Review: 10 von 10 Punkten – Adel Tawil live (03.11.2017, Hannover)

Als im April 2017 sein neues Album “So schön anders” veröffentlicht wurde, hatten die Kritiker gleich etwas wo sich drauf stürzen konnten. Es sei perfekt produziert, aber die Texte: Oh Gottogottooohhgott. Kitschig, oberflächlich, plakativ und immer voller Aphorismen. Und reimen tut sich auch noch alles.

Der Mann kann einem schon leidtun. Nach seiner in 2016 erlittenen, schweren Halswirbelverletzung, ist der Berliner endlich zurück, vollständig genesen und hochmotiviert, da wird sein Album in die Mangel genommen. Innerlich wird er möglicherweise verärgert gewesen sein und den Kritikern einen bestimmten Finger gezeigt haben. Aber Adel Salah Mahmoud Eid El-Tawil, wie der Songschreiber und Produzent vollständig heißt, ist natürlich auch Profi, und weiß was er kann. Und was passiert? Das Album geht ab wie eine Pershing 2 auf Platz 1 der Charts. Die erste Singleauskopplung „Ist da Jemand?“ wird in den Radios rauf und runter gespielt. Zack. Boom. Alles richtig gemacht.

Grund genug jetzt mal vor Publikum zu testen, ob die ganze Geschichte auch live und in Farbe funktioniert. Tourauftakt ist in Hannover und die Swiss Life Hall platzt mit 5000 Fans aus allen Nähten. Let´s get ready to rumble.

LEA (Foto: Michael Lange bs! 2017)

Doch zunächst gibt LEA den Support. LEA? Wer bitte schön ist denn LEA? Um genau zu sein: das Mädel heißt eigentlich Lea-Marie, mit Nachnamen Becker und sie ist bereits seit 2007 im „Geschäft“. Zum damaligen Zeitpunkt noch als Youtube-Sternchen in Kassel. Und da sich Talent in Verbindung mit Qualität (kein Wunder, die Mutter ist Musiktherapeutin) durchsetzt, wird sie entdeckt, zieht von Kassel nach Hannover wo sie Sonderpädagogik und Musik (was sonst?) studiert. Beste Voraussetzungen also um eigene Songs zu schreiben. Ihr melodischer Elektro-Pop in Indie-Version kreist hauptsächlich um Themen wie (Selbst-)Verständnis.

Ich hab kein Problem,
mit mir selbst zu reden
Hab nur ein Problem damit,
mich zu verstehen

Und das Beste ist: mit ihrer Single „Leiser“ ist sie in den Charts und steigt und steigt. Es wird mit Sicherheit nicht leiser um LEA werden. Und das Allerbeste: Im April ist sie auf Headliner Club-Tour. Es gibt mehr als nur freundlichen Applaus für die sympathische Blondine. Weiter so.

Adel Tawil beginnt den Abend ruhig verhalten. Er ist halt „So schön anders“ und tritt in einer Art Mantel (Regenmantel?) auf. Es ist gar nicht falsch, mit ruhigeren Liedern zu beginnen. Da kann der Stimmungsbogen dann richtig steil gehen. Ungefähr so wie die Temperaturen in der Schwitz Life Hall. Also Mantel aus. Die Party kann beginnen. „Lieder“ muss er nur kurz anstimmen, da singt die Halle schon mit. Sein grooviger Pop-Rock mit viel Soul und Hip und auch Hop-Elementen, lädt ein zum Tanzen, Singen, Träumen.

Adel Tawil (Foto: Michael Lange bs! 2017)

Adel Tawil ist ein Typ für die ganze Familie. Nicht nur die Kleinen sind hin und weg, auch der Papa ist begeistert. Und um einiges mehr noch mehr aus dem Häuschen sind die Ladies, die zahlenmäßig weit überlegen sind. Kein Wunder. Der Sohn eines Ägypters und einer Tunesierin sieht gut aus, ist freundlich und charmant. Ein Frauentyp halt.

Ich warte schon so lange
Auf den einen Moment
Ich bin auf der Suche
Nach hundert Prozent
Wann ist es endlich richtig?
Wann macht es einen Sinn?
Ich werde es erst wissen
Wenn ich angekommen bin.

Adel Tawil (Foto: Michael Lange bs! 2017)

Das Adel Tawil als Solokünstler überaus erfolgreich ist, ist hinlänglich bekannt. Das trifft selbstverständlich auch auf seine Zusammenarbeit mit anderen Künstlern zu. Hits wie „Ich will nur dass du weißt“ (SDP), „Der Himmel soll warten“ mit Kumpel Sido oder „Stadt“ (mit Cassandra Steen) sind weitere Highlights. Doch Adel Tawil weiß ganz genau, wem sein besonderer Dank gilt. Annette Humpe. Sie hat Adel Tawil „Stark“ gemacht, zu dem gemacht was er heute ist. Sie ist die Wegebereiterin für seinen kometenhaften Aufstieg.

Adel Tawil (Foto: Michael Lange bs! 2017)

Und dieser Komet leuchtet heller denn je. Die Ich+Ich-Songs sind Songperlen. Klassiker des Deutsch-Pop, und trotzdem „Vom selben Stern“. „So soll es bleiben“. Zum Schluß wird es wieder ruhig in der Halle. Bei „Bei dir“ herrscht Gänsehautstimmung. Tosender Applaus. Für dieses Konzert kann es nur einen Finger geben, der hoch geht. Und es ist nicht der mittlere. Daumen hoch mit Schleife. Das waren 10 von 10 Punkten.

Galerien (by Michael Lange bs! 2017):

Adel Tawil (Foto: Michael Lange bs! 2017)

Setlist:

  1. So schön anders
  2. Worte
  3. Ich bin wie ich bin
  4. Gott steh mir bei
  5. Ich will nur dass du weißt  (SDP cover)
  6. Endgegner
  7. Wo die Liebe hinfällt  (Ich + Ich song)
  8. Du erinnerst mich an Liebe (Ich + Ich song)
  9. Stadt  (Cassandra Steen cover)
  10. Lieder
  11. Bis hier und noch
  12. Der Himmel soll warten  (Sido cover)
  13. Ist da jemand
  14. Zuhause
  15. Eine Welt eine Heimat
  16. Stark  (Ich + Ich song)
  17. Sensation
    Encore
  18. So soll es bleiben  (Ich + Ich song)
  19. Vom selben Stern  (Ich + Ich song)
  20. Erinnern
  21. Bei dir

Links:
www.thisislealea.de
www.adel-tawil.de

Michael Lange
Michael Langehttps://www.be-subjective.de
Michael Lange. MichaL ist der Methusalix in unserem Team. Ein Original, ein Sympath, ein Genießer von A wie Abba bis Z wie Zabba und im realen Leben ein Stepptänzer. »Jawohl, das mit dem KlackerdiKlack.« MichaL hat schon Rock’n’Roll gehört, da waren die Little Boy Blue and the Blue Boys noch grün hinter den Ohren. Man munkelt er konnte schon einparken, da gab es noch nicht mal Rückspiegel, geschweige denn Einparkhilfen. Dennoch ist die MichaL noch lange kein Oldy oder darauf fokussiert. The big L war plötzlich da. Zeitlos. Unerwartet und doch völlig freiwillig tauchte er in unserem Universum auf und bereichert es. KlackerdiKlack.

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