Das Problem bei Dingen direkt vor der eigenen Haustür: Man ist immer zu spät. Gut, wenn man sich in solchen Fällen auf die Unpünktlichkeit des Auftretenden verlassen kann.
Leicht abgehetzt, leicht chaotisch. Taschen verrücken, Technik aufbauen, die unendliche Setlist auseinander falten dauert gefühlt länger als alles Bisherige. Ein Wasser bitte, aus hygienischen Gründen. Zehn Sekunden Soundcheck, bevor es dann so richtig losgeht, geht es auch schon weiter. Theatralische Auftritte, von der Bühne, wieder rauf, wer braucht sowas schon. Durch die Massen muss mensch schließlich nicht öfter als nötig. Dicht gedrängt in respektzollemden Halbkreis. Ostwestfalensternchen.
Bisschen früh fürs Mitsingen? Au Contraire!
Song 1. Aus zaghaften Stimmchen werden Chöre. Der Refrain reist es raus. Das Sputnik in Höchstform. 65+. Personen, nicht Durchschnittsalter. Eine Gitarre, ein Mikro, 100 Stimmen (Stimmlagen, um genau zu sein). Hauptsache laut, dann ist es auch nicht so peinlich.
Soviel zu der heilenden Kraft der Musik.
„Ich bin überzeugt, Musik kann eigentlich gar nichts ausrichten“ Das Sputnik überzeugt vom Gegenteil. Beweisstück a braucht man nicht und Vermerkt b ist sowieso überflüssig. Was macht eigentlich Brasilien und die Astrologie? Kostbare Balance eines Traumes.
Falls ihr Drogen dabeihabt, jetzt wäre der Zeitpunkt.
Was heißt früh? Es ist September! Ein Getränk nach dem Anderen wird über den Tresen gereicht. Gelockerte Zunge, gelockertes Mundwerk. Bierstagedive bis zu Bernd. Platzgetanze, Songwunschgewünsche schon weit vor der Pause. Ikea-Family Feeling mit de Kellys. Also beide Songs dann bitte. Ordnung muss sein.
Durchatmen
15 Minuten Raucherpause. Auch für die, die nicht rauchen. Einmal umgedreht, direkt vorbei. Kann ja auch nicht schnell genug weitergehen. Halb Wunschkonzert, halb „das muss jetzt aber mal gesagt sein“.
Ihr habt mich degeneriert
Mit fortschreitendem Abend fortschreitende Weisheiten, genuschsäuselt ins Mikro. Zeit für Dialoge. Zeit für Ratschläge. Britney Spears ist kein Vorbild. Konfrontation. Aber mit Liebe. Fast ein bisschen wie Familie. So Frühlingsweihnachtsfeeling eben. Losgelöstes Mitgesinge wird zu losgelöstem Mitdiskutieren. Augenhöhe und so. Als ob nicht schon zwei Jahre seit dem letzten Konzert im Sputnik vergangen wären. Ab jetzt wird wieder ab Tag Null gezählt.
Vielen Dank für die Toleranz, die ich jedes Jahr mehr einfordere.
Galerie (by Daphne Dlugai bs! 2020):