Das (bisher) heißeste Wochenende des Jahres. Freibad, Biergarten, die heimische Hängematte. All das wird heute links liegen gelassen. Zurück ins All. Zurück zu Blümchentapete, einladende Orange- und Brauntöne, Nostalgie rund um einen kleinen Satelliten. Zurück ins Sputnik Paderborn. Ein (Nachhol-)Konzert ruft feiertagsgleich. Bernd Begemann als Priester der Nationen. Und sie hörten und sie kamen in Scharen.
Hier Flaschenklimpern, dort Stühlerücken. Allgemeines Gemurmel. Kleine Anekdoten, großes Hallo. Sitzplätze sind knapp, sind ja auch bei nem Konzert. Um halb neun bahnt sich eine Gitarre singend den Weg durch die kleine Eckkneipe. Bis zum Mikrofon ist es etwa der erste Refrain, keine Ahnung wie da die Geschwindigkeit bemessen werden sollte. Ist ja in dem Fall auch nicht wichtig, hier wird in den Abend gelebt, geanekdotet und vor allem gesungen. Unterbrechung. Wie kann man die beste Strophe nur so verquatschen? Direkt nochmal wiederholen. Dieses Mal mit mehr Ruhe, sollte auch nicht so schwer sein.
Hmm was kommt da denn anstolziert?
Bernd Begemann im Sputnik, das ist ein jährliches Event, fest im Kalender verankert. Dieses Mal ist es trotzdem etwas Anderes, dieses Mal ist es schon zu Beginn so heiß, da wird direkt das Hemd gelüftet. Damals als Belohnung, heute aus Notwendigkeit. Mr. Natural und das im Ventilator wehende Brusthaar. Kurz mal abschütteln, neu ordnen und weiter im Text, das Mikrofon herausfordern.
Den ganzen Abend eure Lieblingslieder, in Versionen, die ihr so nie hören wolltet!
Jedes neu angestimmte Lied wird mit Ohs und Ahs der Freude begleitet. Bei mehr Alben als Finger an zwei Händen ist die Lieblingsliederdichte hoch. Mitsingen klappt heute erstaunlich gut Paderborn! Irgendwann dann aber der Moment für mehr Realität hinter dem Mikrofon. Die Realität zur Abendplanung: Erst die ganzen Hits und ab dann nur noch B-Seiten. Auf diesen liegt die Wahrheit vergraben. Die Realität des Künstlers über seine Performance selbst: Völlig verhunzte Lieder, natürlich nur aufgrund der künstlerischen Integrität (den Teil mit dem Verhunzen müssen wir entschieden dementieren).
Good times never seemed so good
Gefühlte 40 Grad sinds mittlerweile. Ein Naturradler für Mr. Natural. Die Lüftung lüftet auf Hochtouren, Türen zu aus Nachbars Rücksicht. Alle brauchen eine Pause. Die Bar ist eröffnet. Aber natürlich nicht ohne weitere Anekdoten über Videodrehs mit der Antilopengang in DEM Werkraum im Keller einer Schule in dem DIE Beatles einst ihre ersten Aufnahmen überhaupt machten. Und natürlich mit Neil Diamond. Vom Konzert zur Karaokeparty.
Verhaftet wegen hot
Dieser Abend verspricht viel und hält noch mehr. Outfitwechsel inklusive. Gestern, heute, morgen, Sputnik! Von Song zu Song ein Sprung in der Zeit. Ein Schwank aus der Jugend und die Auswirkungen auf heute. Oder sowas in der Art. Gedankensprünge, mehr oder weniger zusammenhängend, am Anfang das Ende schon vergessen haben. Die Bernd Begemann Show auf Abwegen. Und doch alles genau richtig. Der richtige Witz zur richtigen Zeit. Nur das „Hot“ wird etwas zu spät gesungen. Nochmal das Timing klären, alles auf Anfang, jetzt passt es.
Ein Rendezvous mit dem Schicksal
Über drei Stunden Bernd in voller Fahrt. Publikumswünsche inklusive. Wenn nach jedem Lied die Liste länger wird, egal. Bei der Anmoderation des Liedes das Lied selbst vergessen, egal. Naturradler ist ausverkauft, egal. Jean-Pierre heißt nun Rodrigo und ist trotzdem Franzose, egal. Irgendwann wird aus Konzert Karaokeparty, der Großteil des Publikums fließt Richtung Ausgang. Und für den Rest gilt: Paderborn, dance along!
Galerien (by Daphne Dlugai bs! 2022):