Review: Insolvenz gerade so verschleppt. Antilopen Gang. (08.09.2021, Bremerhaven)

Nur weil sich der Sommer dem Ende entgegen neigt ist es noch lange kein Grund, mit den Open Airs aufzuhören. Das Kollektiv Club 100 sorgt schon seit Beginn des Jahres für ausreichend Kulturnachschub. Erst im Stream, nun auch live und draußen mit Publikum. Für den Gig der Antilopen Gang auf ihrer Insolvenzverschleppungstour haben sich der Tower Musikclub und Koopmann Concerts zusammengeschlossen, denn die neue Open Air Reihe des Club 100 beruht auf einem solidarischen Konzept, bei welchem sich immer zwei Veranstalter Planung und Einnahmen teilen.

Die Plätze in Bremerhaven sind begrenzt. Nur wenige Stühle mit viel Abstand sind auf dem großen Platz vor der Bühne aufgestellt. Das Gute: am Platz darf ohne Maske gestanden und getanzt werden – und diese Möglichkeit wird direkt ab dem ersten Song angenommen.

Antilopen Gang (Foto: Thea Drexhage bs! 2021)

Zu „Pepsi und Basmatireis“ galoppieren die Antilopen auf die Bühne und haben die Crowd sofort im Griff. Ab da geht es rasant und mit gewohntem Witz durch das Set. Das erste Highlight sicherlich „Fick die Uni“ bei welchem DJ Jenny Sharp den Bass so sehr ballern lässt, dass schon fast sowas wie Clubstimmung aufkommt. Das Einzige was fehlt? Der Pogo – aber das ist mit 1,5m Sicherheitsabstand eben schwer.

Antilopen gibt ne Party, doch ihr kommt nicht rein
Drinnen gibt es Kaviar bei Kerzenschein
Koljah, Danger, Panzer komm‘ mit Leibwache an
Massenschlägerei für ein Autogramm

Antilopen Gang (Foto: Thea Drexhage bs! 2021)
Danger Dan (Foto: Thea Drexhage bs! 2021)

Während die Antilopen Gang politisch noch nie ein Blatt vor den Mund genommen hat ist auch an diesem Abend sichtbar, dass die Soloplatte „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ von Danger Dan für den ein oder anderen neuen Gast gesorgt hat, der sich sichtlich beeindruckt zeigt vom Bühnengeschehen.  Daher dürfen natürlich auch ein paar Solonummern nicht fehlen. Danger Dann nimmt Platz am Reiseklavier und spielt „Lauf davon“, „Trotzdem“ und „Das ist alles von der Kunstfreiheit gekdeckt“ bevor sich Koljah und Panik Panzer für den Enkeltrick dazugesellen und der vierten Antilope NMSZ Tribut zollen.

Die Musiker sind gut aufgelegt und scheinen sich so gut es eben geht mit der Eigenheit von Coronakonzerten arrangiert zu haben. Die Witze sitzen, das Publikum lässt sich animieren zum Arme schwingen und mitsingen. Kurze Verschnaufpause nach „Verliebt“ bevor sich die der Zugabenblock auf dem „Anti Alles Aktion“ Höhepunkt hineinsteigert. Wie war das noch gleich mit dem Pogo? Ein grandioser Abschluss, so grandios, dass sich die Bremerhavener*innen nichtmal ansatzweise dazu bewegen lassen den Platz zu räumen. Danger Dan muss nochmal ran.

Wunschkonzert mit Bier und Kippe am Klavier.

Kurzerhand habe er erfahren, dass er in 14 Tagen auf einem Hochhaus in Bremen spielen muss/darf und bis dahin müssen die Solostücke natürlich sitzen. Das Publikum wünscht sich dieses und jenes. „Nee, der ist so schwer“, winkt Danger Dan lachend ab und haut ein letztes mal an diesem Abend zum wundervollen „Eine gute Nachricht“ in die Tasten.

Ich hab ’ne gute Nachricht und ’ne schlechte auch
Zuerst die schlechte: „Wir zerfall’n zu Staub
Wir werden zu Asche, kehren in das Nichts
Zurück, aus dem wir alle einst gekommen sind“

Galerie (by Thea Drexhage bs! 2021):

Antilopen Gang (Foto: Thea Drexhage bs! 2021)

Setlist:

  1. Pepsi und Basmatireis
  2. DIE KYNGZ SIND BACK
  3. Army Parka
  4. Pizza
  5. Wünsch dir nix
  6. Patientenkollektiv
  7. Fick die Uni
  8. Trenn Dich
  9. Beate Zschäpe hört U2
  10. Lied gegen Kiffer
  11. Lauf davon(Danger Dan)
  12. Trotzdem(Danger Dan)
  13. Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt(Danger Dan)
  14. Enkeltrick
  15. 2013
  16. Der Ruf ist ruiniert
  17. Verliebt
    Encore:
  18. Dirty Chai
  19. Smauldo
  20. Anti Alles Aktion
    Encore 2:
  21. Eine gute Nachricht (Danger Dan)

Links:

Antilopen Gang
Club 100

Thea Drexhage
Thea Drexhagehttps://www.be-subjective.de
Thea Drexhage hat Salma Hayek einiges voraus! 10 mm. Wie die meisten Frauen der Redaktion, Duffy, Beth Ditto, Joan Rivers oder Angus Young kann sie die MusikerInnen aus dem Bühnengraben also völlig problemlos sehen, wenn jemand ihren Hocker trägt, wird aber - das hat sie mit Salma dann doch wieder gemein - dennoch viel zu oft auf Ihre Körpergröße, ihre Mähne und ihre leicht misanthropischen Anflüge reduziert. Damit sie also nicht im nächstbesten Titty Twister von Sonnenunter- bis Sonnenaufgang Menschenmengen und Bläser mätzelt, halten wir “Aggro-Thea”, die zuvor ganze Landstriche in Mecklenburg Vorpommern ausgerottet hat, halbtags im spießbürgerlichen Oldenburger Exil an der langen Leine. Seither legt sich die scheißpünktliche existentialistische Besserwisserin analog mit Sartre, Camus & Kodak an und ja, auch wir müssen neidlos zugestehen, dass der Instagram-Account ihrer beiden Katzen “Salma” und “Hayek” mehr Follower pro Tag hat, als unser webzine im ganzen Jahr.

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