Start Events Festivalberichte Review: Sonisphere Festival Finnland (Helsinki, 02.07.2011)

Review: Sonisphere Festival Finnland (Helsinki, 02.07.2011)

Foto: Iris Kessin

Finnland, bekannt für exzellenten Heavy Metal und Menschen mit gutem Musikgeschmack war in den drei Jahren seit der Entstehung des Sonisphere Festivals auch jedes Jahr ein fester Bestandteil der Tour. Nachdem das Festival zwei Jahre in und um Pori herum stattgefunden hatte, wurde es dieses Jahr erstmals in die Hauptstadt Helsinki verlegt. Leider in diesem Sommer nur ein eintägiger Event mit lange nicht so spektakulärem Bandaufgebot wie in den vergangenen Jahren, schien das Lineup in diesem Jahr eher ein mehr oder minder gewöhnliches, vorwiegend von skandinavischen Bands dominiertes Metalkonzert zu werden, was sich auch in den geringeren Ticketverkäufen bemerkbar machte.

Insgesamt zwölf Bands hatten sich angekündigt: Norther, Revoker, Battle Beast, Sylosis, Poisonblack, Stam1na, Hammerfall, Mastodon, Sonata Arctica, In Flames, Opeth, und Slipknot als Headliner. Hammerfall wurden kurzfristig anstelle von Rob Zombie verpflichtet, der seine Teilnahme leider abgesagt hatte. Slipknot waren davor zum letzten Mal 2009 beim Ruisrock-Festival zusammen mit ihrem inzwischen verstorbenen Bassisten Paul Gray aufgetreten. In seinem Gedenken trat die Band im Rahmen ihrer "The Memorial Tour" wieder in ihren ehemaligen einheitlichen roten Overalls auf, und widmete ihm einen Song.

Foto: Iris Kessin

Den Anfang machten eine knappe Stunde nach Einlass POISONBLACK  auf der kleineren Saturn-Hauptbühne. Poisonblack haben im Frühling dieses Jahres ihr neuestes Album "Drive" veröffentlicht, das ab Herbst auch in Deutschland zu haben ist. Von der neuen Scheibe wurden dann auch gleich einige Songs gespielt, die live genauso gut rockten, wie schon auf der CD. Überhaupt wurde deutlich, dass das neue Material trotz den Stilwechsels von den Fans gut angenommen wurde; die Stücke von "Drive" kamen teilweise noch besser an als die alten Songs. Schwierig war es sicherlich gewesen, eine Setlist mit Altem und Neuem zusammenzustellen, die  trotz der musikalischen Gegensätze funktioniert. Poisonblack haben hier den Vorteil, dass sie generell eine gute Liveband sind, und auch eine derart gemischte Setlist überzeugend rüberbringen.

Foto: Iris Kessin

Nach dem einstündigen Set machten auf der Apollo-Hauptbühne STAM1NA  fast nahtlos weiter. Stam1na stehen für finnischen progressiven Thrash-Metal, und mit vier Alben im Gepäck ist die Band schon seit Jahren fest in der finnischen Metal-Szene etabliert. Auffallend ist, dass es bei dieser Band auch für ausländische Fans überhaupt keinen Unterschied macht, dass die Songsprache Finnisch und nicht Englisch ist. Stam1na haben das gewisse Etwas, das auch die Metal-Fans berührt, die der Sprache nicht mächtig sind, und von der Show und der Stimmung her, die diese Jungs erzeugen, stehen sie ihren "internationaleren" Kollegen in nichts nach. Trotz prallender Sonne und der frühen Zeit (Stam1nas Slot begann bereits um 14.00 Uhr) legte die Band einen energiegeladenen Auftritt hin, der zum ersten Mal an diesem Tag die Menge zum Kochen brachte.

Foto: Iris Kessin

Als HAMMERFALL auf der Nebenbühne dort weitermachten, wo Stam1na aufgehört hatten, verzogen sich bis auf die Hammerfall-Fans die meisten Leute in den Alkohol-Ausschankbereich. Ob es daran lag, dass man nach zwei Stunden in der vom wolkenlosen Himmel herunterbrennenden Sonne froh war, mal zwischendurch einen Sitzplatz zu ergattern, von dem aus man die Musik genauso gut hören konnte, oder eigentlich lieber Rob Zombie gehört hätte, lässt sich nicht sagen. Hammerfall spielten ein solides Metalset mit Songs von 1997 bis heute, ohne nennenswerte Vorkommnisse. Aber die Ruhe kommt bekanntlich vor dem Sturm, und der sollte sich mit dem darauffolgenden Auftritt von Mastodon auf der Hauptbühne langsam zusammenbrauen.

Foto: Iris Kessin

MASTODON waren schon 2009 beim Sonisphere Festival in Finnland aufgetreten. Gestärkt von Bier- und Essenspause hatte sich eine beträchtliche Menge Fans vor der Bühne versammelt, und es schien als ob das neben der Bühne angebrachte Schild "No Crowdsurfing" zum ersten Mal wirklich Bedeutung haben könnte. Nach der eher ruhigeren Show von Hammerfall wirkten Mastodon wie ein Wirbelsturm, allerdings nur auf der musikalischen Ebene. Beide Gitarristen rührten sich kaum vom Fleck und verzogen kaum eine Miene, nur Frontman und Bassist Troy Sanders taute nach einer Weile etwas auf und zeigte etwas Enthusiasmus. Auf der Setlist stand eine gut ausgewogene Auswahl an Songs der letzten drei Alben "The Hunter" (2011), "Crack The Skye" (2009) und "Blood Mountain" (2006).

SONATA ARCTICA schien es trotz der Sommertemperaturen noch nicht heiß genug zu sein, denn sage und schreibe zehn Flame Masters waren auf der Bühne platziert und brachten gleich zu Anfang des Sets die Band und die Fans in den ersten Reihen zum Schwitzen. Dabei heizte Frontman Tony Kakko die Menge ohnehin schon kräftig an, so dass die zusätzlichen Spezialeffekte gar nicht nötig gewesen wären.

Foto: Iris Kessin

IN FLAMES sollten als nächstes auf der Hauptbühne antreten, doch eine Vielzahl von Fans hatte sich schon vor der Nebenbühne versammelt, um sich gute Plätze für die darauffolgenden Opeth zu sichern. In Flames- Leadsänger Anders Friden, der im krassen Kontrast zum eher gothic-mysteriösen Backdrop der Band ganz leger in grauem T-Shirt und mit blauer Baseball-Kappe auftrat, fand das gar nicht in Ordnung und sorgte mit dem Zuruf "Ihr wartet auf Opeth? Ich bin auch bereit für Opeth, aber ich bin jetzt HIER!" gleich für die richtige, begeisterte Stimmung. Die Zuschauermenge hatte sich seit dem Morgen gut und gern verzehnfacht, und an den Außenseiten der sich mittlerweile dicht drängenden Fans wurde kräftig gepogt.

Foto: Iris Kessin

Auf OPETH als letzte Band vorm Headliner Slipknot hatten viele schon den ganzen Tag gewartet.  Frontman Mikael Åkerfeldt hat schon seit Jahren immer den gleichen, arroganten Standardspruch drauf, wenn die Band in Finnland auftritt: "Wir sind Opeth, und wir kommen aus dem besten skandinavischen Land, Schweden. Ich schaue kein Eishockey, aber ich habe das letzte Fußballspiel gesehen, und obwohl wir schlecht sind, ihr seid richtig Schei**e". Was auch immer die Band mit solchen Äußerungen bezweckt, cool sind sie nicht, und kein finnischer Fan nimmt sie inzwischen mehr ernst. Opeths Set List schien auf den ersten Blick mit sieben Stücken querbeet aus diversen Alben verhältnismäßig kurz, was aber nur daran liegt, dass ihre Songs unverhältnismäßig lang sind. Für ein Festival passt das nicht wirklich, aber Opeth funktionieren live so gut, dass ihre Show nicht langatmig wird.

Als man sich nach Opeths Auftritt wieder der Hauptbühne zuwendete, um den Headliner des Abends zu sehen, hatte sich die Menge der Security Leute verdoppelt, und auf dem Gelände drängten sich inzwischen rund 12 000 Leute. Die Spannung stieg, die Stimmung brodelte. Und das zu recht! Als SLIPKNOT die Bühne bestiegen, wurden sie von den Fans so stürmisch begrüßt, dass die aufgebauten Absperrungen bedenklich hin- und her schwankten. Gleich mit dem ersten Song (sic) brach das (geordnete) Chaos aus, und wäre da nicht immer noch das Schild "No Crowdsurfing" gewesen, hätte man sicherlich für nichts mehr garantieren können.

Foto: Iris Kessin

Einer nahm das Crowdsurfing-Verbot allerdings nicht ernst, nämlich Slipknots Nummer 0, Sid Wilson. Gleich zu Anfang, noch während der Rest der Band von den Fans während des Intros bejubeln ließ, warf er sich in die Menge, und ließ sich von den Sicherheitsleuten wieder in den Pit ziehen. Und damit nicht genug: Als Frontman Corey Taylor die Fans aufforderte, mit ihm einen Song zu singen, den er dem im letzten Jahr verstorbenen Bassisten der Band, Paul Gray widmete, kletterte Wilson auf das Dach des Mischpult-Zeltes, um sich erneut in die euphorischen Massen zu stürzen.

Während des gesamten Auftritts erinnerte der auf der Bühne ausgestellte, leere Overall der ehemaligen Nummer 2, Paul Gray daran, wie schwer unerwarteter und viel zu früher Tod die restlichen Bandmitglieder getroffen hat. Slipknots Set war dementsprechend emotional, aber nicht weniger mitreißend. Grays Platz hatte auf dieser Tour Donnie Steele übernommen. Steele,  Mitbegründer und guter Freund der Band hielt sich jedoch während des gesamten Auftritts taktvoll im Hintergrund, und wurde erst gegen Ende der Show kurz vorgestellt.

Slipknot waren nicht nur der Headliner des diesjährigen finnischen Sonisphere, sondern dank ihnen wurde das Ganze doch noch mehr als nur ein weiteres gewöhnliches Heavy Metal-Festival. Das 100-minütige aufwendige Spektakel ließ nichts zu wünschen übrig, und die Erwartungen der Fans wurden eindeutig mehr als übertroffen. Mögen sie noch so umstritten sein, diese Band strotzt vor Energie und weiß, wie man eine richtige Show hinlegt, bei der auch noch in den letzten Reihen kein vom Headbangen strapazierter Nacken unverrenkt bleibt. Slipknot halten was ihr Ruf verspricht, und gehören definitiv zu den Elitebands der Heavy Metal-Szene.

Alle Fotos vom Festival sehr ihr hier!

Link: Sonisphere Finland

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