April, April der weiß nicht was er will. Auch bei Supportbands scheint dies der Fall zu sein. Schon seit Wochen hing das Konzertticket für Aesthetic Perfection mit Support William Control und Army Of The Universe an der Pinnwand. Natürlich war auf diversen Seiten der tückische Sternchentext „*sowie bei ausgewählten Shows Army Of The Universe oder Empathy Test“. Doch menschn sollte ja eigentlich davon ausgehen können, dass das Gedruckte auf dem Ticket richtig ist.
Doch eine große Überraschung erwartet mich, als ich nochmals die facebook Veranstaltung prüfe und als Support William Control & Nyxx lese. Auf der Seite der Location steht nach wie vor etwas anderes. Aber völlig egal, ein Check auf Nyxx’ facebook Seite lässt schon einmal das Wasser im Mund zusammen laufen. Interessant… äußerst interessant… sage ich als Frau zu einer Frau, die für mich auf den ersten Blick musikalisch als auch erotisch ansprechend wirkt.
Dank des detaillierten Zeitplans der Veranstalter weiß man auch genau wieviel Puffer man noch für den letzten Kajalstrich hat. Solche ausführlichen Infos sollte jeder zur Verfügung stellen. Und trotzdem erweist sich die Zeitplanung mancher KonzertbesucherInnen als Fehlkalkultaion, denn zehn Minuten vor dem ersten Act Nyxx ist die Halle ziemlich leer. Das ändert sich leider auch nicht sonderlich, als eine schmale kleine Frau die Bühne betritt. Pech für alle, die das verpassen. Ohne dass Unterstützung von weiteren MusikerInnen käme, legt Nyxx los. Bauchfrei, in engen schwarzen Leggings und Stiefeln mit hohen Absätzen stellt sie eine Augenweide dar. Bereits beim ersten Ton weiß die zierliche Person die Bühne mit ihrer Aura zu füllen. Selbstbewusst bewegt sie sich zu ihren Beats, welche sie laut späterer Aussage an der Bar zum Großteil selbst erstellt hat.
Lasziv, sexy und flirty
…fordert sie stets das Publikum auf näherzukommen. Auf Applaus braucht sie nicht zu warten. Langsam strömen weitere Gäste herein. Wer bereits Spotify geöffnet und ihren Namen eingegeben hat, der weiß dass Nyxx noch nicht allzu viele Tracks auf dem Markt hat. Doch diese präsentiert sie mit ganzer Seele. Bei ihrer 2013 erschienenen Single „Blindsided“ geht dann leider der Gesang im stark dröhnenden Sound etwas unter. Doch Nyxx selbst gibt sich professionell und absolviert ihre zweite Show überhaupt in Europa (zuvor Hannover 😉 mit mehr als nur Bravour. Der Mund bleibt offen stehen, der Applaus ist laut und gerechtfertigt. Um es mit Nyxx Worten zu sagen:
„I can’t breathe!“
Der stramme Terminplan sieht 45 Minuten für den Umbau vor. Für die Bandmitglieder von William Control ist dies offensichtlich mehr als genug Zeit für ein kleines Huckepack auf der Bühne von Adam Crilly und Ian Mc Williams bevor es losgeht. Unter einem umwerfenden Applaus betreten dann auchdie Bandmitglieder die Bühne. Der Opener „The Monster“ bläst die Menge mit einer Energie, die einer Naturgewalt ähnelt, hinfort. Um etliche Längen druckvoller und überzeugender als auf Spotify oder CD brettert Frontmann Wil Francis durch das Rampenlicht. Mit Mantel und Sonnenbrille erinnert er vom Coolnessfaktor her fast schon an Blade – oder die noch ältere Version als Keith Sutherland und seine Gang in dem Vampirklassiker „The Lost Boys“ umherflatterten. Einen kleinen Dämpfer stellt die Zigarette im Mundwinkel dar. Dieses Accessoire begleitet Wil leider gefühlt die Hälfte des Auftrittes obwohl eine Kippe seit den 2000ern nicht mehr angesagt ist und auch im Rampenlicht alles andere als sexy wirkt.
„… on a suicide mission to die…“
Langsam wird es richtig voll in der Markthalle. Zum folgenden „Confess“ fliegt der Mantel. Kein Wunder, denn die Menge ist schon mehr als heiß gelaufen. Und auch die Sonnenbrille sucht das Weite. Zu „Beautiful Loser“ schwenkt Wil’s Motivation fast schon zu Übereifer um. Rumhüpfen ist ja ok, aber sich selbst fast mit dem Mikrokabel erdrosseln gehört offensichtlich nicht zur Show. Da werden die Worte
„… on a suicide mission to die…“
falsch interpretiert.
Doch schnell hat sich Wil von seiner Kabel-Boa-Constrictor befreit. Das Publikum scheint dies für gewollt zu halten, denn unbebremst steigt die Stimmung. Man könnte meinen die Hauptband sei bereits an der Reihe. Und William Control geben auch alles. Von Anfang bis Ende fegt Wil wie ein tasmanischer Teufel über die Bühne ohne den Ton zu verlieren. Wild fuchtelt er mit dem Mikro wie ein Ninja mit dem Nun Chaku. Die Mikrofonkabelstunts müssen aber noch geübt werden.
Oftmals bleibt das Herz eine Schrecksekunde lang stehen, während man ihn bereits in das Keyboard oder von der Bühne fallen sieht. Doch erstaunlicherweise fängt sich Wil immer wieder. Und auch wenn Morrissey eindeutig der bessere Mikorofonkabelschwinger ist, so versprüht Wil mit seiner Aktion auf der Bühne genau die Power, die dem Tonträger fehlt. Wenn man von einer Band sagen kann, dass sie live besser ist als auf Platte, so ist dies eins der größten Komplimente. Und so verhält es sich bei WC (dämliche Initialen). Ich bin maßlos überrascht! Wenn ich mir auch kaum eine Scheibe durchhören würde, so freue ich mich bereits jetzt auf die nächste Live-Show.
Dann wird es Zeit, dass Aesthetic Perfetion den bisher sehr gelungenen Abend krönen. Mit einer King-Of-Pop-Gedächtnisglitzerjacke stürmt Frontmann Daniel Graves die Bühne. Beim letzten Konzert waren es die mit Tape verzierten Fingerspitzen, nun also das Jackett. Der obligatorische Hut (ob des Gedenkens an MJ wegen oder nicht) sitzt natürlich wie immer perfekt. Das Publikum ist von der ersten Sekunde an außer Rand und Band. Es ist ja auch kein Geheimnis, dass Daniel der geborene Entertainer ist und man an einem Aesthetic Perfection Konzert immer auf seine Kosten kommt; und die Band wird ihrem Ruf einmal mehr gerecht.
Die Markthalle ist mittlerweile sehr gut gefüllt. Die Band hatte beschlossen auf einen Fotograben zu verzichten. Etwas, das die Fotografinnen bereits bei den Vorbands vor eine Herausforderung stellte, die Fans jedoch so nah wie möglich an das Geschehen bringt.
Das Auffallendste an dieser Band ist das Schlagzeug, das im hinteren Bereich der Bühne aufgebaut ist. Das letzte Konzert als Supportact von Mesh war weniger aufwändig. Doch Schlagzeuger Tim van Horn ist kein Unbekannter, bereits in der Vergangenheit begleitete er die Band bei einigen Shows. Und auch Elliot Berlin an den Keyboards unterstützt Frontmann Daniel Graves musikalisch und akrobatisch. Bei den Kunststücken am Instrument scheint er mit Wil Francis zu wetteifern.
Nach dem Einstiegssong „Spilling Blood“ geht es sofort weiter mit einem der zahlreichen Hits der Tanzfläche „Antibody“. Charming as usual sucht Daniel Graves stets die Nähe zum Publikum. Elegant und doch energetisch bewegt er sich zu den Beats und tanzt mit seinem Publikum. Die Musiker haben sichtlich Spaß an dem was sie tun und das überträgt sich auf die Menge. Es ist weniger ein Konzert als eine riesengroße Party unter Freunden. Auch die eingestreuten Deutschkenntnisse von Daniel Grave finden hohen Zuspruch. Das gerät nie aus der Mode, denn selbst wenn MusikerInnen lediglich „Guten Abend“, „Prost“ oder „Dankeschön“ in der Landessprache über die Lippen bringen, macht sie das gleich menschlicher und vertrauter.
Kein Wunder, dass bei solch einem hohen Unterhaltungsfaktor die Zeit viel zu schnell vergeht. Doch Aesthetic Perfection verlassen Hamburg nicht ohne eine Zugabe. Unter großem Jubel erklingt „Let It Go“. Noch einmal liefern sich Musiker und Publikum ein Dance-Battle.
Zum Abschluss gibt es noch die Möglichkeit mit Nyxx einen Tequila Shot an der Bar zu genießen. Geduldig und stets freundlich steht sie für Fotos bereit, beantwortet Fragen und signiert CDs. Wer weiß, vielleicht ist die Lady nächstes mal auch größer und mit Schlagzeug und Keyboards auf Tour. Elektrisiert und aphrodisiert von dem energiegeladenen Abend geht es hinaus in die kalte Aprilnacht.
Galerien (by Oliver Garrandt bs! 2017):
- Aesthetic Perfection (22.04.2017, Hamburg) [22]
- William Control (22.04.2017, Hamburg) [10]
- Nyxx (22.04.2017, Hamburg) [7]
Links:
www.aesthetic-perfection.net
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