Rund zwei Wochen vor Beginn des Taubertal Festivals wurde „Ausverkauft“ vermeldet. Erneut kamen rund 15.000 Besucher auf die idyllische Eisweise am Rande von Rothenburg ob der Tauber. Bei sonnigem Wetter und warmen Temperaturen wurden sowohl nationale, als auch internationale Bands bejubelt, die sich über drei Bühnen (Taubertal Stage, Sounds For Nature Stage und Steinbruch Stage) verteilten. Neu in diesem Jahr war das Festival Village, in dem neben Yoga auch offizielle Flunkyball-Turniere und Bobbycar-Rennen ausgetragen wurden.
Viele Taubertal-Rocker kommen allein wegen des Flair des Zeltplatztes her. Das kann man auch machen, aber der Hauptfokus sollte auf den dargebotenen Bands und deren Musik liegen, daher stellt sich die Frage: Wie haben sie performt?
Donnerstag – Warm Up?
Wer im Besitz einer 3-Tages-Karte ist, darf zu den Warm Up-Shows, die traditionell im Steinbruch des Taubertal Festivals eröffnet werden. Diese Ehre gebührt in diesem Jahr TYNA. Die fünf Hamburger und Hamburgerinnen werden von einem eher spärlichen Publikum empfangen und es benötigt ein paar Songs, bis es bei den Anwesenden Klick macht. Danach geht die Stimmungskurve nach oben und auch TYNA wirken sicherer. Electro-Pop, Neue Deutsche Welle-Attitüde und eine Prise Pop-Punk; die Mischung kommt an und wird mit pinken Ballons, einer muschelförmige Badeinsel und wehenden Fahnen aufgepeppt. Ein ordentlicher Start!
Im Anschluss darf BIBIZA die Bühne mit Wiener Dialektik entern. Seine Musik wirkt live lebendiger als auf Platte, aber die große Begeisterung bleibt dennoch aus. Die Mundart und die dazugehörige Wiener Romantik ist vorhanden und hat auch seinen Reiz, aber so richtig schlüssig und wohlwollend kommen die Songs nicht rüber. Es kommt nur zu kurzen „Aha-Momenten“ bei Songs wie „Blau„, „Kik“ und „Aufnimmawiederschaun„. Das in der Zwischenzeit angewachsene Publikum ist zumindest von dem Wiener Rapper angetan. Es fällt auf, dass generell noch viel Platz im Steinbruch ist, denn sonst sind die Warm Up-Shows überfüllt mit Feierwütigen. Umso größer ist die Verwunderung, dass auf den Social Media-Kanälen ein Einlass-Stop während BIBIZAs Auftritt gemeldet wird.
Aber rechtzeitig zum Beginn von MONTREAL wurde der Zugang wieder gewährt und nun ist es auch wirklich voll auf dem Steinbruch-Gelände. Die ebenfalls aus Hamburg stammenden (poppigen) Punker sind zum vierten Mal zu Gast auf dem Taubertal Festival. Heute haben sie mehr Spielzeit als üblich, was für das Trio merklich ungewohnt ist. So wird zwar viel mit dem Publikum kommuniziert, aber die vollen 90 Minuten Spielzeit werden nicht komplett ausgereizt. Nach knapp 82 Minuten ist Schluss (Jungs, nicht so schüchtern! Da wären noch ein paar Songs drin gewesen!), aber man wird mit feinen Ohrwürmern wie „Das Falsche Pferd„, „Kino?!„, „Tag Zur Nacht“ oder dem Steinwolke-Cover „Katharine, Katharine“ in die Nacht entlassen…
…es sei denn man hat noch Energie und möchte das Tanzbein schwingen. Nach einer sehr zügigen Umbaupause legt der Visions-Editor, Podcaster und Radio-Host JAN SCHWARZKAMP auf und bietet für (fast) jeden Geschmack etwas.
Freitag – Daylight In Your Eyes?
Auf in einen neuen Tag, mit jungen und neuen Bands! Auf der Sounds For Nature Stage startet am frühen Nachmittag der Emergenza-Band-Contest, der sich bis auf den nächsten Tag erstreckt. Der Gewinner darf dann am Sonntag die Hauptbühne entern und dort den finalen Tag eröffnen. Den Anfang für den Wettbewerb machen die Holländer MAGUSTRY, jedoch finden sich mehr Zuschauer bei der nächsten Band ein: AKNE KID JOE. Die haben anno 2018 ebenfalls den Emergenza-Band-Contest bestritten und dürften allerspätestens durch die öffentlich-rechtlich produzierte Doku „Millennial Punk“ bekannt sein. Vielleicht ist auch das der Grund, warum sich viele Schaulustige bei den Nürnbergern und der Nürnbergerin vor der Bühne befinden. Aus musikalischer Sicht ist man da eher eintönig unterwegs. Zugegeben, das wird einem, der Punk spielt, immer vorgeworfen, aber selbst der regelmäßige Keyboardeinsatz sorgt nur für wenig Abwechslung. Dafür klingt vieles zu gleich. „Ich warte auf die zündende Idee“ heißt es in ihrem Song „Die Zündende Idee„. Man merkt, es wird noch gesucht…
Daher geht es zur Taubertal Stage, um dort auf die ebenfalls in der besagten Doku präsenten SWISS & DIE ANDERN zu warten. Wobei Punk hier nicht ganz stimmt. Ja, es ist schon ein gewisser Punk-Ansatz vorhanden, aber es ist mehr eine Mischung aus HipHop und E-Gitarren, kurzum: Crossover. Es ist sichtlich voll vor der Bühne und die Jungs aus (Überraschung!) Hamburg (pardon, St. Pauli!) nehmen das Publikum für sich ein. Die „Große Freiheit“ wird besungen und nach ihrem Rausschmeißer „Linksradikaler Schlager“ werden die ersten „Zugabe“-Rufe des Tages laut. Verständlich, denn es war ein guter Auftritt!
Man könnte meinen, die GIANT ROOKS hätten es im Anschluss schwer die Stimmung hochzuhalten. Doch die Art-Pop/Indie-Rocker meistern dies mit Bravour. Es ist musikalisch gesehen zwar Kontrastprogramm zu vorherigen Act, doch die „Somebody Like You„-Chartstürmer ziehen noch mehr Leute vor die Bühne und halten die Spannung mit Spielfreude und Enthusiasmus aufrecht. Die Stunde vergeht in angenehmer Atmosphäre wie im Flug und die Band darf sich großen Applaus erfreuen. Die Erwartungshaltung wurde übertroffen!
Bevor es auf der Hauptbühne weitergeht, wird noch ein kurzer Zwischenstop an der Sounds For Nature Stage eingelegt. Dort startet ESTHER GRAF ihr Set und performt eher als gewohnt „Kippe Hinter’m Ohr„, den sie mit Rapper Bausa aufgenommen hat. Die Österreicherin ist durch viele Kollaborationen u.a. mit Alligatoah, Montez, SDP oder Olexesh bekannt, doch sie hat auch eigene Songs, die sie darbietet. Die Zielgruppe ist in erster Linie das weibliche Publikum, so überrascht es ein wenig, dass von Esther ein Moshpit gefordert wird. Dieser wird auch umgesetzt, obwohl ihre Musik nicht unbedingt „Moshpit-tauglich“ ist. Sei’s drum, die Leute haben Spaß und würdigen den soliden Auftritt.
Es wird dann aber Zeit, sich einen guten Platz vor der Hauptbühne zu sichern, denn die BEATSTEAKS besteigen die Bühnenbretter. Es muss hier vom heimlichen Headliner gesprochen werden, denn so voll wie jetzt, wird es im Anschluss nicht mehr sein. Die Berliner Punker sind ein gerngesehener Gast und die Jungs freuen sich sichtlich wieder auf der Eiswiese zu spielen. Ihr Set besteht größtenteils aus einem Best Of ihrer Hits, auch wenn erst kürzlich ihr neues Album „Please“ erschienen ist, das die Band nur am Rande streift. Aber Tracks wie „Hey Joe„, „Hand In Hand„, „Let Me In“ oder „Jane Became Insane“ müssen unbedingt gespielt werden. So auch dieses Mal und der Siegeszug konnte mit diesem starken Auftritt vollzogen werden.
Wer weiterhin Bock auf Punkrock hat, der geht im Anschluss zu den Jungs von ZEBRAHEAD. Die Kalifornier sind ebenfalls ein Dauergast und dies zu Recht. Auch wenn sie nie den großen kommerziellen Erfolg erspielen konnten, so haben sie sich einen sehr guten Ruf in Teilen der „Underground-Szene“ erarbeitet und sind bekannt für energiegeladene und fan-nahe Shows. Dies wird auch heute unter Beweis gestellt und gipfelt in den Ohrenschmeichlern „Falling Apart“ und „Anthem„. Toller Auftritt!
Relativ zeitgleich findet der Headliner-Auftritt von ALLIGATOAH statt, der eine Woche zuvor noch in Wacken aufgetreten ist. Es mag komisch erscheinen, da Lukas Strobel (wie ALLIGATOAH bürgerlich heißt) eigentlich als HipHopper bekannt ist. In den letzten Jahren hat er einen musikalischen Wandel vollzogen und E-Gitarren für sich entdeckt. Dies hat die Fangemeinde gespalten und zeigt sich auch beim Zuschauerandrang vor der Bühne, der zwar immer noch hoch ist, sich aber mit einem Blick in den hinteren Teil des Publikums gelichtet hat. Die Show auf der Bühne ist effektvoll aufbereitet (ein größeres Büro wurde um die Instrumente herum aufgebaut, einige Büromöbel werden während des Auftritts in Mitleidenschaft gezogen) und der Stilmix sorgt für offene Ohren. Er betont selbst mehrmals, dass viele die alten Lieder fordern; auch heute erfüllt er diesen Wunsch: „Musik Ist Keine Lösung„, „Du Bist Schön“ und natürlich „Willst Du„. Über das No Angels-Cover „Daylight In Your Eyes„, welches in einer „Metal-Variante“ dargeboten wird, kann man sich streiten, ob es wirklich sein musste. Angetrunkene und/oder ausgelassen Feiernde werden ihre Freude daran gehabt haben, andere sind sichtlich peinlich berührt oder haben schon mal den Weg zum Steinbruch angetreten. Summa Summarum: ein ordentlicher Gig.
Apropos Steinbruch: Für die Nachtschwärmer haben DAS LUMPENPACK gespielt und im Anschluss hat STEVE CLASH als DJ aufgelegt.
Samstag – Alles ganz entspannt
Der erste richtige Festivaltag hatte es in sich und in den zweiten wird gelassen mit BOSSE gestartet. Der Popmusiker hat sich Unterstützung während seines Sets geholt. Für seinen Song „Ein Traum“ holte er sich den WÜRZBURGER KNEIPENCHOR mit dazu, die ein paar Stunden zuvor im Festival Village, auf dem Campingplatz, aufgetreten sind. Auf sympathische Art und Weise erzählt er während des Auftritts, wie er zur Musik kam, über seine erste Liebe sowie den anschließenden Liebeskummer und über seine leider inzwischen verstorbene Oma. Dies mündet in seinen beiden größten Charterfolge „Schönste Zeit“ und „Der Letzte Tanz“ und erntet dafür wohlwollenden und wohltuenden Applaus.
Im Anschluss wird das Tempo angezogen und die Ska-Punker der SONDASCHULE sind zurück auf der Taubertal Stage. Nach ein paar Jahren der Abstinenz freuen sie sich wieder hier sein zu dürfen und werden von den Zuschauern mit Pfandbechern beworfen. Moment, bitte was? Richtig gelesen, nicht weil die Band eine schlechte Leistung abliefert (ganz im Gegenteil!), sondern danach gefordert wird. Die Becher sollen eingesammelt und an die anwesenden Viva con Agua (Ein gemeinnütziger Verein der sich für weltweiten Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung einsetzt, wovon BOSSE ebenfalls ein Unterstützer ist) gespendet werden. So fliegen gefühlt mehrere hundert von Bechern gen Bühne, wobei die Security im Fotograben aufpassen muss, von den Flugkörpern nicht verletzt zu werden. Aus musikalischer Sicht zünden die Jungs ein Hit-Feuerwerk ab und stellen mit ihrem Abschlusssong „Bist Du Glücklich?“ die Frage ans Publikum. Man kann nach diesem Gig nur eindeutig antworten: JA!!!
Wer dieser Art von Musik treu bleiben möchte, der wechselt danach zur Sounds For Nature Stage, wo die Italiener TALCO Gas geben. Wer die Herrschaften zuvor noch nicht gesehen hat, wird sich fragen, seit wann der Schauspieler Jon Cryer (bekannt als Alan aus der Serie „Two And A Half Men“) in einer Band spielt. Bei genauerer Betrachtung stellt man fest, dass es natürlich Sänger Tomaso De Mattia ist, der die Leute von der Bühne aus anpeitscht. So geben sich viele einem ausgelassenen Tanzrausch hin, bei dem die auf Italienisch vorgetragenen Songs aber leicht gleichförmig klingen. Der Stimmung tut dies keinen Abbruch und man feiert in die bereits begonnene Abenddämmerung.
Das Kontrastprogramm dazu erfolgt zeitgleich auf der Hauptbühne, auf der NINA CHUBA performt. Das Booking der Wahl-Berlinerin sorgt für viele Schaulustige, unter denen sich sowohl Fans, als auch neugierige Zuschauer befinden, dich sich einen Eindruck von der Musik und Show der Schauspielerin machen wollen. Auch wenn es für einige nicht nach deren Geschmack ist, muss man sagen, dass der Auftritt positiv bewertet werden kann. Das Bühnenset mit seinem schrägen Bodenelementen, dazu einem großen quer angelegten Lichtbalken und die leicht schüchterne Art der Sängerin fallen dabei auf. Musikalisch im Rap angesiedelt setzt sie mit ihrem Opener „Nina„, „Sakura“ und ihrem größten Hit „Wildberry Lillet“ Ausrufezeichen. Beim letztgenannten Song ist die Stimmung auf dem Höhepunkt, ehe sie mit den beiden Closern „Waldbrand“ und „Fahr Zur Hölle“ im abgedunkelten Licht die Bühne verlässt. Auf den Videoleinwänden erscheint ihr Name und ein Abspann läuft ab, mit allen Beteiligten an der Show, der den Auftritt final beschließt.
Ohne besonderes Stage-Set bestreiten die Headliner RISE AGAINST ihren Gig. Das brauchen sie auch nicht (bis auf ein paar Einsätze von Flammen), setzen die Chicagoer auf reine Spielfreude und Körpereinsatz. Dem Publikum reicht das auch, denn es sind die Songs die im Vordergrund stehen und viele lautstark mitsingen: „Satellite„, „Hero Of War„, „Help Is On The Way„, „Ready To Fall“ und „Savior„. Dies ist nur ein Bruchteil dessen, was dargeboten wurde. So vergehen die 90 Minuten schnell und es war, im Vergleich zum Headliner-Auftritt von ALLIGATOAH am Vortag, ein entspannteres Erlebnis, was keineswegs negativ ist.
Kurioses am Rande: Wer nach RISE AGAINST auf dem Weg zurück zum Campingplatz am Berg oder noch auf die Aftershow-Party im Steinbruch gehen wollte, der ist wahrscheinlich zwei Herrschaften in lustiger Montur begegnet, die die Cantina Band zum Besten gaben. Natürlich in Dauerschleife. Es tummeln sich hunderte von Leuten auf dem Knotenpunkt der Barbarossabrücke und bestaunen und betanzen die beiden. Hörbar zogen sie mit der Meute dann den Berg hinauf. So etwas gibt es nur auf dem Taubertal Festival…
Ob sie es sogar bis auf die Steinbruch Stage damit geschafft haben, darf angezweifelt werden, denn dort beschlossen HEISCHNEIDA und LOS BRUDAOS die Nacht. Vielleicht ist im nächsten Jahr ein kleiner Slot für die beiden Herren frei. Sofern sich jemand deren Kontaktdaten notiert hat…
Sonntag – Ich möchte fliegen
Der letzte Festivaltag wird auf der Hauptbühne durch den Gewinner des Emergenza Bands Contests eröffnet: FRANCK aus Frankreich. Das Trio räumt nach 30 Minuten die Bühne für die Weltmusik-Formation BUKAHARA. Zu Beginn noch spärlich besucht, füllt sich sichtlich der Platz vor der Taubertal Stage während des Auftritts und erlebt einen gediegenen Stilmix aus Pop, Folk, Swing und afrikanischer Musik. Die Stimmung ist gut, locker leicht und nahezu schwebend ist das musikalische Gefühl das einen umgibt, bis hin zu (vielleicht für diejenigen die das Dargebotene zu soft empfinden) ermüdend, so legt sich eine Zuschauerin vor dem linken Bühnenbereich am Hang zum Schlafen hin. BUKAHARA sind hier Geschmackssache, machen ihre Sache aber mehr als ordentlich, was mit „Zugabe“-Rufen belohnt wird.
Diese Rufe werden nach dem Gig von ROY BIANCO & DIE ABBRUNZATI BOYS auch laut, denn die mit einer Fake-Biografie ausgestattete Italo-Schlager-Band hat sichtlich viele Anhänger hergelockt. Nicht nur dass es nun deutlich voller ist; sieht man einige Fans, die sich in dem gleichen Outfit wie die Band selbst gekleidet haben. Da der Band in den letzten Monaten ein gewisser Ruf vorausgeeilt ist, sind zusätzliche Schaulustige gekommen, um sich einen Eindruck von den Herrschaften zu machen. Zugegeben, wer mit Italo-Schlager nichts anfangen kann, wird hier nicht glücklich werden. Der Rest feiert und tanzt ausgelassen zu Songs wie „Brennerautobahn“ und „Sophia Loren„. Ein unterhaltsamer Auftritt mit viel Amore.
Wer denkst, dies könne nicht mehr getoppt werden, der liegt falsch: FEINE SAHNE FISCHFILET setzen noch einen drauf mit ihrem Ska-Punk samt Indie-Rock-Würzung. Crowdsurfer ab dem ersten Song „Diese Eine Liebe„, Moshpits und ausgelassene Feierstimmung, die Bierflaschen zum Ploppen bringen würden. Und so ist es auch: Sänger Jan „Monchi“ Gorkow wirft während der Show kästenweise Bierflaschen ins Publikum. Mit einem Kühlen (?) in der Hand, singt es sich besser zu den Krachern „Geschichten Aus Jarmen„, „Alles Auf Rausch„, „Wenn’s Morgen Vorbei Ist“ und „Komplett Im Arsch„. Sichtlich ergriffen bedanken sich die Jungs beim Publikum und lassen sich nach diesen intensiven 75 Minuten feiern. Hat mal jemand noch ein Bier…?
Was danach auf der Sounds For Nature Stage folgt, ist das musikalische Highlight des diesjährigen Taubertal Festivals. DRITTE WAHL sind eine Punk-Größe, die zwar (leider) nie die kommerziellen Erfolge wie die Genre-Kollegen Die Ärzte, Die Toten Hosen oder die Broilers erzielen konnten, aber qualitativ auf dem gleichen Niveau agieren; wenn nicht sogar darüber. Die Rostocker haben sehr viele Hits im Köcher, die textlich aber anspruchsvoller und intelligenter ausgearbeitet sind. Fakt ist: Man hört von allen Punkbands, die an diesem Wochenende aufgetreten sind, die besten deutschsprachigen Texte. „Wir Schießen Die Milliardäre Ins All„, „Das Regelt Der Markt„, „Halt Mich Fest„, „Zum Licht Empor“ oder „Zu Wahr Um Schön Zu Sein“ sind nur einige Beispiele an diesem Abend, die einer Wohltat gleichkommen. Sänger Gunnar Schroeder beweist mit viel Sympathie seinen Humor, als es zu technischen Problemen kommt und das inzwischen von FEINE SAHNE FISCHFILET gekommene Publikum ist seinem Charme gleich erlegen. Was nicht fehlen darf sind die Klassiker „Auge Um Auge“ und der Band-Hit „Fliegen„, dessen Refrain („Aber ich möchte fliegen, ganz weit oben über’m Meer….“) noch minutenlang von den Leuten lautstark gesungen wird, selbst als die Punker die Bühne bereits verlassen haben. Warum das Quartett nicht auf der Hauptbühne aufgetreten ist bzw. durfte, bleibt ein Rätsel, denn dort gehören sie hin. Denn DRITTE WAHL sind immer erste Wahl!
Wer dann die Show des Festivals sehen will, der begibt sich zum Headliner und letzten Act des Tages: DEICHKIND. Was in den nächsten rund zwei Stunden optisch geboten wird, kann sich wahrlich sehen lassen: Von Drehbühnen, Säulen, einem Riesenfass, das durch das Publikum getragen wird, schwenkende Fahnen, leuchtende Dreieck-Hüte, einem sehr großen runden Schlauchboot und vielen Bühnentänzern, ist vieles geboten. Der „Tech-Rap“ (so die eigene Bezeichnung der Band, die gesanglichen HipHop mit elektronischen Beats kombiniert) wirkt auf Dauer, für diejenigen, die mit dem Schaffen der Hamburger nicht vertraut sind oder musikalisch wenig damit anfangen können, langatmig und etwas ermüdend. Aufgelockert wird das Set mit bekannteren und „greifbareren“ Tracks wie dem damaligen Chartstürmer „Bon Voyage“ (inzwischen auch im „Tech-Rap“-Style abgewandelt), „Arbeit Nervt„, „Bück Dich Hoch„, „Niveau Weshalb Warum“ und „Hört Ihr Die Signale„. Die Stimmung ist am Kochen, die meisten sind in Ekstase versetzt, aber der Höhepunkt folgt mit dem Finale „Remmidemmi (Yippie Yippie Yeah)„, das das Taubertal zum Überkochen bringt. Der letzte Beat-Ton ist verklungen, das Taubertal Festival 2024 ist vorbei und man muss sagen, es war erneut „Leider Geil„!
Die Party geht weiter…
…im nächsten Jahr! Nach einem entspannten und interessanten Festival-Wochenende, kann der Termin für 2025 schon mal vorgemerkt werden: 07. bis 10. August. Es kursieren aus Insiderkreisen bereits Gerüchte, welche Bands bei der nächsten Ausgabe des Taubertal Festivals die Eiswiese zum Schmelzen bringen könnten. Wir warten voller Vorfreude die Bestätigungen ab und feiern bzw. sehen uns in zwölf Monaten wieder! Arrivederci!
Galerien (by Michael Gerlinger bs! 2024):