Wenn eine Band für nur drei Konzerte nach Deutschland kommt, dann ist es für den Fan im Besonderen, selbstredend Pflicht, zu diesem Konzert zu gehen, da mensch seine Band möglicherweise erst wieder in x komma y Jahren sieht. Für den Fan im Allgemeinen stellt sich eher die Frage: Tatort oder Band? Denn es ist Sonntagabend.
Na guuut. Mensch ist halt auch neugierig, also wird der (Tat-)Ort mal flugs in die Konzerthalle verlegt. Warum auch nicht. Denn die angekündigte Band ist nicht irgendeine Schrammeltruppe, sondern gelten als Könige des modernen Hardrock. Alter Bridge locken an diesem Abend mit ihrem US-Alternative-Hardrock 2000 Fans in die Swiss Life Hall Hannover zum einzigen Konzert in Norddeutschland. Und ihre Präferenzen sind überaus gut. Ihr 2016er-Album „The Last Hero“ ist von den Kritikern hochgelobt. Und das zu Recht.
Ein guter Tatort folgt einem vorgegebenen Spannungsaufbau bis zum Höhepunkt. Leiche – erste Ermittlungen – Verwicklungen – weiterer Mord – Ermittlungen – Verfolgungsjagd – Festnahme.
Bumms, Aus, Nikolaus.
Bei Alter Bridge ist das nicht anders. Mit „Farther Than the Sun“ kommt man gut rein ins Konzert. Wird gleich bei dem abgeholt, was (Hardrock)-Mensch erwartet. Laut und riffgeschwängert die Gitarren, druckvoll Bass und Schlagzeug. Sehr dynamisch und doch melodisch. So soll es sein, so kann es bleiben.
Show me a leader that won’t compromise
Show me a leader so hope never dies
Show me a leader that knows what is right
Show me a leader so hope can survive
Alter Bridge sind die Überreste von Creed plus neuem Sänger Myles Kennedy. Dieser ist der Hingucker auf der Bühne (der Typ sieht aus wie Schauspieler Kevin Bacon, nur mit Matte). Er liefert die Schauwerte und Mark Tremonti die Riffs. Doch Kennedy kann auch Gitarre und Tremonti Gesang. Es lebe die Abwechslung. Bei den Ansagen hat sich Mister Kennedy einiges vorgenommen: kein Fluchen mehr (hat er der Mama versprochen). Und es funzt. Im Gegensatz zum Sänger der Vorband As Lions. Austin Dickinson, Sohn des Iron-Maiden-Frontmanns Bruce Dickinson, haut in seinen Ansagen gefühlt 538 mal „Fuck“ raus. Fuck, Fuck, Fuck. Das ist zunächst belustigend, dann aber anstrengend und laaangweilig.
Der Bandname Alter Bridge entstammt übrigens einer Brücke die das kleine Städtchen Grosse Pointe Park in Michigan von der gegenüber liegenden Metropole Detroit trennt. Soviel aus dem Klugscheißerbereich, zurück zum Konzert. Die eine um die andere Hardrockwelle schwappt durch die Halle und knallt in die Ohrgänge. Die Stimmung steigt.
Doch dann kommt der Kardinalfehler, das Akustikset. Zu diesem Zeitpunkt? („seid ihr irre?“) Da wo es gerade so schön abgeht. Die Spannung ist erstmal raus. („beim Tatort wär das nicht passiert“). Doch danach wird sofort wieder hochgeschaltet. Linke Spur. Vollgas. „Slip tot he Void“, „Isolation“ und das ledzeppelige „Metalingus“ dampfwalzen durch die Halle. Kennedy und Tremonti liefern sich Gitarrenduelle. Geht doch.
Noch ein Wort zum Sound. Ja, laut muss es sein. Das gehört gen(r)etisch einfach zum Rock der härteren Art dazu. Aber auf der Tribüne kommt das ganze leider nur als krachender Brei an. Hallo Tontechniker. Wo bist du? Guckst du den Tatort?
Den Fans im Innenraum ist das latte. Sie wollen und kriegen ihre Dröhnung. Pardon! Volle Dröhnung. Tosender Applaus für den Bridge-Club. Und dann geht’s ab in die Nacht. Schnell nach Hause. Den aufgenommenen Krimi gucken. Wenn da nur nicht dieses Fiepen in den Ohren wäre.
Galerien (by Torsten Volkmer bs! 2017):
Setlist:
- Farther Than the Sun
- Come to Life
- The Other Side
- Addicted to Pain
- Ghost of Days Gone By
- Ties That Bind
- My Champion
- Waters Rising
- Watch Over You (acoustic)
- In Loving Memory (acoustic)
- Slip to the Void
- Blackbird
- Metalingus
- Isolation
- Show Me a Leader
Encore - Cry of Achilles
- Open Your Eyes
- Dueling Guitar Solos – Mark and Myles
- Rise Today
Links:
www.alterbridge.com