Review: Ein typisch nordischer Abend – Backyard Babies mit Gästen live (06.03.2019, Hannover)

Früher, also in der Zeit, als es noch ausschließlich handgemachte Rockmusik gab, kamen die Bands klassischerweise von der britischen Insel oder aus den USA.

Was jetzt zunehmend im Musikgeschäft auffällt und auch schon länger anhält, ist die Tatsache, dass immer mehr Bands aus Skandinavien den mitteleuropäischen Markt überschwemmen. Überschwemmen hört sich jetzt erstmal mehr nach Masse als nach Klasse an. Dem ist aber nicht so. Ganz und gar nicht. Was mit Abba oder Roxette begann, haben Mando Diao oder Ghost nahtlos fortgesetzt. Das sind Top-Bands aus allen Bereichen der Popularmusik. Das Phänomen gilt natürlich auch für den Punk Rock´n´Roll-Bereich. Wenn dann noch ein schönes Punk-Paket geschnürt wird, also drei Bands zum Preis von einer, kann mensch überhaupt nicht meckern. Doch wie sieht so ein typisch skandinavischer Abend aus? Sind die Schweden typisch blond, blauäugig, durchtrainiert? Oder haben alle Norweger einen Bart bis zum Bauchnabel? Mal kurz überlegen. Nein.

Audrey Horne (Foto: Michael Lange bs! 2019)

Die erste Band des Abends ist Audrey Horne aus Bergen in Norwegen. Benannt ist die Band nach einer Frauenfigur aus einem David-Lynch-Film. Uuuh mysteriös. Ganz so mysteriös wird es dann doch nicht. Audrey Horne haben sich dem klassischen Hardrock verschrieben. Sänger und Frontmann Torkjell Rød ist wider Erwarten kein typischer Norweger. Er könnte eher Brite oder Ami sein. Mit Schlips und Krawatte kommt er

fast schon seriös daher, wenn da nicht die zahlreichen Tattoos wären (der Mann ist tatsächlich hauptberuflich Tätowierer), die aber ganz gut versteckt sind. Aber verstecken braucht sich bei den Hornies keiner. Ihre Songs wie „This is War“ oder „Waiting for the Night“ sind geradeaus und ehrlich.  Sänger Rød würde hierzulande als Type bezeichnet werden. Schwupps mal rein ins Publikum und hier einen Song performt, Abklatschen mit den Fans. Ghetto-Faust. Very well Torkjell. Da wollen die Gitarristen ihrem Sänger natürlich in nichts nachstehen. Kleine Gitarren-Battle inmitten der Fans. Das macht Laune und Bock auf mehr Rock.

Audrey Horne (Foto: Michael Lange bs! 2019)
The Bones (Foto: Michael Lange bs! 2019)

Den kriegen sie von The Bones. Die Knochen klappern los wie die Großen.  Die schwedische Punk ’n’ Roll-Band aus Karlskrona hat auch eine Type in ihren Reihen. Sänger und Gitarrist Beef Bonanza ist ein Schwergewicht. Der Dirk Bach des Rock´n´Roll, die fleischgewordene Power-Punk-Kugel. Das Zentrum des Bebens. Und es bebt mächtig. Naturgemäß gibt eine Band in den ersten drei bis vier Songs ihres Sets richtig Gas. Gut so. Aber wenn eine Band, mit Verlaub bei aller Wertschätzung, vom Prinzip immer das Gleiche spielt, dann ist das zwar laut aber laaaaangweilig.  Ziemliche Ruhe im Publikum. Die Gelegenheit, ein neues Bier zu ordern.  

It’s not just me and you

Mark my words and trust your faith

We start over once again

You wanna rock’n’roll

Bang your head and sell your soul

We’re going straight to hell

Thirteen or nothing!

You wanna shake that ass

Und dann kommen sie. Die typischen Schweden. Die blonden Jungs der Backyard Babies. Schade, schade. Mal wieder kein Blonder dabei. Aber die Namen, die Namen sind sowas von schwedisch: Sänger Nicke Borg (bestimmt der Sohn von Björn), Bassist Johan Blomquist (Bruder von Kalle?), Schlagzeuger Peder Carlsson (der vom Dach?) und Gitarrist Andreas „Dregen“ Tyrone Svensson (heisst so nicht jeder Dritte in Schweden?).

Backyard Babies (Foto: Michael Lange bs! 2019)

Diese Jungs kennen sich schon seit ihrer Schulzeit und haben sich seit ihrer Gründung in 1987 mit ihrer Mischung aus Punk und Hardrock einen Namen, nicht nur in Schweden gemacht. Zu ihren Vorbildern gehören klassischerweise die Ramones, aber auch Kiss und AC/DC, für die sie schon Support waren. Da geht was. Mit ihrem gerade erst Anfang März veröffentlichtem Album Album „Silver And Gold“ liefern sie sich die eigene Steilvorlage für einen geilen Abend. „Good Morning Midnight“ und „Shovin´Rocks” sind rockig, treibend. Genau das Richtige was die gefühlt 400 Fans im Capitol Hannover sich wünschen. Und die „Hinterhöfler“ haben sogar zwei „Typen“ in ihren Reihen. Borg und vor allen Dingen „Dregen“ Svensson stechen hervor. Dieser hat zwei Kopfbedeckungen (Kopftuch plus einem Hut). Markanter Typ. Ständig unterwegs. Stakkatoartig seine Bewegungen. Allein diese beiden Jungs bringen mächtig Schwung in den Laden und jetzt ist auch Stimmung in der Bude. Und das Beste ist, hier gibt´s kein Nachlassen. Dauerdruck auf vielfältige Art. Und das bis zum Schluss mit “Yes to All No” und ihrem bisher größten Hit  „People Like People Like People Like Us”. Krawumm die Skandinavier haben es gerockt.

Backyard Babies (Foto: Michael Lange bs! 2019)

Nachtrag: am gleichen Abend war in der Swiss Life Hall in Hannover die „Abbamania Show“ zu Gast. Ja ne is klar. Die Schweden sind doch überall.  Gut so.

Galerien (by Michael Lange bs! 2019):

Setlist Audrey Horne:

  1. This Is War 
  2. Audrevolution
  3. California 
  4. Pretty Little Sunshine
  5. Out of the City
  6. Waiting for the Night
  7. Redemption Blues
  8. Straight Into Your Grave

Setlist Backyard Babies:

  1. Friggin‘ in the Riggin‘  (Sex Pistols song) 
  2. Good Morning Midnight
  3. Look at You
  4. Dysfunctional 
  5. Shovin‘ Rocks
  6. Nomadic 
  7. Highlights
  8. Heaven 2.9
  9. A Song for the Outcast  (Acoustic) 
  10. Roads  (Acoustic)  
  11. 44 Undead
  12. Th1rte3n or Nothing
  13. The Clash
  14. Minus Celsius
  15. Abandon
  16. Brand New Hate Encore:
  17. Yes to All No 
  18. People Like People Like People Like Us

Links:
www.audreyhornemusic.com
www.bonesrocknroll.com
www.backyardbabies.com                           

Michael Lange
Michael Langehttps://www.be-subjective.de
Michael Lange. MichaL ist der Methusalix in unserem Team. Ein Original, ein Sympath, ein Genießer von A wie Abba bis Z wie Zabba und im realen Leben ein Stepptänzer. »Jawohl, das mit dem KlackerdiKlack.« MichaL hat schon Rock’n’Roll gehört, da waren die Little Boy Blue and the Blue Boys noch grün hinter den Ohren. Man munkelt er konnte schon einparken, da gab es noch nicht mal Rückspiegel, geschweige denn Einparkhilfen. Dennoch ist die MichaL noch lange kein Oldy oder darauf fokussiert. The big L war plötzlich da. Zeitlos. Unerwartet und doch völlig freiwillig tauchte er in unserem Universum auf und bereichert es. KlackerdiKlack.

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