftholen. In ihrem 90-minütigen Set überschlagen sich alte und neue Hits. auf Highlights folgen Highlights. Nochmal fühlen wie 14. Dazu laufen auf den LED-Wänden neben der Bühne nicht nur Live-Bilder vom Konzert, sondern auch Projektionen auf der Bühne. Licht und Sound arbeiten heute meisterlich – das gesamte Konzert ist eine Augen- und Ohrenweide. 

Etwas ungewohnt, aber zeitlich durchaus plausibel, verabschieden sich Billy Talent mit ihrem Klassiker Red Flag ohne Zugabeblock. Aber warum das Perpetuum Mobile auch unterbrechen? Nach 90 Minuten Power-Set, ca. erzeugten 1600 kW, und heiseren Stimmbändern verabschieden sich die Kanadier von ihrem durch und durch zufriedenen Publikum. Hoffentlich bis bald! 

Galerien (by Kristin Hofmann bs! 2022)
Billy Talent (29.11.2022, Dresden)
Frank Turner & The Sleeping Souls (29.11.2022, Dresden)
Pabst (29.11.2022, Dresden)

Setlist Billy Talent:

1. Devil in a Midnight Mass
2. This Suffering
3. I Beg to Differ (This Will Get Better)
4. Afraid of Heights
5. Perfect World
6. Hanging Out with All the Wrong People
7. Tears Into Wine
8. Pins and Needles
9. Rusted From the Rain
10. The Wolf
11. Diamond on a Landmine
12. Try Honesty
13. End of Me
14. Surrender
15. Forgiveness I
16. Reckless Paradise
17. Surprise Surprise
18. Fallen Leaves
19. Devil on My Shoulder
20. Viking Death March
21. Red Flag

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